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Das Fest des Ziegenbocks

Das Fest des Ziegenbocks

Titel: Das Fest des Ziegenbocks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
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Fahrbahn freigegeben hätte. Wo war verdammtnochmal der Oldsmobile mit Pedro Livio und Huáscar? Wo sein Mercury mit Fifí Pastoriza? Schließlich wich das Auto Trujillos nach rechts aus. Es ließ ihnen genug Platz. »Näher, fahr näher ran«, flehte Antonio de la Maza hysterisch.
    Tony Imbert gab Gas, und in wenigen Sekunden waren sie auf der Höhe des Chevrolet Bel Air. Auch der Vorhang auf der Seite war zugezogen, so daß Salvador Trujillo nicht sah, wohl aber, ganz deutlich, hinter dem Vorderfenster das kräftige, ungeschlachte Gesicht des berühmten Zacarías de la Cruz genau in dem Augenblick, da sein Trommelfell beim Krachen der von Antonio und dem Leutant gleichzeitig abgefeuerten Salven platzen zu wollen schien. Die Fahrzeuge fuhren so dicht nebeneinander, daß sie alle von den Splittern getroffen wurden und Salvador in seinem Gesicht kleine Stiche spürte, als beim anderen Wagen das Glas des hinteren Fensters zerbarst. Wie in einer Halluzination konnte er sehen, daß Zacarías eine seltsame Kopfbewegung machte, und eine Sekunde später feuerte auch er über die Schulter Amaditos hinweg. Es dauerte nur wenige Sekunden, denn jetzt – das Kreischen der Reifen machte ihm Gänsehaut – blieb das Auto Trujillos zurück, nachdem es jäh gebremst hatte. Als er den Kopf wandte, sah er durch das Rückfenster, daß der Chevrolet Bei Air im Zickzack fuhr, als würde er sich überschlagen, bevor er zum Stillstand kam. Er machte nicht kehrt, er versuchte nicht, zu entkommen. »Halt an, halt an, verfluchtnochmal«, brüllte Antonio de la Maza. »Fahr zurück!«
    Tony wußte, was er tat. Er hatte jäh gebremst, fast im gleichen Augenblick wie das von Kugeln durchlöcherte Auto Trujillos, aber er nahm den Fuß von der Bremse, weil das heftig schleudernde Fahrzeug sich zu überschlagen drohte, und bremste dann erneut ab, bis der Chevrolet Biscayne zum Stehen kam. Ohne eine Sekunde zu verlieren, manövrierte er, wendete in die Gegenrichtung – es kam kein Fahrzeug – und fuhr jetzt auf Trujillos Auto zu, das absurderweise auf der Fahrbahn parkte, als wartete es auf sie, mit brennenden Scheinwerfern, weniger als hundert Meter entfernt. Als sie die Hälfte der Strecke zurückgelegt hatten, erloschen die Scheinwerfer des stehenden Autos, aber der Türke konnte es noch immer sehen: da war es, angeleuchtet vom Fernlicht Tony Imberts. »Kopf runter, duckt euch«, sagte Amadito. »Sie schießen auf uns.«
    Das Glas der Fensterscheibe zu seiner Linken zerbarst. Salvador spürte Nadelstiche im Gesicht und am Hals und wurde
    durch das scharfe Bremsen nach vorne geschleudert. Der Chevrolet Biscayne kreischte, fuhr im Zickzack, neigte sich auf die Seite, bevor er zum Stehen kam. Imbert schaltete die Scheinwerfer aus. Alles tauchte ins Dunkel. Salvador hörte Schüsse im Umkreis. In welchem Augenblick waren er, Amadito, Tony und Antonio auf die Fahrbahn gesprungen? Alle vier waren sie draußen, suchten Deckung hinter den Kotflügeln und offenen Türen und schössen in die Richtung, in der sich das Auto Trujillos befand, befinden mußte. Wer schoß auf sie? War noch jemand beim Ziegenbock, außer dem Chauffeur? Denn, kein Zweifel, man schoß auf sie, die Kugeln pfiffen um sie herum, durchschlugen mit metallischem Geräusch das Blech des Chevrolets und verletzten einen seiner Freunde. »Türke, Amadito, gebt uns Deckung«, befahl Antonio de la Maza. »Wir werden ihm den Rest geben, Tony.« Fast im gleichen Augenblick – seine Augen begannen die Umrisse und Silhouetten im schwachen, bläulichen Licht zu erkennen – sah Salvador die beiden Gestalten geduckt auf Trujillos Auto zurennen.
    »Nicht schießen, Türke«, sagte Amadito; er zielte mit seinem Gewehr, ein Knie auf dem Boden. »Wir können sie treffen. Halt die Augen auf. Nicht, daß er uns entwischt.« Fünf, acht, zehn Sekunden lang herrschte absolute Stille. Salvador bemerkte, daß auf der Fahrbahn rechts von ihm wie in einer gespenstischen Erscheinung zwei Fahrzeuge in vollem Tempo in Richtung Ciudad Trujillo vorbeifuhren. Einen Augenblick darauf krachten abermals Gewehr- und Revolverschüsse. Es dauerte wenige Sekunden. Dann füllte Antonio de la Mazas laute Stimme die Nacht: »Er ist tot, verdammt!«
    Salvador und Amadito rannten los. Sekunden später blieb Salvador stehen, reckte den Kopf über die Schultern von Tony Imbert und Antonio, die, der eine mit einem Feuerzeug und der andere mit Streichhölzern, den blutüberströmten Körper examinierten, der in olivgrüner

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