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Das ferne Leuchten - das Marsprojekt ; 1

Das ferne Leuchten - das Marsprojekt ; 1

Titel: Das ferne Leuchten - das Marsprojekt ; 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arena
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Klemmbrett mit der Computerliste gegen die Hüfte gestemmt.
    »Du darfst keinem ein Wort verraten«, forderte Elinn später, als er im Versteck ankam. Sie saß auf einem Stuhl, eines ihrer Artefakte in den Händen, und sah aus wie die Harmlosigkeit höchstpersönlich. »Vor allem nicht Carl.«
    Ronny fuhr sich mit den Fingern über den Mund, als zöge er einen Reißverschluss zu. »Kein Wort. Zu niemandem.«
    »Gut.« Sie stand auf und er folgte ihr durch den schmalen Mittelgang in einen ehemaligen Ausrüstungsraum, in dem etliche Wandschränke und Spinde standen. Zwei der Schränke hatte Elinn schon ausgeräumt und mit Lebensmitteln gefüllt.
    »Du bist echt verrückt«, sagte Ronny.
    »Überhaupt nicht«, sagte Elinn. »Es ist ganz einfach. Ich verstecke mich kurz vor dem Start und warte, bis die Schiffe abgeflogen sind. Fertig.«
    »Die werden nicht einfach abfliegen. Die werden dich suchen.«
    »Klar. Aber sie können nicht ewig suchen«, meinte Elinn mit listigem Lächeln.
    »Ach so«, nickte Ronny. Er verstand, was sie meinte. Die Raumschiffe mussten während eines so genannten Startfensters starten – das war ein bestimmter Zeitraum von etwa zehn Tagen, an denen der Start erfolgen musste, wenn man zur Erde gelangen wollte. Startete man früher oder später, verfehlte man die Erde, weil die Flugbahnen der Raumschiffe dann nicht mit den Bahnen der Planeten um die Sonne übereinstimmten.
    »Wenn sie das Startfenster verpassen, dauert es drei Monate bis zum nächsten. Mindestens. Und dann würden alle verhungern, weil die meisten Lebensmittel aufgebraucht sein werden bis dahin. Also«, erklärte Elinn zufrieden, »müssen sie starten, ob sie mich finden oder nicht. Und sie finden mich nicht. Ich hab noch vier Monate Zeit, nach guten Verstecken zu suchen.«
    »Und deine Mutter? Die siehst du dann ja vielleicht nie wieder, in deinem ganzen Leben nicht.«
    Elinn zog eine Schnute. »Wenn man mich nicht findet, wird man ihr vielleicht erlauben, auch dazubleiben. Und wenn sie dableibt, bleiben vielleicht noch mehr Leute. Ich schätze, die meisten würden lieber hier bleiben.«
    Ronny nickte langsam. Er war beeindruckt. »Ganz schön schlau ausgedacht«, gab er zu.
    »Ja«, sagte Elinn. »Es darf nur vorher niemand etwas davon ahnen.«
    Die Marssiedler hatten sich auf die Vorbereitungsarbeiten für die Rückkehr gestürzt, als könnten sie es kaum erwarten. Doch als der erste Schock abklang, wurde den meisten bewusst, was sie zu tun im Begriff waren: dass sie den Mars, den wunderbaren Roten Planeten, nach dem sie sich einst gesehnt und von dem sie geträumt hatten, verlassen und wahrscheinlich nie wieder sehen würden. Die schroffen, rußroten Wüsten waren ihnen, auch wenn sie das Leben manchen Freundes gefordert hatten, eine zweite Heimat geworden, der düstergelbe Himmel so vertraut geworden wie der Geruch der wieder aufbereiteten Luft – auch wenn der Mars alles andere als ein Paradies gewesen war, würden sie ihn dennoch vermissen. Ihr ganzes restliches Leben lang, das spürte jeder, würden sie davon träumen, wie es gewesen war, zum Tharsis emporzublicken, Phobos oder Deimos am Himmel aufgehen zu sehen oder das dünne Heulen eines aufziehenden Staubsturms zu hören.
    »Wir haben ihm allerhand abgerungen, dem alten Kriegsgott«, sagten die Männer und Frauen, wenn sie abends mit selbst gebrautem Bier auf der Plaza saßen. »Ein Plätzchen, an dem es sich leben lässt. Und nicht schlecht.«
    »Und wenn wir uns für unabhängig erklären würden?«, fragte Ariana ihren Vater eines Abends. »Was könnten sie dagegen tun?«
    Ihr Vater lächelte traurig. »Du willst nicht fort vom Mars, nicht wahr?«
    »Nein.«
    »Das hat neulich aber ganz anders geklungen.«
    »Da war ich einfach schlecht drauf.«
    Er schüttelte den Kopf. »Nein. Ich denke, du hast instinktiv gespürt, was mit unserer Situation hier auf dem Mars nicht in Ordnung war. Seit Sanchez nicht mehr Präsident ist, hat Stillstand geherrscht. Wir haben keine neuen Gebäude errichtet, keine großen Expeditionen mehr durchgeführt, nichts. Die Ankunft der Asiaten vor ein paar Jahren hat für ein bisschen Aufregung gesorgt, aber auch nichts geändert, außer dass der Statthalter zwei Mitarbeiter mehr bekommen hat. Im Grunde gab es nur diese beiden Alternativen – voranzuschreiten, zu expandieren, die Siedlung auszubauen, weitere Siedlungen im Untergrund zu errichten und irgendwann die erste Kuppelstadt, einfach wirklich und ernsthaft daranzugehen, den Mars zu

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