Das ferne Leuchten - das Marsprojekt ; 1
Kopf. »Wirklich. Aber nun habt ihr es gesehen, oder? Draußen auf dem Katapult, meine ich.«
Carl zuckte die Schultern. »Klar. Da ist es ja wohl kaum zu übersehen.«
Yin Chis Kopf wackelte noch immer hin und her, und er sah sie der Reihe nach unschlüssig an. »Unser ganzer Stolz die vielen Jahre, und ihr habt es nie zu Gesicht bekommen. Das ist wirklich schwer zu glauben. Andererseits war es tatsächlich die meiste Zeit unterwegs. Auch jetzt steht es schon wieder aufgetankt und bereit für den letzten Flug. Wir müssen nur noch die Kamera einbauen.«
»Das Cockpit war ganz leer «, platzte Ronny heraus. »Ich habe die Handsteuerung gesehen.«
»Die haben wir noch nie benutzt, um ehrlich zu sein«, lächelte der Stationsleiter. »Ihr werdet es nicht glauben, aber keiner von uns kann ein Flugzeug steuern.«
»Das ist doch ganz einfach«, rief Ronny aufgeregt. »Ich habe sogar schon denselben Typ…«
Ariana gab ihm einen leichten Schubs, unauffällig, wie sie hoffte. »Ronny«, murmelte sie, »es reicht!«
Yin Chi nickte wohlwollend. »Im Simulator, ja, ich weiß. Das hat sich auch bis zu uns herumgesprochen. Niemand bezweifelt, dass du alles wirst fliegen können, was Flügel hat, sobald man dich nur lässt.«
»Auch ohne Flügel«, beharrte Ronny. »Ich habe Raketenboote geflogen, alle Shuttles und Transporter, außerdem…«
»Wir«, unterbrach der Chinese Ronnys Redefluss ebenso höflich wie unnachgiebig, »überlassen das unserer kombinierten Kamera-Steuerungseinheit. Kommt, ich zeige sie euch.«
Die Kinder sahen sich an. Carl wäre mittlerweile gern sein Sprüchlein losgeworden, und er merkte, dass die anderen darauf fieberten, dass er es endlich sagen würde. Von wegen Asyl und so. Aber das war nicht der richtige Zeitpunkt, das war klar.
Also gingen sie mit, folgten Yin Chi den Gang entlang zu einer Treppe, die abwärts führte, zu einem Gang unter der Oberfläche, der in die Nachbarkuppel führte. Die sah innen genauso aus wie die erste, nur dass die Fußleiste im Gang rot gestrichen war anstatt blau wie vorhin. Der Chinese marschierte mit ihnen strammen Schrittes weiter bis zu einer Tür mit einem Einsatz aus meliertem Glasplastik am Ende des Ganges, die er schwungvoll aufriss.
Dahinter lag ein für die Verhältnisse in der asiatischen Station großer Raum voller Aktenschränke, Datenleser und Scanner. Die Mitte des Raumes wurde von einem großen Tisch beansprucht, der voller großformatiger Fotos lag, die teils zu einem großen Übersichtsbild aneinander gelegt, teils achtlos zu Haufen aufgeschichtet waren.
»Die Ausbeute unserer Flüge«, erklärte Yin Chi stolz. »Das Flugzeug hat viele Gebiete überflogen und in allen Details fotografiert. Wunderbare Aufnahmen. Es hat auch andere Dinge geleistet, natürlich. Wir sind einigen Anomalien des Magnetfelds auf die Spur gekommen, die auf den nächsten areologischen Kongressen für Aufsehen sorgen dürften. Und bei dem Flug über Argyre Planitia haben wir weitaus höhere Konzentrationen von Wasserdampf gemessen, als nach den gängigen Theorien zu erwarten gewesen wären.«
»Es ist also nicht nur eine Kamera an Bord«, meinte Carl.
»Nein, obwohl die natürlich das Wichtigste ist. Kommt, seht es euch an.«
Sie umrundeten den Tisch, vorsichtig, um keines der Fotos zu verrutschen und auch sonst nirgends anzustoßen, und folgten Yin Chi durch eine weitere Tür in eine Art Werkstatt. Hier ruhte ein großes, kompliziert aussehendes und zweifellos ziemlich schweres Gerät in einem speziellen Gestell.
»Es wiegt selbst unter Marsschwerkraft über zweihundert Kilo«, erklärte Yin Chi und tätschelte die Konstruktion. »Nach jedem Flug müssen wir es ausbauen, reinigen, ein paar Teile austauschen, neue Filme und Datenspeicher einlegen und so weiter.«
»Galaktisch!«, hauchte Ronny.
Die große Kamera saß unten, in einem schwenkbar aufgehängten Gestell. Verschiedene Messgeräte waren in wabenförmigen Haltern festgeschraubt und mit einem bunten Kabelbaum verdrahtet. Oben erkannte man die Sichtsensoren einer automatischen Steuerung, bei der es sich um eine Künstliche Intelligenz niedriger Stufe handeln musste.
»Ja, das ist unser automatischer Marsforscher«, erklärte Yin Chi stolz. »Dafür haben wir das große Flugzeug mitgebracht. Man braucht große Flügel, um in der Marsatmosphäre zu fliegen. Es ist den Stratosphärenflugzeugen nachgebaut, die Ende des letzten Jahrhunderts auf der Erde für Spionage eingesetzt wurden. Die beiden Propeller
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