Das Fest der Schlangen
auf die Knochen. »Wer hat Carl das ganze Zeug ins Gesicht geschmiert?«
»Ich habe geübt. Sie wissen schon, Kosmetik. Das lernt man in der Schule. Ronnie McBride auch – ich habe sie hübsch gemacht. Aber ich habe sie nicht umgebracht. Sie würden sich doch freuen, wenn sie wüssten, dass sie so gut aussehen. Carl wahrscheinlich nicht. Das Arschloch.«
»Du hast doch ein Arschloch im Kopf«, sagte Bobby. »Wo ist Balfour?«
»Er hat ein Haus hier in der Nähe, eine Farm. Er wollte die Leichen mit dem Lieferwagen abholen, hat sich’s dann aber wohl anders überlegt. Er hat Larry angerufen und ihm gesagt, er soll alles verbrennen. Sie wollten die Kurve kratzen.«
»Und ich?«, fragte Bobby.
»Erst hat Balfour gesagt, wir sollten Sie im Kühlraum lassen, bis Sie erfroren sind. Die haben angenommen, Sie würden da drin sterben, und dann wollten sie Sie ausschlachten. Frische Teile, wissen Sie? Dann hat Balfour angerufen und gesagt, Larry soll Sie erschießen und verbrennen. Larry war unglücklich darüber, Sie einfach abzuknallen. Gutes Geld dem schlechten hinterherwerfen, nannte er es.«
» › Frische Teile ‹ «, sagte Bobby. »Das muss ich unbedingt Shawna erzählen.«
»Das ist eine Goldmine. In diesem Gebäude lagern Teile, die sicher eine Million Dollar wert sind. Sehen Sie den Gefrierschrank da drüben? Der ist voll mit Haut. Genug, um ein ganzes Haus damit zu tapezieren.«
Jimmy plapperte weiter über das Vermögen, das da zu machen sei. Bobby vermutete, dass Jimmy ein Speedfreak war. Sein zwanghaftes Geschwatze war amphetaminbeschleunigt, und die Worte sprangen aus seinem Mund wie Lemminge von der Klippe.
Woody ließ sich von Jimmy Mooney beschreiben, wo Balfour wohnte: in einem Farmhaus ungefähr sechs Meilen weit nördlich an der Hazard Road, unmittelbar am Rand von Arcadia. Jimmy bot ihm an, eine Karte zu zeichnen. Er war zu allem bereit, aber er würde nicht mitkommen. »Balfour ist noch gruseliger als Larry«, sagte er. »Als ob er ein König wäre, wissen Sie? Er glaubt, er hat ein Recht auf all das. Und er hat diesen Cops die Pistolen abgenommen.«
Woody sah Bobby an. »Fühlst du dich einigermaßen? Wir müssen Balfour schnappen.«
Detective Lajoie rief Bonaldo an und wollte wissen, ob er Brantley verhaftet habe. Stattdessen erreichte sie Constantino, der ihr sagte, Brantley sei nirgends zu finden, und Bonaldo sei auf der Suche nach seinem Sohn. »Der fette Bengel macht seine Halloween-Runde, und in der Stadt wimmelt’s von Kojoten.«
Es wurde immer schwerer, Baldos Spuren zu folgen. Jemand hatte seinen Hund ausgeführt, jemand anders hatte am Straßenrand geparkt und war in ein Haus gegangen, und die Spuren dieser Leute durchkreuzten Baldos Fußabdrücke auf dem Gehweg. Deshalb kam Hercel nur langsam voran, und immer wenn er einen Polizeiwagen sah, musste er hinter einem Baum verschwinden, was ihn ebenfalls aufhielt. Er konnte Baldo nur suchen, wenn er seine Gedanken auf ihn und nichts anderes konzentrierte. Sonst würde er anfangen, an die Kojoten zu denken, an seine Mutter oder an Carl Krause, und dann wollte er einfach nur aufgeben. Ein paarmal hatte er Kojotenspuren gesehen. Sie hatten nur den Gehweg überquert; es war nicht so, dass sie Baldo verfolgten oder so was. Jedenfalls noch nicht.
Als Hercel in die Market Street einbog, stellte er fest, dass Baldos Spuren klarer wurden, und an der nächsten Ecke sah er eine kleine Gestalt am anderen Ende des Blocks. Er erkannte, dass Baldo in einem weiten Kreis gegangen und jetzt wieder auf dem Heimweg war. Hercel rief ihn und lief schneller. Das Kläffen der Kojoten wurde lauter.
Baldo wartete. Als Hercel angerannt kam, fragte er: »Wo ist dein Kostüm?«
Hercel war verblüfft über Baldos Vampirmaske, aber er sparte sich die Antwort auf die Frage. »Was fällt dir ein? Hier draußen ist es gefährlich. Hörst du die Kojoten nicht?«
Baldo lauschte. »Ich dachte, das sind Hunde. Willst du eine Tafel Schokolade? Sind nicht viele Leute zu Hause, oder sie verstecken sich. Die Ausbeute ist spärlich.«
»Nimm diese beschissene Maske ab. Ich kann so nicht mit dir reden.«
Baldo wollte nicht, und sie stritten sich eine Weile. Erst als Hercel wütend wurde, nahm Baldo die Maske ab. Hercel war erleichtert. Im trüben Licht sah die Maske so echt aus, dass er schon befürchtet hatte, es wäre vielleicht gar nicht Baldo.
Als er ihn ohne die Maske sah, sagte Hercel: »Du bist ein Idiot.« Das war keine Beleidigung, sondern eher der Hinweis
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