Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Fest der Zwerge

Das Fest der Zwerge

Titel: Das Fest der Zwerge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Polzin
Vom Netzwerk:
kleine silberne Kreuz, das sie um den Hals trug. »Freilich sind wir gute Christen, wie alle Leute in diesem Land.«
    »Dann ist es gut!« Die andere atmete sichtlich auf und bat Bärbel, sie zu entschuldigen. »Ich muss nachsehen, ob alles für das Festmahl vorbereitet ist. Wir haben viele Gäste, weißt du, und mein Gemahl will vor ihnen nicht als geizig erscheinen.«
    Das kannte Bärbel von den Weihnachtsfesten in ihrem Elternhaus, dem Hirschhof. Auch dort war der Tisch stets reichlich gedeckt gewesen. »Geht ruhig! Ich bleibe derweil bei meinem Mann!«
    Ihre Gastgeberin verließ zufrieden lächelnd das Haus.
    »Ich möchte wissen, wo wir hier sind«, sagte Albrecht und stöhnte auf, da ihm das Sprechen schwerfiel.
    Bärbel hob hilflos die Hände. »Ich erinnere mich nicht, jemals von einer Burg wie dieser gehört zu haben. Dabei kann sie kaum mehr als drei oder vier Reitstunden von der Wallburg entfernt liegen.«
    »Mir kommt das Ganze unheimlich vor. Es war nämlich unsere Gastgeberin, die mein Pferd absichtlich hat scheuen lassen. Ich hätte mir bei dem Sturz wer weiß was brechen können, sogar das Genick.« Albrecht war wieder munter genug, um Zorn zu empfinden.
    Bärbel rieb sich nachdenklich über die Stirn. »Mir scheint, sie sucht verzweifelt nach Hilfe. Nur deshalb ist sie dir in den Weg getreten.«
    »Aber sie wollte nicht mich haben, sondern dich!« Albrecht wusste, dass er selbst ein ganz normaler Mensch war, während Bärbel das Erbe alter Opferpriesterinnen in sich trug und Kräfte besaß, die missgünstige Leute durchaus mit Hexerei in Verbindung bringen konnten.
    Bärbel wurde im gleichen Augenblick klar, dass ihr Mann recht hatte. Die Fremde hatte sie hierher locken wollen, und nun nahm sie ihr übel, dass Albrecht dabei zu Schaden gekommen war. Gleichzeitig wuchs ihre Neugier, und sie fragte sich, welcher Grund hinter dem Ganzen stecken mochte.
     
    *
     
    Bärbel und Albrecht blieben nicht lange allein, denn bald erschien die Gastgeberin wieder und reichte ihnen je einen Becher Würzwein. »Seid mir willkommen!«, verkündete sie mit einem so freundlichen Lächeln, dass beide ihren Groll vergaßen.
    »Auf Euer Wohlsein!« Albrecht leerte den Becher in einem Zug und schnalzte dann anerkennend mit der Zunge. »Der Trank mundet beinahe noch besser als der Würzwein, den Mette zu bereiten versteht, und das will etwas heißen.«
    Das Lob freute die Dame, und sie bat ihre unfreiwilligen Gäste, mit ihr in die Halle zu kommen. »Das Fest hat begonnen, und der Met fließt bereits in Strömen. Ich möchte, dass ihr meinen Gemahl begrüßt, ehe ihn die Zahl der getrunkenen Becher überwältigt.«
    Bärbel kicherte leise und zwinkerte der Fremden verständnisvoll zu. Männer schienen überall gleich zu sein. Auch wenn Albrecht dem Wein im Allgemeinen nur mäßig zusprach, so feierte er solche Feste wie die Geburt des Herrn recht ausgelassen. Bei dem Gedanken erinnerte sie sich daran, dass auch in der Wallburg alles für die große Feier vorbereitet worden war, an der sie nun nicht teilnehmen konnten.
    »Es tut mir um Usch, Mette und die anderen leid. Sie haben sich so viel Mühe gegeben und müssen nun ohne uns feiern.«
    »Ich hoffe, unser Fest entschädigt Euch ein wenig für diesen Verlust. Ein frommer Mann ist gekommen und wird für uns beten.«
    Obwohl ihre Gastgeberin munter klingen wollte, spürte Bärbel Angst in ihrer Stimme. »Wir müssen vorsichtig sein«, flüsterte Bärbel Albrecht zu und reichte ihm den Schwertgurt, den ihm die Fremde zuvor abgenommen hatte.
    »Wie heißt Ihr übrigens, edle Dame?«, fragte sie, da sie den Namen ihrer Gastgeberin noch immer nicht kannte.
    »Audefleda«, antwortete diese leise.
    Diesen Namen hatte Bärbel noch nie gehört. Er schien heidnischen Ursprungs, doch das wollte sie der Frau nicht sagen. »Ich heiße Bärbel, oder besser gesagt Barbara, nach der Heiligen Barbara. Und mein Gemahl nennt sich Albrecht.«
    »Seid mir willkommen.« Audefleda neigte kurz das Haupt und wies zur Tür.
    Während er aus dem Haus trat, stellte Albrecht überrascht fest, dass es ihm bereits viel besser ging. Er kniff Bärbel leicht in den Hintern, damit sie sich ihm zuwandte. »Ich glaube, die Frau ist eine Heilerin. Meine Schmerzen sind fort, und ich kann meinen rechten Arm wieder bewegen.«
    »Dann muss sie sehr stark sein.« Bärbel betrachtete Audefleda und bemerkte erst jetzt, wie ungewöhnlich und altmodisch die Frau gekleidet war. Ihr Kleid lag sehr eng am Körper an und

Weitere Kostenlose Bücher