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Das Fest des Ziegenbocks

Das Fest des Ziegenbocks

Titel: Das Fest des Ziegenbocks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
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die Stimme Simon Gittlemans:
    »Wie wird diese Schererei mit dem Bischof Reilly
ausgehen, Exzellenz?«
Er machte eine verächtliche Geste:
    »Es gibt keine Schererei, Simon. Dieser Bischof hat sich auf die Seite unserer Feinde geschlagen. Angesichts der Empörung des Volkes hat er es mit der Angst zu tun bekommen und sich rasch bei den Nönnchen der SantoDomingo-Schule versteckt. Was er unter so vielen Frauen treibt, ist seine Sache. Wir haben eine Wache aufgestellt, um zu verhindert, daß man ihn lyncht.« »Es wäre gut, wenn die Sache bald eine Lösung fände«, beharrte der ehemalige marine. »In den Vereinigten Staaten glauben viele schlecht informierte Katholiken den Erklärungen von Monsignore Reilly. Daß er in Gefahr ist, daß er wegen der Einschüchterungskampagne und alldem Zuflucht suchen mußte.«
    »Das ist ohne jede Bedeutung, Simon. Alles wird eine Lösung finden, und die Beziehungen mit der Kirche werden wieder ausgezeichnet sein. Vergiß nicht, daß es immer rechtschaffene Katholiken in meiner Regierung gab und daß Pius XII. mich mit dem Großkreuz des Päpstlichen Ordens des heiligen Gregor ausgezeichnet hat.« Dann wechselte er abrupt das Thema: »Hat Petán euch die Dominikanische Stimme gezeigt?«
    »Natürlich«, erwiderte Simon Gittleman; Dorothy nickte mit breitem Lächeln.
    Dieses Imperium seines Bruders, des Generals JoséArismendi Trujillo, Petán, hatte vor zwanzig Jahren mit einer kleinen Rundfunkstation begonnen. Die Stimme von Yuna wuchs, bis sie sich als Dominikanische Stimme in einen gewaltigen Komplex verwandelte: das erste Fernsehen, die größte Rundfunkanstalt, das beste Cabaret und Revuetheater der Insel (Petán bestand darauf, daß es das beste der ganzen Karibik sei, aber der Generalissimus wußte, daß er dem Tropicana in Havanna nicht das Szepter entreißen konnte). Das Ehepaar Gittleman war beeindruckt von den grandiosen Installationen; Petán persönlich führte sie durch die Anlage und ließ sie der Probe des mexikanischen Balletts beiwohnen, das heute abend im Cabaret auftreten würde. Petán war kein schlechter Mensch, wenn man ein wenig bohrte; er konnte immer auf ihn und seine pittoreske Privatarmee, die cucuyos, zählen, seine »Leuchtkäfer aus den Bergen«, wenn er ihn brauchte. Aber genau wie seine anderen Brüder hatte er ihm mehr Schaden als Nutzen gebracht, seitdem er sich gezwungen gesehen hatte, seinetwegen, wegen dieses dummen Streits, einzugreifen und, um das Autoritätsprinzip zu wahren, General Vázquez Rivera zu liquidieren, diesen wunderbaren Riesen, der noch dazu sein Gefährte in der Offiziersschule in Haina gewesen war. Einer der besten Offiziere – ein marine, verdammt – , ein stets treuer Diener. Aber die Familie, auch wenn es eine Familie aus Schmarotzern, Taugenichtsen, Stümpern und armen Teufeln war, stand über der Freundschaft und dem politischen Interesse: das war ein heiliges Gebot in seinem Ehrenkodex. Während er
    weiter seinen eigenen Gedanken nachhing, hörte der Generalissimus mit halbem Ohr Simon Gittleman zu, der erzählte, wie überrascht er gewesen sei, als er die Photos der Kino-, Theaterund Rundfunkstars aus ganz Amerika gesehen habe, die zur Dominikanischen Stimme gekommen waren. Petán hatte sie an den Wänden seines Büros aufgehängt: Los Panchos, Libertad Lamarque, Pedro Vargas, Ima Súmac, Pedro Infante, Celia Cruz, Tona la Negra, Olga Guillot, Maria Luisa Landín, Boby Capó, das Komikerduo Tintán und Marcelo. Trujillo lächelte: Was Simon nicht wußte, war, daß Petán die Künstlerinnen nicht nur ins Land holte, um Schwung in das dominikanische Nachtleben zu bringen, sondern auch, um sie flachzulegen, wie er es mit allen unverheirateten oder verheirateten Frauen in seinem kleinen Imperium in Bonao tat. Dort ließ ihn der Generalissimus gewähren, wenn er nur in Ciudad Trujillo nicht über die Stränge schlug. Aber der verrückte Vogel von Petán trieb es bisweilen auch in der Hauptstadt, überzeugt, daß die von der Dominikanischen Stimme engagierten Künstlerinnen verpflichtet waren, mit ihm ins Bett zu gehen, wenn ihm danach war. Es gelang ihm einige Male; andere Male kam es zu Skandalen, und er – immer er – mußte den Brand löschen und den Künstlerinnen, die der dumme Schürzenjäger Petán, der sich gegenüber Damen nicht zu benehmen wußte, beleidigt hatte, millionenteure Geschenke machen. Da war zum Beispiel Ima Súmac, eine Inka-Prinzessin, wenn auch mit nordamerikanischem Paß. Bei ihr trieb Petán

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