Das Fest der Zwerge
verzweifelt an, einzuhalten, doch als sie sich ihm in den Weg stellen wollte, schlug er auch auf sie ein. Erneut gelang es Albrecht, die Waffe abzulenken, doch als er Audefleda beiseitestoßen wollte, um sie aus der Reichweite ihres Bruders zu bringen, traf ihn die Klinge an der linken Schulter.
Bärbel sah entsetzt, wie ihr Mann heftig zu bluten begann, doch noch gab Albrecht nicht auf. Wut und Schmerz stachelten ihn an, und er drang mit wuchtigen Hieben auf Audalrich ein. Verletzt, wie er war, hätte er unterliegen müssen, doch sein Gegner hatte dem Met bereits zu sehr zugesprochen, und seine Bewegungen waren entsprechend langsam und unbeholfen. Es gelang ihm nicht mehr, Albrechts Schwertstreiche abzuwehren, und er blutete rasch aus etlichen Wunden.
Einige Männer schienen bereit, ihm beizustehen, da aber gellte Audefledas Schrei durch die Halle. »O Gott, es darf niemand sterben!«
In dem Augenblick erfasste Bärbel der wilde Zorn. Sie vergaß ihr Latein und schrie den Höllenknecht in der Volkssprache an. »Verschwinde, du Ausgeburt des Bösen, und lass dich nie mehr hier blicken!«
Ihre Finger, die sonst Verletzten Heilung brachten, schleuderten Funken und kleine Blitze gegen die Höllenkreatur. Diese jaulte vor Schmerzen auf und schrie die Krieger an, die Hexe endlich zu erschlagen. Seiner Stimme aber fehlte mit einem Mal die Kraft, die Männer sonst zum bedingungslosen Gehorsam zwang.
Selbst Audalrich und Albrecht hielten nun inne, Bärbels Mann aber hielt trotz des Blutes, das bereits in Strömen über seine Hände lief, die Waffe bereit, um seine Frau zu beschützen.
Bärbel trat mit erhobenem Kreuz auf das Teufelsgeschöpf zu. »Kehre dorthin zurück, von wo du gekommen bist, und betrete niemals mehr diese Erde! Ich befehle es dir im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes, amen!«
Thorismunds Kraft schwand unter Bärbels innerem Feuer, und er vermochte seine angenommene Gestalt nicht länger beizubehalten. Nun wurde er für alle zu jenem haarigen, tierartigen Wesen, das Bärbel in ihm erkannt hatte.
Audefleda kreischte vor Entsetzen auf, und ihr Mann machte das Zeichen gegen den bösen Blick. Auch der Engländer starrte das Teufelsgeschöpf einige Augenblicke voller Schrecken an. Dann aber ergriff er sein Kreuz und streckte es Thorismund wie eine Waffe entgegen. Seine Worte klangen zwar nicht ganz so mächtig wie Bärbels, doch auch sie trafen das Teufelswesen wie Peitschenhiebe.
Thorismund erkannte, dass er die Männer in der Halle nicht mehr in seinem Sinne beeinflussen konnte, und versuchte, mit eigener Hand sein Schicksal zu wenden. Mit einem weiten Satz sprang er auf Bärbel zu und stieß dabei Albrecht, der sich ihm in den Weg stellen wollte, wie ein lästiges Kind beiseite. Bevor er sie mit seinen scharfen Krallen packen und zerfetzen konnte, leerte der Missionar seinen Topf mit geweihtem Wasser über ihm aus.
Das Teufelswesen schrie auf, als würde es nun selbst zerrissen, und sank kraftlos vor Bärbel zu Boden.
Audalrich würgte vor Ekel, riss aber sein Schwert hoch und stürmte auf den Höllendämon zu. »Fahre zur Hel oder zur Hölle oder sonst wohin, du hässliches Ding!« Seine Klinge traf jedoch nur noch Luft, denn im selben Augenblick tat sich die Erde unter Thorismund auf. Ein beißender Schwefelgeruch durchzog die Halle, und für die Dauer mehrerer Herzschläge sahen alle in ein feuriges Reich tief unter ihren Füßen, dem der Flüchtling nun zueilte. Dann schloss sich der Boden wieder, und es wurde totenstill.
Es dauerte eine Weile, bis sich in der Halle etwas regte. Winfried kniete nieder und sprach ein Gebet. Dabei sah er aus, als könne er selbst nicht begreifen, warum er noch am Leben war. Audalrich, dem der Schrecken sichtlich in die Glieder gefahren war, trat auf den englischen Missionar zu und beugte das Haupt.
»Die Macht deines Herrn Jesus Christus ist wahrlich groß! Ich bekenne, dass er stärker ist als Donar, Wotan oder ein anderer unserer alten Götter. Daher bitte ich dich, mich in deinem Glauben zu unterweisen, damit auch ich dem Segen des christlichen Glaubens teilhaftig werden kann!«
Es war wie ein Signal. Einer nach dem anderen kniete vor Winfried nieder und bekannte, nunmehr an Christus glauben zu wollen. Audefledas Augen glänzten, als auch ihr Mann diesem Beispiel folgte, und sie umarmte Bärbel voller Freude.
»Danke für alles!«, flüsterte sie.
Bärbel hatte jedoch nur Augen für ihren Ehemann. Energisch schob sie Audefleda zurück
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