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Das Fenster zum Hof

Das Fenster zum Hof

Titel: Das Fenster zum Hof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cornell Woolrich
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seine Stimme.
    Zum ersten Mal zeigte Brains sich etwas
überrascht; sein Mund öffnete sich ein wenig und schloß sich nicht wieder.
Hitch schien von dem Muster des Hotelzimmerläufers, auf den sein Blick traf,
inspiriert zu werden.
    »Und das ist noch nicht alles, nein,
Goldie hat inzwischen auch ein Baby. Wir haben einen kleinen Sohn...« Er
blickte wehmütig auf. »Wir haben ihm deinen Namen gegeben .« Der Revolver zielte mittlerweile nur noch auf den Fußboden; die Öffnung
zwischen Brains Nase und seinem Kinn war weit aufgeklappt. Seine Lippen
entspannten sich.
    »Augenblick mal, ich hab ‘n Brief von
ihr, gleich hier in der Schublade — du kannst ihn selbst lesen. Zieh du die
Schublade auf«, ermunterte ihn Hitch, »dann brauchst du keine Angst zu haben,
daß ich ‘ne Knarre raushol. Ich bleib hier an der Wand stehen .«
    Brains streckte die Hand aus, an ihm
vorbei, zog die Schublade heraus und schaute hinein.
    »Hol ihn raus !« befahl er mit unsicherer Stimme. »Und dann zeigst du ihn mir .«
    Hitchs Hand hatte einen Augenblick lang
untätig auf dem Radio gelegen; die Lautstärke nahm zu. »Ein kleines Lied im
Abendlicht«, lispelte gerade irgend jemand. Hitch wühlte eilig in der Schublade
herum, brachte ein Kuvert zum Vorschein und zog hastig einen Brief heraus. Er
faltete ihn auseinander und hielt ihn Brains hin, zeigte ihm ihre Unterschrift.
»Siehst du? Er ist von ihr—hier steht ›Goldie‹ .«
    »Zeig mir die Stelle mit dem Kind !« befahl Brains barsch. Hitch drehte das Blatt herum,
zeigte auf die letzten Zeilen der ersten Seite. »Da, lies selbst — ich halt es
dir hin .«
    Brains hatte gute Augen, er brauchte
sich nicht weiter zu dem Blatt vorzubeugen. Da stand es, schwarz auf weiß: »Ich
paß gut auf dein Baby auf. Und jedesmal, wenn ich es ansehe, denk ich an dich .«
    Hitch ließ den Brief fallen. Seine
Kinnlade zitterte. »Also, Kumpel, mach schon — tu das, wegen dem du hergekommen
bist«, seufzte er.
    Brains’ niedrige Stirn war von Furchen
der Unsicherheit durchzogen. Seine Augen wanderten vom Radio zu dem Brief am
Fußboden und wieder zurück zum Radio. »Leis dringt zu uns im Abendlicht der
Liebe altes Lied«, säuselte es daraus. Er blinzelte ein paarmal. In seine Augen
trat keine Feuchtigkeit, aber er schaute reichlich abwesend und gerührt drein.
Hitch schien nicht einmal mehr zu atmen, so still war es.
    Dann löste sich mit einem Plopp die Kartoffel vom Revolverlauf und zerplatzte am Boden. Brains riß sich
zusammen.
    »Und ihr habt ihm wirklich meinen Namen
gegeben ?« fragte er. »Donleavy Hitchcock?«
    Sein Gegenüber nickte schwermütig.
    Brains holte tief Luft. »Ich weiß
nicht«, begann er voller Zweifel. »Vielleicht ist es ja ‘n Fehler, dich so
einfach davonkommen zu lassen; vielleicht sollte ich’s besser nicht tun — früher
hab ich mir so was nie nochmal anders überlegt .« Er
warf ihm einen angewiderten Blick zu. »Irgendwie hast du mir den Spaß daran
verdorben .« Er steckte den Revolver zurück ins
Schulterhalfter und griff nach dem Zimmerschlüssel auf der Kommode. »Geh raus
und wart auf’m Gang !« befahl er knapp. »Ich geh nicht
durch den Vordereingang raus, ich verschwinde so, wie ich gekommen bin, ohne
daß es jemand spitzkriegt. Du kannst ja erzählen, daß du dich ausgesperrt hast.
Ich möchte nicht, daß du hinter mir im Zimmer bist, während ich rübergeh .«
    Hitch war schon halb durch die Tür, ehe
er fertig war.
    »Und keine faulen Tricks, sonst überleg
ich’s mir nochmal«, rief Brains ihm warnend nach. Dann schob er ein Bein zum
Fenster hinaus, setzte den Fuß auf das Brett und drehte den Kopf für eine
letzte Frage herum: »Und was für ‘ne Farbe haben seine Augen ?« Doch Hitch hatte nicht vorgehabt, die Angelegenheit weiter zu diskutieren, er
war bereits ein paar Stockwerke tiefer, wischte sich im Laufen mit dem Ärmel
den Schweiß von der Stirn.
    Brains murmelte, während er sich wie
ein Krüppel über das Brett schleppte, niedergeschlagen: »Wie hätt ich ihn denn
abknallen können, wo er seinem Kleinen meinen Namen gegeben hat? Vielleicht hat
Fade recht. Ich sollte mal ‘ne Pause machen. Hab wohl schon genug Jungs mit
Blei vollgepumpt. Kann ja nicht schaden, wenn ich mal einen laufenlaß;
vielleicht bringt’s mir sogar Glück .«
    Zurückgehen war leichter als
herüberzukommen. Die Neigung des Bretts half ihm. Mit einer halben Drehung
hüpfte er über die niedrige Mauerkrone auf das Dach des Mietshauses, zog das
Brett herüber,

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