Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Feenorakel

Titel: Das Feenorakel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanine Krock
Vom Netzwerk:
Was, wenn er angeschossen war und irgendwo blutend lag. Womöglich hatte sie ihn in dem Durcheinander nicht gesehen!
    «Julen!» Sie riss sich los und drängte sich zwischen den Leuten hindurch.
    «Bleib stehen, hörst du mich?» Erik war ihr dicht auf den Fersen.
    Um ihn abzuschütteln, riss sie den nächstbesten Gegenstand um, der sich als Stützpfosten einer gewagten Konstruktion entpuppte, die hinter ihr krachend zusammenstürzte. Erik fluchte, während er versuchte, sich aus dem Durcheinander zu befreien. Sie schlug einen Haken und zwängte sich zwischen zwei Holzbuden hindurch, bis sie hinter den Zelten und Ständen war, wo sie mehr Platz hatte und schneller vorankam. Julen! Er musste ganz in der Nähe sein, sie konnte ihn deutlich spüren. Plötzlich hörte sie ein Geräusch in der Dunkelheit, lief ein paar Schritte in die Richtung und blieb dann wie angewurzelt stehen. Mondlicht beleuchtete die bizarre Szene. Zwei Männer standen dort in einer Umarmung, die auf den ersten Blick wenig Zweifel daran ließ, was sie taten.
    Alva hätte schwören können, dass ihr Herzschlag kurz aussetzte, denn einer davon war Julen. Sie erkannte ihn sofort, obwohl sein Gesicht am Hals des anderen vergraben war. Was tust du da?
    Sie musste laut gesprochen haben, denn er hob ruckartig den Kopf und sah sie direkt an.
    Hätte er es doch nicht getan. Sein Anblick ließ den Schrei in ihrer Kehle ersterben, es gab keine Worte mehr. Die Szene wirkte wie eingefroren. Vergeblich suchte sie im eisigen Blau seiner ausdruckslosen Augen nach einer Erklärung. Als die Worte zurückkehrten, weigerte Alva sich, sie auszusprechen. Unmöglich! Die Reißzähne waren nichts anderes als eine kranke Ausgeburt ihrer Fantasie.
    Ein rotes Rinnsal lief über Julens Kinn. Mit einer ungeduldigen Geste wischte er es fort. Alva, geh!
    «Ich habe dich gewarnt!» Sie begriff nicht, woher Tom auf einmal kam und ob er mit ihr oder mit dem Mann sprach, der wie leblos in Julens Armen hing.
    Irgendjemand sagte leise «Verdammt!» und sie hätte ihm wahrscheinlich zugestimmt, wenn sie in diesem Augenblick nicht das Bewusstsein verloren hätte.
    «Sie kommt zu sich!»
    Chris’ Stimme. Das Erste, was Alva einfiel, war, wie unfreundlich sie vor dem Auftritt zu ihr gewesen war. «Es tut mir leid», sagte sie leise.
    «Papperlapapp!»
    Alva stützte sich auf den Ellenbogen und sah sich um. Sie lag auf einem harten Sofa, das in der Mitte eines holzvertäfelten Raums stand, den nur zwei flackernde Kerzen beleuchteten. Sie ahnte mehr, als sie sehen konnte, dass außer Chris, die neben ihr auf einem Schemel saß, noch andere Personen im Raum waren.
    Eine Gestalt trat jetzt aus den Schatten hervor, nahm ihre Hand und verbeugte sich elegant. «Lord Stawell of Somerton zu Ihren Diensten. Oder einfach Ralph für zarte Feendamen und den Rest meiner Freunde.» Es war niemand anderes als der Silberschmied.
    Hastig entzog sie ihm ihre Hand. «Wie bin ich hierher gekommen?»
    «Du bist sehr ladylike in Ohnmacht gefallen und Ralph war so freundlich, uns seine Unterkunft anzubieten, bis du wieder zu dir kommst.» Erik trat ebenfalls näher heran, bis sie sein Gesicht im Schein der Kerzen sehen konnte. Er wirkte besorgt. «Alva, was du da gesehen hast ...»
    Sie hob die Hand, um ihn zu unterbrechen. «Ich möchte jetzt wirklich nicht darüber reden.»
    «Es ist nicht so, wie du denkst», beendete er leise seinen Satz.
    Sie stand auf und war immer noch ein bisschen wackelig auf den Beinen. Ralf griff nach ihrem Arm, um sie zu stützen.
    «Lass sie los!» Die Tür flog auf und Julen kam herein. Der Auftritt hätte jedem Racheengel zur Ehre gereicht.
    Ängstlich sah Alva in sein Gesicht. Von den gefährlichen Reißzähnen war nichts mehr zu sehen, ebenso wenig wie vom Blut, das über seine Lippen gelaufen war.
    War sie tatsächlich das Opfer ihrer kranken Fantasie geworden? Hoffnung glomm in ihr auf. Lieber würde sie es auf sich nehmen, ein bisschen verrückt zu sein, als einen Blut trinkenden Geliebten zu haben. Wer bist du wirklich?
    Der, der ich immer für dich war. Laut sagte Julen: «Ich wäre für ein bisschen mehr Privatsphäre dankbar.» Ralph und Erik gingen sofort zur Tür, sie wirkten erleichtert. Chris erhob sich allerdings nur zögerlich und sah Alva dabei fragend an.
    Dankbar lächelte sie ihr zu. «Es ist in Ordnung, wir müssen das unter uns klären.» Sollte Julen ihr tatsächlich gefährlich werden, das wusste sie plötzlich mit tödlicher Sicherheit, dann würde ihr

Weitere Kostenlose Bücher