Das Feenorakel
taub, ihnen war sehr wohl aufgefallen, dass sie ernsthafte Konkurrenz bekommen hatten. Alva mochte unerfahren sein, aber Stefan und Chris waren ebenso erfahren wie sie selbst.
Der Manager ließ sich auf keine Diskussionen ein und machte Anstalten, den Raum zu verlassen.
«Jon, wo willst du hin?» Tally versuchte, ihn am Ärmel festzuhalten, aber er entzog sich ihr wieselflink.
«Ich muss unsere Gage kassieren, bevor irgendjemand damit abhaut. Wir können später über alles reden.» Damit verschwand er im Dunkeln und überließ es den Musikern, mit der überraschenden Nachricht zurechtzukommen.
Tom zeigte sich erneut von seiner charmanten Seite. Er ging auf Tally zu und umarmte sie. «Meine Gebete wurden erhört!»
Dieser geschickte Schachzug gefiel Julen. Er hätte es wahrscheinlich nicht anders gemacht. Es war nicht zu übersehen, wer in dieser Gruppe das Sagen hatte. Der Bierflaschenwerfer, der eigentlich Bass spielte, mochte damit nicht einverstanden sein, aber trotz seines spielerischen Aufbegehrens würde er sich ihrer Entscheidung beugen. Julen brauchte nicht einmal seine Gedanken zu lesen; um dies zu erkennen, reichte seine Menschenkenntnis vollkommen aus.
Chris war da aus anderem Holz geschnitzt. Doch an dem Blick, den sie Tally zuwarf, war zu erkennen, dass sie sich darauf freute, ihrer Erzrivalin eins auswischen zu können. Zudem würde sie gewiss vieles auf sich nehmen, um ihren Lebensunterhalt endlich als Musikerin zu verdienen.
Er zweifelte nicht daran, dass sie für diese Chance ihren Job sofort kündigen würde. Alastair und Stefan waren ohnehin begeistert bei der Sache. Fehlte nur noch Alva, doch warum sollte sie sich diese einzigartige Chance entgehen lassen? Ihr derzeitiger Job war ohnehin nur eine vorübergehende Lösung.
«In Ordnung, dann lasst uns abstimmen!» Der Schlagzeuger der Fairytales , ein kleiner kräftiger Mann mit freundlichem Gesicht versuchte, sich Gehör zu verschaffen. Schließlich wurde es ruhig. «Wer ist dafür, sie mitzunehmen?» Er selbst hob als Erster die Hand.
Der Bassist sah erst zu Tally und dann zu Alva. Grinsend hob er die Flasche. «Na dann Prost!» Auch der dritte Mann nickte zustimmend. Jetzt sahen alle drei gespannt zu ihrer Sängerin, doch sie hatte nur Augen für Julen.
«Ich habe dich vorhin nicht auf der Bühne gesehen. Falls du also der Manager dieser vielversprechenden Combo sein solltest, dann rate ich dir: Sieh zu, dass unser lieber Jon dich bei den Abrechnungen nicht übers Ohr haut. Billig wird es nicht, mit uns auf Tour zu gehen.» Sie ignorierte Toms Hand auf ihrer Taille und warf Julen einen verheißungsvollen Blick zu. «Also gut», wandte sie sich an die anderen, «wenn dieser blonde Wikinger mit auf Tournee geht, bin ich dabei.»
Stefan schlug Julen freundschaftlich auf die Schulter. «Na, wenn das geklärt ist, dann lass uns beim Abbauen helfen.» Unterwegs blieb er plötzlich stehen. «Nimm dich vor Tally in acht. Sie hat etwas an sich, das alle Männer früher oder später ins Unglück stürzt.»
«Das glaube ich sofort!»
Stefan hielt seine Handfläche in die Höhe und Julen schlug ein.
«Willkommen im Club! Aber pass auf, dass Alva dabei nicht zu Schaden kommt. Liegt mir sehr am Herzen, die Kleine. Hast du verstanden?» Ohne eine Antwort abzuwarten, sprach er weiter. «Kannst du Auto fahren? Wir werden jemanden brauchen, der die Nachtschicht übernimmt. Alastair kann nicht alles machen.»
«Das ist kein Problem.» Julen besaß keinen Führerschein, was ihn jedoch nicht im Geringsten störte. Er machte in Gedanken eine Notiz, sich von Kieran mit entsprechenden Papieren ausstatten zu lassen. Begeistert war er von der neuen Entwicklung nicht. Weder fühlte er sich zum Busfahrer berufen, noch würde eine Reise durch Europa seiner Aufgabe förderlich sein. Warum sperrt man sie nicht einfach weg?
Er hätte sich für den Gedanken erwärmen können, allein mit Alva an einem sicheren Ort zu warten, bis die Bedrohung – was auch immer das sein mochte – vorüber war. Andererseits war sein bisher unbekannter Gegner nun ebenfalls gezwungen, neue Pläne zu machen. Eine zweite mentale Notiz folgte: Alle Beteiligten dieser Reise mussten überprüft werden, um auszuschließen, dass die Gefahr aus dem inneren Kreis kam, also praktisch mitfuhr.
Stefan hatte sich mit seiner Antwort zufriedengegeben. «Da ist er ja!» Er zeigte auf Jon, der am Bühnenrand stand und mit jemandem sprach, der sich ihnen gleich darauf als der Veranstalter
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