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Das Fenster zum Hof

Das Fenster zum Hof

Titel: Das Fenster zum Hof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cornell Woolrich
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und
blieb, was er bisher gewesen war — ein ehrlicher Mensch.
    Wie konnte er seiner Frau
gegenübertreten, wenn er heute abend mit leeren Händen zurückkam? Morgen früh
würde man ihre Möbel auf dem Gehsteig auftürmen und fortschaffen. Abend für
Abend hatte er ihr versprochen, zu Burroughs zu gehen, und jedesmal hatte er es
wieder verschoben, war an dem Haus vorbeigegangen, ohne den Mut aufzubringen,
sein Vorhaben auszuführen. Warum? Zum einen hatte er nicht die Kraft, die
scharfzüngige, höhnische Abfuhr, die er ganz sicher bekommen würde, zu
schlucken. Noch schwerwiegender aber war die Erkenntnis, daß er, wenn er sein
Bittgesuch einmal vorgetragen hatte, damit automatisch die andere,
gesetzwidrige Möglichkeit, an das Geld zu kommen, ausschloß. Burroughs hatte
ihn nach all den Jahren wahrscheinlich vergessen, aber wenn Paine ihn jetzt an
seine Existenz erinnerte, indem er ihn vorher fragte...
    Entschlossen rückte er seinen Gürtel
zurecht. Heute nacht würde er nicht mit leeren Händen nach Hause kommen, aber
er würde auch nicht mit Burroughs darüber reden. Sie würde nie zu erfahren
brauchen, wie er an das Geld gekommen war.
    Er richtete sich auf und schaute sich
um. Niemand war zu sehen. Es gab keine Nachbarhäuser. Die meisten der Straßen
hier in dieser Gegend waren nur pro forma angelegt und gepflastert worden; sie
führten an unbebauten Grundstücken vorbei. Vorsichtig, aber entschlossen ging
er auf das Fenster des Zimmers zu, in dem er den Safe gesehen hatte.
    Feigheit läßt einen
bisweilen größere Risiken eingehen als der kühnste Wagemut. Er hatte
Angst vor Kleinigkeiten — mit leeren Händen nach Hause zu kommen; einen
übellaunigen alten Strauchdieb um Geld zu bitten, weil er wußte, daß der ihn
verhöhnen und wegjagen würde — und deshalb war er jetzt dabei, gewaltsam in ein
Haus einzudringen, zum ersten Mal in seinem Leben irgendwo einzubrechen.
    Das Fenster ging ganz leicht auf. Es
lud direkt zu unbefugtem Betreten ein. Er stieg auf den Sims, und mit dem
Deckel eines Streichholzbriefchens, den er in den Spalt zwischen den beiden
Fensterflügeln steckte, löste er die Verriegelung.
    Er sprang wieder hinunter, setzte das
kleine Werkzeug, das er mitgebracht hatte, am Rahmen an, und mühelos ließ sich
das Fenster öffnen. Gleich darauf stand er im Zimmer und hatte das Fenster
wieder geschlossen, damit es von draußen nicht auffiel. Er fragte sich, warum
er bis jetzt immer geglaubt hatte, es erfordere handwerkliches Geschick und
viel Geduld, in ein Haus einzubrechen. Es war doch kinderleicht.
    Er nahm das gefaltete Taschentuch und
band es sich vor die untere Gesichtshälfte. Einen Moment lang wollte er sich
gar nicht erst diese Mühe machen, und später tat es ihm dann beinahe leid, daß
er es doch getan hatte. Aber andererseits wäre es wahrscheinlich sowieso
passiert, auch ohne das Taschentuch. Ihn selbst konnte es nicht verbergen, nur
seine Identität.
    Er war so schlau, kein Licht
anzumachen, aber er hatte nicht daran gedacht, so eine technische
Errungenschaft wie eine Taschenlampe mitzunehmen. Also mußte er mit
Streichhölzern hantieren, und deshalb blieb ihm nur eine Hand frei für das
Zahlenschloß, nachdem er den Wandbehang beiseite geschoben hatte.
    Der Safe war eher ein Spielzeug, ein
spottbilliges Ding. Er wußte nicht einmal die präzise Zahlenkombination,
sondern nur die ungefähren Positionen 8-3-10. Beim ersten Mal klappte es nicht;
er variierte die Zahlen ein wenig, und schließlich vernahm er das leise
Klicken.
    Er öffnete den Safe, nahm die
Geldkassette heraus und stellte sie auf den Tisch. Es war, als habe er mit
dieser Bewegung den Hauptsicherungsschalter umgelegt. Das Zimmer war plötzlich
von gleißendem Licht überflutet, und Burroughs stand in der Tür, einen
Bademantel um seine verschrumpelte Gestalt gewickelt, die linke Hand am
Lichtschalter, in der rechten einen Revolver, mit dem er auf Paine zielte.
    Paine wurden die Knie weich, er bekam
keine Luft mehr und hatte das Gefühl, ein wenig zu sterben — so wie es nur ein
Amateur haben kann, der gleich bei seinem ersten Versuch auf frischer Tat
ertappt wird, niemals aber ein Profi. Plötzlich tat ihm der Daumen weh, und
automatisch wedelte er mit dem Streichholz, bis es ausging.
    »Das war grad noch rechtzeitig, oder ?« In der Stimme des alten Mannes schwang boshafte
Befriedigung. »Der Safe ist nichts Besonderes, aber in meinem Schlafzimmer
ertönt jedes Mal ein Summer, wenn er aufgeht .«
    Er hätte sofort

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