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Das Fenster zum Hof

Das Fenster zum Hof

Titel: Das Fenster zum Hof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cornell Woolrich
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dich langsam weiter herum,
während ich deinem Gedächtnis auf die Sprünge helfe«, befahl er. »Und halt die
Pfoten schön brav vor dich hin, wie ein Hund, der um ‘nen Knochen bettelt !«
    Während sein Opfer mit leblos
herabhängenden Armen hin und her wankte wie ein Kreisel kurz vor dem Umkippen,
klopfte Brains ihn rasch an all den Stellen ab, wo eventuell eine Waffe stecken
konnte.
    »Gut«, meinte er versöhnlich. »Das war
deine allerletzte Turnübung .«
    Der andere hörte auf, sich zu drehen,
ging ein wenig in die Knie und blieb so stehen, als hinge er an einer Schnur.
    Das Spielzeugradio war endlich
warmgelaufen, das Brummen hatte aufgehört, und eine dritte Stimme war im
Zimmer, blechern und undeutlich. Brains Augen zuckten einen Moment hinüber in
die Ecke, aus der sie kam, um sofort zu dem käsigen Gesicht direkt vor ihm
zurückzukehren.
    »Wie ich vor sechs Monaten aus’m Knast
komm«, knurrte er, »hab ich natürlich zuerst nach meiner Süßen geschaut, sie
heißt Goldie; du hast mich mal mit ihr gesehen, weißt du noch ?«
    Hitchs Augäpfel begannen sich zu drehen
wie zwei Schrotkörner.
    »Weit und breit keine Spur von ihr«,
fuhr Brains fort. »Also hab ich rumgefragt, und was krieg ich zu hören? Daß ‘ne
kleine Ratte, ein gewisser Hitch, der angeblich zu meinen Freunden zählt, sich
erst an Goldie ran und sich dann mit ihr davongemacht hat, während ich im
Kittchen war. Versteh mich
nicht falsch !« Er deutete mit der Hand, in der er den
Revolver hielt, eine geringschätzige Bewegung an. »Es geht mir nicht um die
Mieze; die haben eh keinen Funken Verstand, und jetzt würd ich sie gar nicht
mehr wollen, selbst wenn ich sie kriegen könnte — aber kein Kerl macht so was
ungestraft mit mir. Ganz gleich, ob’s dabei um ein Geschäft geht oder um ‘ne
Frau, oder ob einer nur ‘ne blöde Bemerkung über mich macht, die mir nicht
paßt. Wenn mir einer auf die Füße tritt, lernt er mich kennen !«
    Die Fältchen an den Gelenken seines
Zeigefingers glätteten sich zusehends, als er ihn zu krümmen begann; Hitchs
Augen hingen, geweitet wie Vergrößerungsgläser, an ihnen. »Kann ich noch was
dazu sagen ?« fragte er mit belegter Stimme.
    »Nützen wird’s dir nichts«, versprach
Brains. »Aber nur zu, mal sehen, wie du dich herauszulügen versuchst — die
Antwort, die hinter diesem Stück Gemüse auf dich wartet, bleibt die gleiche !«
    Hitch begann am ganzen Körper zu
zittern, während er sich aufgeregt bemühte, in der kürzestmöglichen Zeit die
größtmögliche Zahl von Wörtern auszuspucken. »Ich werd dich nicht anlügen, was
hätt ich denn davon, jetzt, wo du mich in der Hand hast? Sie war am
Verhungern«, jammerte er. »Die Knete, die du ihr dagelassen hast, war alle...«
Auch wenn ihn jetzt Panik ergriffen hatte, fanden seine Augen doch noch die
Zeit, Brains Reaktion auf seine Worte abzuschätzen. »Ich weiß, du hattest sie
gut versorgt, aber — aber jemand hat’s ihr geklaut, hat sie ausgenommen«,
verbesserte er sich. »Dann ist sie zu mir gekommen, hat nicht mal mehr genug
Geld für’n Essen gehabt, und kein Dach überm Kopf. Und ich — ich hab mich ein
bißchen um sie gekümmert, weil du doch mein Freund...«
    Brains schnaubte verächtlich. Über
Hitchs Gesicht rann Schweiß herab. Statt der Stimme des Sprechers kamen jetzt
banale, rührselige Klänge aus dem Radio. Brains Blick wanderte nochmal zu ihm
hinüber, verharrte einen Augenblick dort und schwenkte dann zurück.
    »Hättest du das für einen Freund nicht
auch getan ?« fragte Hitch flehentlich. »Das hättest du
bestimmt! Ja, und dann haben wir uns eben, ohne es zu wollen, ineinander
verknallt .«
    Brains verzog keine Miene, aber der
Revolver zielte jetzt etwas tiefer, auf Hitchs Oberschenkel, nicht mehr auf
seine Brust; das mochte am Gewicht der Kartoffel liegen. Hitchs Kopf war der
Abwärtsbewegung gefolgt, seine Augen hingen immer noch an der Waffe; er schien
reumütig zu Boden zu blicken.
    »Wir haben gewußt, daß es nicht richtig
ist. Haben oft darüber gesprochen und beide gesagt, was für ein feiner Kerl du
doch bist...« Ein Hauch von Farbe war in sein Gesicht zurückgekehrt; es war
noch immer blaß, aber nicht mehr grau. Er schluckte ununterbrochen, entweder,
weil er von Gefühlen überwältigt war, oder, weil er dafür sorgen wollte, daß
seine Kehle gut geschmiert war. »Und schließlich haben wir aufgegeben — wir
konnten einfach nicht mehr — und haben geheiratet...« Ein leises Schluchzen
erstickte

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