Das Fest des Ziegenbocks
seine Dreistigkeit so weit, daß der Botschafter der Vereinigten Staaten persönlich einschritt. Und der Wohltäter reparierte den Schaden, auch wenn ihm dabei die Galle hochkam, und zwang seinen Bruder, sich bei der Inka-Prinzessin zu entschuldigen. Er seufzte. Mit der Zeit, die er damit verloren hatte, die Löcher zuzuschütten, die die Horde seiner Verwandten ihm auf seinem Weg grub, hätte er ein zweites Land aufbauen können.
Ja, von allen Schandtaten, die auf Petáns Konto gingen, war es der dumme Streit mit dem Chef des Generalstabs des Heeres, den er ihm niemals verzeihen würde. Der Riese Vázquez
Rivera war ein guter Freund Trujillos, seitdem sie zusammen in Haina gedrillt worden waren; er besaß außergewöhnliche Körperkräfte und trainierte sie, indem er alle erdenklichen Sportarten praktizierte. Er war einer der Militärs, die dazu beigetragen hatten, Trujillos Traum Wirklichkeit werden zu lassen: den Ausbau der aus der kleinen staatlichen Polizei hervorgegangenen Armee zu professionellen, disziplinierten, effizienten Streitkräften nach dem Vorbild der nordamerikanischen, wenn auch in kleinerem Format. Und dann kam es zu diesem dummen Streit. Petán besaß den Rang eines Majors und diente im Kommando des Generalstabs des Heeres. Als General Vázquez Rivera ihn zur Rede stellte, weil er im Zustand der Betrunkenheit den Gehorsam verweigert hatte, wurde er ausfällig. Daraufhin zog der Riese sich die Uniformjacke aus, wies auf den Hof und schlug ihm vor, die Rangordnung zu vergessen und die Sache mit den Fäusten auszutragen. Es wurde die brutalste Tracht Prügel, die Petán in seinem Leben erhalten hatte; mit ihr zahlte er für alle, die er selbst so vielen armen Teufeln verabreicht hatte. Betrübt, aber überzeugt, daß die Ehre der Familie ihn dazu zwang, setzte Trujillo seinen Freund ab und schickte ihn mit einer symbolischen Mission nach Europa. Ein Jahr später informierte ihn der Geheimdienst über subversive Pläne: Der auf Rache sinnende General besuche Garnisonen, treffe sich mit ehemaligen Untergebenen, verstecke Waffen auf seinem kleinen Landgut in Cibao. Er ließ ihn festnehmen, in das Militärgefängnis an der Mündung des Nigua-Flusses sperren und kurze Zeit später durch ein Militärgericht heimlich zum Tode verurteilen. Der Befehlshaber der Festung ließ ihn von zwölf Kriminellen, die dort wegen allgemeiner Delikte inhaftiert waren, zum Galgen schleppen. Damit es für das spektakuläre Ende von General Vázquez Rivera keine Zeugen gab, befahl Trujillo, die zwölf Delinquenten zu erschießen. Trotz der Zeit, die vergangen war, fühlte er bisweilen, wie jetzt, eine gewisse Sehnsucht nach diesem Gefährten der heroischen Jahre, den er wegen Petáns dummer Streiche hatte opfern müssen. Simon Gittleman berichtete, daß die Komitees, die er in den
Vereinigten Staaten gegründet hatte, eine Geldsammlung für eine große Operation gestartet hatten: Am gleichenTag sollte in The New York Times, The Washington Post, Time, Los Angeles Time und sämtlichen Publikationen, die Trujillo attackierten und die Sanktionen der OAS befürworteten, als ganzseitige bezahlte Anzeige eine Gegendarstellung und ein Plädoyer für die Wiederaufnahme der Beziehungen mit der dominikanischen Regierung veröffentlicht werden. Warum hatte Simon Gittleman nach Agustín Cabral gefragt? Er bemühte sich, den Zorn im Zaum zu halten, der in ihm hochstieg, sobald er an Cerebrito dachte. Bestimmt nicht aus böser Absicht. Wenn jemand Trujillo bewunderte und respektierte, dann der ehemalige manne, der sich mit Leib und Seele der Aufgabe verschrieben hatte, sein Regime zu verteidigen. Er hatte den Namen vermutlich aufgrund einer Gedankenverbindung genannt, als er sich beim Anblick des Flüssigen Verfassungsrechtiers daran erinnerte, daß Chirinos und Cabral – für jemanden, der nicht den inneren Zirkeln des Regimes angehörte – unzertrennliche Freunde waren. Ja, sie waren es gewesen. Trujillo hatte ihnen oft gemeinsame Missionen übertragen. Wie 1937, als er den einen zum Generaldirektor des Statistischen Amtes und den anderen zum Generaldirektor für Einwanderungswesen ernannt und sie ausgeschickt hatte, die Grenze zu Haiti zu erkunden und ihn über die heimlichen Grenzübertritte der Haitianer zu informieren. Aber die Freundschaft dieses Tandems war immer relativ gewesen; sie hörte dort auf, wo die Achtung und das Lob des Chefs ins Spiel kamen. Trujillo hatte seinen Spaß daran – ein exquisites, heimliches Spiel,
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