Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Feenorakel

Titel: Das Feenorakel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanine Krock
Vom Netzwerk:
sie den Klang seiner Stimme liebte! Der skandinavische Akzent tat ein Weiteres, ihre romantischen Gefühle zu inspirieren, und rasch schob sie das Bild eines Wikinger-Piraten beiseite, das ihre allzu lebhafte Vorstellungskraft ihr nun vorgaukelte. Sie mochte sich nicht vorstellen, wie er Dörfer plünderte und dabei alte Weiber und Jungfrauen schändete.
    Ein Geräusch, das irgendwo zwischen Belustigung und Empörung lag, riss sie aus ihren gewalttätigen Fantasien und das gefährliche Glitzern in den Augen ihres Helden erinnerte sie daran, wie viel es noch zwischen ihnen zu klären gab. Schnell löste sie sich aus seiner Umarmung und ging zielstrebig auf die Badezimmertür zu.
    Ganz oben auf ihrer Liste der zu klärenden Dinge stand inzwischen die Frage, wer Julen wirklich war. Doch um dies herauszufinden, würde sie möglicherweise großes Geschick und vielleicht sogar ein paar schmutzige Tricks anwenden müssen. Dafür fühlte sie sich noch nicht bereit. Immer alles schön der Reihe nach , war eine der Lebensweisheiten ihrer Oma. Derselben Oma allerdings, die sie wie eine Außenseiterin und niemals wie eine geliebte Enkelin behandelt hatte.

Kapitel 12
    Das warme Wasser, das Alvas erschöpften Körper wie ein gleichmäßiger Urwaldregen massierte, brachte ihre Lebensgeister zurück. Mit zusammengekniffen Augen, weil darin etwas von dem wohlriechenden Hotelshampoo brannte, stieg sie aus der Dusche und tastete sich mit einem ausgestreckten Arm voran. Ah! Da war das Handtuch. Wunderbar vorgewärmt und flauschig weich.
    Nachdem sie ihre Augen getrocknet hatte, wagte sie einen Blick. Das Brennen hatte nachgelassen, aber offenbar litt sie nun unter Halluzinationen. Dass da Jeans und ein Shirt hingen, die ihr sehr bekannt vorkamen, war schon beunruhigend genug, aber das Bild wurde noch von einem Höschen getoppt, das eindeutig aus ihrer Wäschekommode stammte. Sie wusste das genau, weil sie es beim Packen für die Reise in der Hand gehabt und dann wieder zurückgelegt hatte, nachdem sie in der schwarzen Spitze einen kleinen Riss entdeckt hatte. Schließlich hatte sie es doch wieder hervorgezogen, geflickt und eingepackt.
    So schnell es ging, trocknete sie erst sich selbst und anschließend ihre Haare, zog die auf magische Weise aufgetauchte Unterwäsche an und riss die Tür auf.
    Im Wohnzimmer lief der Fernseher. Den Geräuschen nach zu urteilen vertrieb sich Julen die Wartezeit mit einem mitternächtlichen Horrorfilm. Genau in dem Moment, als sie den Wohnbereich betrat, erklang der gellende Schrei einer Frau. Alva gab einen erschrockenen Laut von sich. Gruselfilme waren noch nie etwas für sie gewesen.
    Julen, der mit dem Rücken zu ihr vor dem riesigen Flachbildschirm gestanden hatte, fuhr herum. Und sein Anblick wäre Grund genug gewesen, um in das nicht enden wollende Geschrei der Leinwandheldin einzustimmen. Sie sah Reißzähne, auf die gewiss jeder Tiger stolz gewesen wäre, und seine Lippen waren blutverschmiert.
    Ich werd verrückt! Alva blinzelte heftig und lehnte sich erleichtert gegen die Wand, als auf den zweiten Blick nichts mehr auf ein blutrünstiges Monster hinwies. Ihre Fantasiereise durch die Welt der Romanhelden war augenscheinlich noch nicht beendet gewesen, und sie fragte sich, ob Tabletten gegen Seekrankheit als Spätfolge vielleicht Halluzinationen auslösten.
    «Da bist du ja endlich!» Die dramatische Musik und das elende Geschrei aus dem Fernseher verstummten und der Bildschirm wurde schwarz.
    Er klang wie sonst auch: ein bisschen belustigt, als würde er das Leben und sich selbst nicht besonders ernst nehmen. In letzter Zeit war jedoch ein warmer, zuweilen zärtlicher Unterton hinzugekommen, sobald er mit ihr sprach. Doch daran wollte Alva jetzt lieber nicht denken, eine ganz andere Sache musste geklärt werden. «Seit wann bist du mein Kammerdiener?»
    «Ich dachte, du magst es, wenn ich dir beim Auskleiden behilflich bin», flüsterte er in ihr Ohr.
    Als läge es in Julens Macht, die Dinge mithilfe seiner Gedanken zu beeinflussen, wollte sich der Knoten in Alvas Badehandtuch lösen. Schnell zog sie ihn wieder fest. «Lass das bitte. Du weißt genau, was ich meine.»
    Daran, dass er sich selten an dem Ort befand, an dem man ihn vermutete, hatte sie sich schon fast gewöhnt. An die Reaktion ihres Körpers, wenn er wie jetzt genau hinter ihr stand, wollte sie sich gar nicht gewöhnen. Es war zu aufregend. Sofort wurde ihr Hals trocken und sie spürte das Flattern der Nerven an Stellen ihres

Weitere Kostenlose Bücher