Das Feenorakel
Regeln nicht allzu ernst, denn viele von ihnen hatten die erste Zeit ihres Daseins ohne die Betreuung eines Lehrmeisters verbracht. Und der daraus resultierende Mangel an Wissen und Loyalität schuf zunehmend Probleme. Julen war dafür, diese Streuner allesamt zum Teufel zu jagen, aber derzeit war darauf nicht zu hoffen.
Er war in einer Zeit aufgewachsen, in der es keinerlei Blutkonserven gegeben hatte, und wusste, wie man jagte, ohne Spuren zu hinterlassen. Der Rausch, der beim Trinken aus der Quelle entstand, war unvergleichlich. Manche behaupteten, es sei besser als Sex. Julen war da anderer Meinung, aber er hasste es in beiden Fällen, kurz vor dem ersehnten Höhepunkt aufhören zu müssen. Da trank er sogar lieber synthetisches Blut, das es neuerdings als preiswerten Ersatz für die teuren Blutkonserven gab. Eigentlich absurd, es gab immer mehr Menschen und trotzdem stiegen die Preise für einen guten Tropfen unaufhörlich.
Verboten war es nicht mehr, aus der Quelle zu trinken, solange ein Vampir sich dabei dezent verhielt und keinerlei unliebsame Aufmerksamkeit auf ihre Gemeinschaft lenkte. Doch besonders bei unerfahrenen Vampiren lief die Sache häufig aus dem Ruder und die magischen Aufräumtruppen, die immer dann gerufen wurden, wenn es darum ging, ein Blutbad vor den Gesetzeshütern der Sterblichen zu verbergen, hatten bereits um Unterstützung nachgesucht.
All dies ging sie im Grunde nichts an, trotzdem würde sie noch früh genug davon erfahren, also sagte er: «Ganz so schlimm ist es nicht. Die UV-Strahlen sind für mich einfach sehr viel schädlicher als für Normalsterbliche.»
Sie lachte. «Das heißt, du zerfällst im Sonnenlicht nicht zu Staub und offensichtlich lähmt dich tagsüber auch keine todesähnliche Starre. Das kann ich bezeugen», fügte sie kichernd hinzu.
Er beugte sich über den Tisch und flüsterte: «Ich fühle mich ausgesprochen lebendig.» Danach winkte er der Kellnerin, um sich die Rechnung bringen zu lassen.
Als sie aus dem Restaurant traten, hatte es zu regnen begonnen. Kein Nieselregen, eher eine Sintflut rauschte vom Himmel. Julen hätte ihr gern die Stadt gezeigt, aber daran war nun nicht zu denken. Ein kalter Wind blies durch die Straßen und brachte salzige Meeresluft mit sich. Wieder einmal bemühte er sein Handy und fragte sich dabei, wie er früher ohne dieses praktische Ding ausgekommen war. Kieran bestand zwar darauf, dass moderne Kommunikationstechnik nur im Notfall eingesetzt wurde, weil er ihrer Sicherheit misstraute, aber natürlich besaß und beherrschte auch er die neuesten Geräte. Julen war von Anfang an von Computertechnik fasziniert gewesen und hatte damit besonders älteren Vampiren einiges voraus.
«Hast du Lust auf einen Ausflug?»
Wenn ich nicht zu weit laufen muss! Jeder Muskel in ihrem Körper schien während der vergangenen Stunden über Gebühr beansprucht worden zu sein. Dagegen war die schmerzende Blase nichts, die sie sich in ihren unmöglich hohen Schuhen geholt hatte. Aber Julen wirkte so begeistert, dass sie es nicht übers Herz brachte, Nein zu sagen. Tatsächlich war sie gespannt darauf, was er plante.
Das Glänzen in ihren Augen war ihm Antwort genug. «Dann komm!»
Zwei Straßen weiter quälte sich der abendliche Verkehr durch die Stadt. Ein Taxi war auch heute schnell herbeigewunken und er bemühte sich, Alva möglichst galant in den Fond zu helfen.
Mit der Anordnung: «Zum Flughafen, bitte!», stieg er auf der anderen Seite ein und gab dem Fahrer einen zusätzlichen Befehl: Für Privatmaschinen, wir haben es eilig.
«Der fährt wie der Teufel!», flüsterte sie ihm wenig später ins Ohr.
«Dann sollten wir in Sicherheit sein. Der Teufel hat noch jeden Unfall überlebt.» Währenddessen genoss er es, wie sie sich ängstlich an ihn klammerte, und inhalierte ihren wunderbaren Duft. «Vertrau mir!», murmelte er und konnte nicht widerstehen, sich zumindest einen Kuss zu stehlen. In seiner Fantasie hatte er eine Menge Pläne, in denen die Worte Ruhe und Entspannung erst ganz am Ende vorkommen würden.
Am Flughafen Schiphol passierten sie die Kontrollen ohne Probleme. Julen ließ die Scheibe heruntergleiten und sah dem Zollbeamten kurz in die Augen, während der Taxifahrer eine Bescheinigung hervorzog, die ihn dazu berechtigte über das Rollfeld bis an die Privatjets heranzufahren.
«Gute Reise, Sir!»
Er bedankte sich mit einem höflichen Dank u wel! und weiter ging ihre Fahrt, bis sie die elegante Maschine erreicht hatten, die
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