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Das Fenster zum Hof

Das Fenster zum Hof

Titel: Das Fenster zum Hof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cornell Woolrich
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dem Sturm.
    Als er aus dem Bad kam, stellte sie
gerade Tassen auf den Tisch. Sie sah ziemlich besorgt aus. Sie spürte, daß
etwas nicht in Ordnung war, hatte aber Angst, ihn danach zu fragen, das sah er;
vielleicht hatte sie Angst vor dem, was sie dann erfahren würde. Er konnte sich
jetzt nicht hinsetzen und essen, als wäre es ein ganz normaler Tag. Jeden
Moment konnten sie ihn holen kommen.
    Er ging am Fenster vorbei. Plötzlich
blieb er stocksteif stehen, griff nach dem Vorhang. »Was macht der Mann da
unten ?« Sie trat hinter ihn. »Steht da und redet mit
dem Hausmeister...«
    »Aber Dick, was ist denn daran so
schlimm? Da bleibt doch dauernd jemand stehen und hält einen kleinen Schwatz
mit...«
    Er trat einen Schritt zur Seite, neben
das Fenster. »Er schaut zu uns hoch! Hast du das gesehen? Sie haben sich beide
umgedreht und hier hochgeschaut. Geh weg vom Fenster !« Mit einer ausholenden Armbewegung schob er sie hinter sich.
    »Aber warum? Wir haben doch nichts
verbrochen .«
    »Sie gehen zum Eingang, zu unserem
Flügel! Sie kommen hier hoch...«
    »Dick, warum stellst du dich so an, was
ist denn los ?«
    »Geh ins Schlafzimmer und warte da auf
mich .« Ja, er war ein Feigling. Aber da gibt es
Unterschiede. Immerhin war er kein Feigling, der sich hinter der Schürze einer
Frau versteckte. Er schob sie vor sich her ins Schlafzimmer. Dann hielt er sie
einen Augenblick fest. »Stell mir keine Fragen. Wenn du mich liebst, dann bleib
da drin, bis sie wieder weg sind .«
    Er schaute noch einmal in ihr
ängstliches Gesicht und zog dann die Tür zu. Er schwenkte die Trommel des
Revolvers aus. Noch drei drin. »Ich kann sie alle beide erwischen«, dachte er.
»Wenn ich aufpasse. Es muß klappen .«
    Der Schneeball rollte weiter.
    Das Rasseln der Türklingel ließ ihn
erstarren. Im Zeitlupentempo ging er mit sicherem, festem Schritt zur Tür.
Dabei nahm er die Zeitung vom Tisch, rollte sie zu einem Trichter zusammen und
steckte die Hand mit dem Revolver hinein. Dann drückte er die Zeitung mit dem
Arm fest gegen seinen Körper, so daß sie nicht wieder auseinanderrollte. Es sah
so aus, als habe er gerade darin gelesen und sie nun nachlässig unter den Arm
geklemmt. Solange er sie schräg nach unten hielt, konnte man die Waffe nicht
sehen.
    Er schob den Riegel zurück und trat
beim Offnen der Tür einen Schritt zur Seite, so daß von außen nur die
unbewaffnete Hälfte seines Körpers zu sehen war. Der Hausmeister kam als erster
in Sicht, als sich der Türspalt vergrößerte. Er stand direkt vor der Tür. Der
Mann neben ihm trug eine Melone, weit nach hinten geschoben, hatte einen
borstigen Schnurrbart und drehte eine Zigarre zwischen den Zähnen. Er sah aus
wie — einer von denen, die einen holen kommen.
    Mit kaum verhohlener Frechheit sagte
der Hausmeister: »Paine, ich hab hier jemanden, der eine Wohnung sucht. Da Ihre
ab heute frei ist, wollte ich sie ihm zeigen. Was dagegen?«
    Paine wankte, schlaff wie ein
Wäschesack, gegen den Türrahmen, als sie sich an ihm vorbeischoben. »Nein«,
sagte er mit tonloser Stimme. »Nein, kommen Sie nur rein .«
    Er schloß die Tür erst hinter ihnen,
als er hörte, daß sie unten waren. Sowie sie zu war, faßte Pauline ihn besorgt
am Arm. »Warum wolltest du mich nicht sagen lassen, daß wir den Mietrückstand
zahlen und hierbleiben können? Warum hast du mich da in den Arm gekniffen ?«
    »Weil wir nicht hierbleiben werden, und
ich will nicht, daß sie erfahren, daß wir das Geld haben. Ich will nicht, daß
irgend jemand das erfährt. Wir werden von hier verschwinden .«
    »Dick, was ist denn los? Hast du
irgendwas Unrechtes getan ?«
    »Frag nicht danach. Hör zu, wenn du
mich liebst, stell mir keine Fragen. Ich hab — ich bin in Schwierigkeiten. Ich
muß hier weg. Warum ist egal. Wenn du nicht mitkommen willst, geh ich allein .«
    »Wohin du auch gehst, ich komm mit !« Ihre Augen verschleierten sich. »Aber kannst du es denn
nicht wieder in Ordnung bringen ?«
    Zwei Männer unwiderruflich tot. Er
lächelte bitter.
    »Nein, das kann ich nicht .«
    »Ist es schlimm ?«
     
    Er schloß die Augen und brauchte eine
Weile, ehe er antworten konnte. »Es ist schlimm, Pauline. Aber mehr brauchst du
nicht zu wissen. Ich will nicht, daß du mehr davon weißt. Ich muß hier weg, so
schnell wie möglich. Jeden Augenblick kann es zu spät sein. Komm, laß uns
anfangen. Irgendwann im Laufe des Tages werden sie uns eh rausschmeißen, das
ist ein guter Vorwand. Wir warten nicht länger,

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