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Das Feenorakel

Titel: Das Feenorakel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanine Krock
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er darin auch einen beachtlichen Vorrat an Gras aufbewahrte, wusste Julen schon längst, bisher störte es ihn nicht. Es war immer gut, so viel wie möglich über die Kreaturen zu wissen, mit denen man es zu tun hatte. Dies galt auch für Sterbliche.
    Die Nacht war inzwischen weit fortgeschritten und deshalb blieb ihm nicht mehr viel Zeit, nach Alva zu sehen. Ein kurzer Besuch genügte, um sich zu vergewissern, dass bei ihr alles in Ordnung war. Er wäre gern länger geblieben.

Kapitel 8
    «Du willst mir also erzählen, dass meine Vorfahren der nordischen Mythologie entsprungen sind?» Alva hatte sich dazu hinreißen lassen im Zimmer auf und ab zu gehen. Doch das machte sie noch unruhiger, deshalb setzte sie sich wieder.
    Julens Miene blieb ausdruckslos, als wollte er auf diese Art seine Neutralität beweisen. Wusste er nicht, dass sie sich nach seinen Zärtlichkeiten sehnte? Das lieb gewordene Lächeln fehlte ihr, das sonst so häufig seine Lippen umspielte und von dem sie nie wusste, ob es ihr galt oder ob er sich über einen geheimen Witz amüsierte.
    «Nicht ausschließlich nordisch», sagte er vollkommen ernsthaft, als säßen sie in einer Vorlesung und nicht in Alvas Zimmer. «Von Feen berichten viele Kulturen. Soweit ich weiß, leben sie über die ganze Welt verstreut.»
    Allmählich nahm sie ihm ab, dass er sich keinen Spaß mit ihr erlauben wollte. Aber wie kann das sein, es ist doch ein Geheimnis! «Woher willst du das wissen?»
    Julen hob eine Augenbraue. «Ein Geheimnis ist es nur für die Sterb... für die Menschen.»
    «Ich wüsste gern, wie du darauf kommst.» Woher du davon weißt! , hatte sie eigentlich sagen wollen. Hatte er eben Sterbliche sagen wollen? Absurd! Wider Willen musste sie ihn grinsen.
    Julen lachte nicht. «Hast du mir nicht von deinen Gesprächen mit der Pflanzenwelt erzählt? Kennst du sonst irgendjemanden, bei dem sich Blumen über ihre schlechte Behandlung beschweren?»
    «Das war eine Zimmerpalme.» Doch Alva wusste, wann sie sich geschlagen geben musste. «Also gut, ja ... es gibt ein paar merkwürdige Dinge in meinem Leben.»
    «Und du fragst dich, ob ich etwas damit zu tun haben könnte.»
    «Kannst du Gedanken lesen?»
    Nun schenkte er ihr das herbeigesehnte Lächeln, doch beruhigend wirkte es nicht. Sie versuchte nachzudenken. Ihre Erinnerungen waren beinahe ebenso nebulös wie die weißen Träume. Ansonsten besaßen sie glücklicherweise keinerlei Gemeinsamkeiten, denn ihre Unterrichtsstunden bei Nienibit, an die sie sich seit ihrer Begegnung im Wald wieder erinnerte, waren trotz aller Heimlichkeiten stets etwas ganz Besonderes gewesen. Wie wunderbar war es jedes Mal gewesen, mehr über die Geheimnisse der Welt zu erfahren. Aus einer unbegründeten Sicherheit heraus vertraute sie darauf, dass alles Wissen tief in ihrem Inneren verwurzelt war und sich zeigen würde, sobald die Zeit dafür reif wäre. Zumindest hatte ihre Lehrmeisterin dies versprochen, und ihre Vorhersagen waren bisher immer eingetroffen. Waren sie das?
    Du wirst den richtigen Zeitpunkt erkennen, dich zu öffnen! , hatte sie Alva mit auf den Weg gegeben, als sie sich an ihrem Geburtstag vor zwei Jahren verabschiedet hatte.
    Ein Räuspern brachte sie zurück in die Gegenwart. Verlegen sah sie beiseite.
    «Nein, ich lese deine Gedanken nicht.» Er legte seine rechte Hand auf den Tisch, ganz dicht neben ihre. «Aber wenn du alle Sorgen und Geheimnisse für dich behältst, werden wir nie herausfinden, ob ich dir helfen kann, nicht wahr?»
    Alva hatte Mühe ein Zittern zu unterdrücken, vielleicht konnte er ihr tatsächlich helfen. «Also gut. Es hat angefangen, da war ich so ... Nein, andersherum. Eigentlich kann ich mich nicht an eine Zeit erinnern, zu der Nienibit nicht zu den unmöglichsten Gelegenheiten aufgetaucht wäre.»
    «Sie gehörte also nicht zu deiner Familie?»
    «Wenn meine leibliche Mutter eine Fee war, wohl doch.» Sofort bereute sie ihren schnippischen Tonfall. Julen wollte ihr wahrscheinlich wirklich nur helfen, auch wenn seine Fragen unangenehm waren. «Ehrlich gesagt, ich kann es dir nicht sagen.» Kaum war der Satz ausgesprochen, korrigierte sie sich. «Nein, das stimmt nicht. Wenn ich mich nicht irre, hat sie einmal behauptet, wir wären entfernt verwandt.»
    Alva massierte ihren Nasenrücken mit Daumen und Zeigefinger und versuchte, die richtigen Worte zu finden. Ihr Gedächtnis war bruchstückhaft und die Bilder der Vergangenheit tauchten immer nur kurz aus einem dichten Nebel auf. «Als

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