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Das Feenorakel

Titel: Das Feenorakel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanine Krock
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ihrer Jeans, das sie einem ungeschickten Manöver mit ihrem Fahrrad zu verdanken hatte. Was ist ein Vengador? , fragte sie sich und schrieb diesen Begriff in Gedanken auf die immer länger werdende Liste mit Fragen, die sie Julen zu stellen gedachte, sobald diese Audienz vorüber war.
    Plötzlich aber spürte sie, wie sich Florentines Aufmerksamkeit ihr zuwandte, und zwang sich, mit ruhigem Gesicht aufzusehen. «Ich möchte nicht, dass Julen Ihnen etwas schuldig ist. Bisher habe ich all meine Rechnungen selbst beglichen, es gibt keinen Grund das zu ändern.»
    «Alva!» Julen hatte etwas von seiner Ruhe verloren.
    «Lass nur.» Florentine hob die Hand, als er weitersprechen wollte. «Sie hat das Recht, ihre eigenen Geschäfte zu machen.»
    «Sie hat überhaupt keine Erfahrungen damit.»
    «Dann wird es Zeit, dass sie welche macht.»
    «Ich würde es sehr begrüßen, wenn man nicht über mich spräche, als wäre ich überhaupt nicht da», unterbrach Alva die beiden. Ihre Stimme war dunkler geworden und klang selbst in ihren eigenen Ohren fremd und beunruhigend.
    «Na also, immerhin versteht sie es, ihre Interessen zu vertreten.»
    Alva sprang auf. «Das reicht!» Auf diese Weise ließ sie sich von niemandem behandeln.
    «Setz dich wieder hin!» Es war leicht, zu vergessen, welch machtvolle Stimme Florentine besaß, bis sie diese gezielt einsetzte.
    Mit aller Kraft kämpfte Alva gegen den Impuls an, dem Befehl der zierlichen Kindfrau zu gehorchen.
    Bitte tu, was sie sagt. Wir brauchen ihre Hilfe.
    Julen hatte natürlich recht und mit ihrer Kraft war sie ohnehin fast am Ende. So ruhig wie möglich setzte Alva sich wieder hin. «Entschuldigung.» Konzentriert legte sie beide Hände auf ihre Knie, um zu verbergen, dass sie vor Erschöpfung zitterte.
    «Wenn sie mich noch einmal unterbricht, ist die Lehrstunde sofort vorbei. Ist das klar?» Florentine hatte dabei Julen angesehen, der ausdruckslos zurückstarrte. Erstaunlicherweise war sie die Erste, die nachgab und stattdessen Alva schweigend ansah, bis diese ahnte, dass irgendeine Form der Zustimmung von ihr verlangt wurde.
    Eilig nickte sie. Das musste reichen, schließlich hatte man ihr gerade den Mund verboten.
    Offenbar hatte sie damit genau das Richtige getan, denn ihre unwillige Lehrerin sprach nun weiter. «Was weißt du über dich?»
    Alva reckte stolz ihr Kinn. «Ich bin eine Fee.»
    «Hat er dir das erzählt?» Florentine warf Julen einen ärgerlichen Blick zu. «Du bist keine Fee, du bist etwas Besseres als das, auch wenn dein Vater vermutlich irgendein unwürdiger Lichtelf ist, der inzwischen hoffentlich in der Hölle schmort.»
    «Ich verstehe nicht ...», begann Alva.
    Florentine ließ sie mit einer Handbewegung verstummen. «Du bist eine Sirene und deine Vorfahren waren Götter. Vergiss das nie!»
    Alva brachte nicht mehr als ein verschüchtertes Nicken zustande. Die griechischen Sagen fielen ihr ein und sie dachte an Odysseus und seine Seereisen, dabei wurde ihr ganz flau im Magen.
    Von all dem bemerkte Florentine nichts. «Ich hätte zwar nicht geglaubt, dass es möglich ist, aber vieles spricht dafür, dass wir miteinander verwandt sind. Du siehst meiner Schwester einfach zu ähnlich, als dass es ein Zufall sein könnte. Von deinen Problemen einmal ganz abgesehen.»
    Das war nicht, was Alva zu hören erwartet hatte. Sie wollte widersprechen, erinnerte sich zum Glück jedoch rechtzeitig an Florentines Warnung.
    Deren harter Gesichtsausdruck wurde zum ersten Mal seit ihrer Wiederbegegnung in der Hotelbar weicher. «Aha, wie ich sehe, bist du lernfähig und kannst dich an Regeln halten. Sehr gut. Also pass auf, es ist eigentlich ganz einfach ...» Und dann folgte eine detaillierte Erklärung, wie sich eine Sirene zu verhalten hatte, wenn sie ausnahmsweise einmal niemanden ins Unglück stürzen wollte. Wobei sie die Bezeichnung Sirene allerdings kein zweites Mal verwendete.
    «Das war die Theorie. Mein lieber Julen, ich hoffe, du hast gut zugehört. Leider eigne ich mich überhaupt nicht zum Babysitter, also wirst du die ehrenvolle Aufgabe haben, deine Kleine zu unterstützen, wenn sie das nächste Mal ihre Stimme erklingen lässt.» Florentine erhob sich. «Oh, und noch etwas. Solltet ihr beide das nicht in den Griff bekommen, habt ihr binnen kürzester Zeit nicht nur den Rat, sondern ganz bestimmt auch die Hälfte der Feenwelt am Hals. Ich weiß nicht, wer ihr Vater ist. Aber Kassandra hat damals meine Schwester eindringlich vorm Kinderkriegen gewarnt.»

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