Das Fest der Köpfe
konnte ich nicht als ein Erwachen zählen. Es war mehr ein Auftauchen gewesen aus einem tiefen Tunnel, der sich nur für einen Moment geöffnet und sofort wieder verschlossen hatte.
Nun tauchte ich abermals hoch und wunderte mich, daß ich die Augen öffnen konnte.
Ich lag in einem Zimmer. Über mir sah ich die Decke, und ich lag ferner in einem Bett. Es war eines dieser Krankenhausbetten, ziemlich breit, sogar mit einem Gitter verschen, das mich vordem Herausfallen schützen sollte. Man war bei mir demnach auf Nummer Sicher gegangen. Es war nicht hell im Raum, obgleich draußen Tag sein mußte. Vor das Fenster war ein grauer Vorhang gezogen, der einen großen Fei! des Lichts filterte.
Deshalb dieses schummrige Dämmerlicht, das mir überhaupt nicht gefiel. Man hatte mich also in ein Krankenhaus geschafft. In einem Hospital liegt niemand ohne Grund, demnach mußte es auch bei mir einen gegeben haben. Aber welchen?
An der Stirn spürte ich den Druck und dahinter das leichte Tuckern. Da ich an keinen Tropf angeschlossen war, konnte ich die Arme normal bewegen. Mit der Fingerkuppe drückte ich genau gegen die bestimmte Stelle. Ich ertastete das glatte Pflaster und an dessen Seiten den Mullverband.
Demnach hatte ich mir eine Kopfverletzung zugezogen. Ich war froh, denken zu können. Ich war nicht schwer verwundet, und ich versuchte jetzt, mich zu erinnern.
Wie war das noch gewesen?
Die Autofahrt, der Stopp in der Kneipe, die Wirtin namens Kate, die mich vor einer Weiterfahrt gewarnt hatte. Dann der letzte Weg, die Brücke, die Köpfe und schließlich der Schlag.
Wie ein mächtiger Dampfhammer hatte er mich getroffen. Mitten hinein in mein Gesicht, gegen den Kopf. Ich hatte niemanden zuschlagen sehen, es war einfach passiert, und mich hatte eine Welt von Sternen und Schatten umtost, die sich schließlich in zahlreiche Gesichter aufgelöst hatte. Fratzen — unheimlich und schrecklich. Wie Geister hatten sie mich umtanzt, einen irren Reigen bildend, bevor sich die Schatten wieder gesammelt hatten und über mir zusammengefallen waren.
Nun lag ich hier.
Wer hatte mich hergeschafft? Wie lange war ich bewußtlos gewesen?
Wie schwer war die Verletzung? Wo konnte ich telefonieren? Anrufen nach London und Bescheid geben.
Noch bevor der Fall für mich begonnen hatte, war ich schon außer Gefecht gesetzt worden. Einfach so, von Gegnern, die ich nicht kannte, die ich nicht einmal richtig zu Gesicht bekommen hatte und die für mich in einer mehr als schwachen, geisterhaften Erinnerung geblieben waren. Sir James hatte mich nach Irland geschickt, um einen Fall aufzuklären, der eigentlich noch keiner gewesen war. Nun aber war er einer geworden, was man mir drastisch bewiesen hatte.
Jemand war daran interessiert, daß ich auf keinen Fall den Ort Kimberly erreichte. Was war der Grund? Wenn ich ausgeschaltet werden sollte, hätte man es sich auch einfacher machen können. Eine schnelle Kugel, und die Sache wäre erledigt gewesen.
Statt dessen lag ich hier im Krankenhaus, völlig allein. Die Tatsache wiederum sagte mir, daß man mit mir noch etwas vorhatte. Vielleicht paßte ich in gewisse Pläne hinein. Man wollte nur eben abwarten. Diese Gedanken weiter zu verfolgen, hatte keinen Sinn. Ich würde zu keinem Ergebnis gelangen, und das wiederum würde mich nur mehr quälen. Ich mußte mich auf andere Dinge konzentrieren, auf die persönlichen und auf meine direkte Umgebung. Das Krankenzimmer war ziemlich groß. Es hätte durchaus noch ein zweites und drittes Bett hineingepaßt. Es stand nur eines darin. Ich schaute durch das Gitter und sah, daß eine schmale Tür zu einem Waschraum führte. Eine etwas breitere daneben diente wohl als Ausgang. Ein Schrank war ebenfalls vorhanden, ein alter Holztisch und ein Stuhl.
In einem Krankenhaus gibt es in jedem Zimmer Anschlüsse für die Apparaturen. Viele Steckdosen, viele Buchsen. Die Wand hinter mir allerdings war völlig leer. Ich sah nur den grünen Anstrich, der in Höhe der Decke eine andere Farbe annahm und einen leichten Stich ins Gelbliche hatte. Die Decke selbst zeigt ein fahles Weiß, nicht so hell wie die Leuchte mit ihrem Plastikrechteck.
Da lag ich nun!
Ich schüttelte innerlich den Kopf, achtete wieder auf meine Gedanken und stellte freudig fest, daß sich die schlimmen Träume kurz vor dem ersten Erwachen nicht wiederholten. Bis auf das Tuckern hinter der Stirn fühlte ich mich eigentlich gesund.
So gesund, daß ich mir vornahm, aufzustehen. Am meisten störte mich
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