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Das Fest der Schlangen

Das Fest der Schlangen

Titel: Das Fest der Schlangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Dobyns
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Schlange war eine Handbreit länger.
    Dann ließ Brotman Fotos von dem toten Ernest Hartmann in dessen Ford Focus herumgehen. Die nächsten zeigten ihn auf einer Trage mit Vorder-, Rück- und Seitenansichten seines skalpierten Schädels, und schließlich sah man ihn nackt auf dem Tisch des Leichenbeschauers, wo auch die Messerstichwunde in seiner Brust zu erkennen war. Aber die Männer und Frauen im Besprechungsraum sahen nur den skalpierten Kopf. Bobby sagte später: »Ich bin froh, dass ich das vor dem Lunch und nicht danach gesehen habe.« Die Skalpierungsfotos unterstrichen den Ernst ihrer Aufgabe – nicht, dass diese Erinnerung noch nötig gewesen wäre. Die Sache war nicht schlimmer als eine tödliche Schießerei in einer Bar, wenn auch grausiger. Hier war das Opfer, da das Grauen, und das eine stand neben dem anderen wie ein Mann neben einem Elefanten.
    Als Letztes kamen Fotos von dem Smiley, und sie waren wie ein komischer Hut auf dem Kopf des Elefanten – als hätte man ihn mit Glöckchen und Fransen behängt. Der Smiley war so abscheulich wie die Skalpierung an sich, gehörte jedoch in eine andere Kategorie. Die Skalpierung war barbarisch, der Smiley ein Bild des Wahnsinns. Anscheinend hatte jemand dafür den Finger in das Blut getaucht, aber da kein Fingerabdruck gefunden worden war, nahm Brotman an, dass der Künstler – vermutlich der Mörder – Gummihandschuhe getragen hatte.
    Captain Brotman berichtete sodann, was bisher unternommen worden war. Die Anwohner in der Nachbarschaft des Krankenhauses waren befragt worden, doch niemand hatte etwas Ungewöhnliches gesehen. Ein Mann gab an, Kojotengebell gehört zu haben. Ein Krankenwagenfahrer namens Seymour Hodges, der hinter dem Krankenhaus geparkt hatte, hatte ebenfalls Kojoten gehört und behauptete, sie seien um den Krankenwagen herumgelaufen – etwas, das der Sanitäter, Jimmy Mooney, nicht bestätigt hatte. Auch die Anwohner der Liberty Lane, die zum Sumpf führte, waren befragt worden, aber wiederum hatte niemand etwas Ungewöhnliches bemerkt. Eine Frau hatte am Donnerstagabend einen kleinen blauen Wagen gesehen, der in Richtung Sumpf fuhr, irgendwann zwischen acht und neun, doch dann hatte sie die Kinder ins Bett gebracht und wusste nicht, ob er zurückgekommen war.
    Steve Tovaldis, der die Leiche gefunden hatte, war vernommen worden. Er war Lehrer an der Junior Highschool in South Kingstown, verheiratet und Vater von drei Kindern zwischen neun und fünfzehn. Er war bei seinen Nachbarn beliebt und stets hilfsbereit, wenn man ihn brauchte, und er wohnte seit fünfzehn Jahren in demselben Haus. Nach Wiccanern hatte man ihn nicht gefragt, und Brotman wies den Polizisten aus South Kingstown an, das nachzuholen.
    Nach den Berechnungen des Rechtsmediziners war Hartmann irgendwann zwischen acht und zehn Uhr gestorben. Zum Abendessen hatte er drei Ecken Pizza – Käse und Salami – in Rudi’s Pizza in der Stadtmitte von Brewster zu sich genommen und dazu eine Pepsi Light getrunken. Er hatte allein gegessen und um achtzehn Uhr dreiundzwanzig seine Rechnung bezahlt.
    In Hartmanns Motelzimmer hatte man Haarpflegeprodukte von Anthony Logistics for Men gefunden: Shampoo, Conditioner und Frisiercreme mit Duftnoten von Kokosnuss, Jojoba-Öl, Kamille, Pfefferminz und Aloe. Sie wurden zur Wäsche und Pflege im Rahmen eines individuellen Haarpflegeprogramms benutzt, vermutlich von Hartmann.
    Ein Kriminalist aus dem staatlichen Kriminallabor sowie ein Kriminaltechniker und ein Arzt aus der Rechtsmedizin hatten sich der Spurensicherungseinheit angeschlossen. Man hatte Abdrücke von den Fußspuren des Mörders genommen – das heißt, man nahm an, dass es sich um die Fußspuren des Mörders handelte. Sie stammten von Timberland Pro Terrenes mit leicht abgenutzten, rutschfesten SafeGrip-Gummisohlen der Schuhgröße 45 . In der Umgebung des blauen Ford Focus waren zwar noch andere Abdrücke gefunden worden, aber diese waren die jüngsten. Man hatte indessen auch noch Abgüsse von vier anderen Spuren genommen. Der Kriminalist aus dem Labor reichte ein Blatt herum, auf dem die fünf Schuhtypen detailliert beschrieben waren, mit den Pro Terrenes oben auf der Liste. Beigefügt war ein Verzeichnis von Geschäften, in denen Pro Terrenes zu haben waren. Angesichts des Internethandels war dies aber wahrscheinlich Zeitverschwendung.
    Daneben gab es Spuren der beiden gelben Labradors, die Tovaldis gehörten, und von drei oder vier Kojoten, die durch den Blutgeruch angelockt

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