Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Fest des Ziegenbocks

Das Fest des Ziegenbocks

Titel: Das Fest des Ziegenbocks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
Vom Netzwerk:
an die Tür und bat um Erlaubnis, eintreten zu dürfen. Balaguer warf dem Generalissimus einen fragenden Blick zu, und dieser erteilte sie. Der Sekretär – taillierter Anzug, schmaler Lippenbart, pomadisiertes Haar brachte ein Memorandum, das von fünfhundertsechsundsiebzig angesehenen Bürgern der Ortschaft San Juan de la Maguana unterzeichnet war, »um die Rückkehr des verräterischen Bischofs Monsignore Reilly in diese Diözese zu verhindern«. Eine Kommission unter dem Vorsitz des Bürgermeisters und des örtlichen Vorsitzenden der Dominikanischen Partei wollte es dem Präsidenten überreichen. Würde er sie empfangen? Er fragte erneut mit dem Blick, und der Wohltäter nickte.
    »Sie mögen die Güte haben, zu warten«, erklärte Balaguer. »Ich werde diese Herrschaften empfangen, wenn meine Besprechung mit Seiner Exzellenz beendet ist.« Ob Balaguer so katholisch war, wie behauptet wurde? Es waren zahllose Witze über sein Junggesellenleben und über die fromme, gesammelte Art im Umlauf, die er bei Gottesdiensten, feierlichen Messen und Prozessionen an den Tag legte; er hatte gesehen, wie er mit gefalteten Händen und gesenktem Blick zum Abendmahl herantrat. Als das Haus gebaut wurde, in dem er mit seinen Schwestern in der Máximo Gómez, neben der Nuntiatur, lebte, ließ Trujillo den Lebenden Dreck einen Brief im Öffendichen Forum veröffentlichen, in dem er über diese Nachbarschaft lästerte und sich fragte, welche Kumpaneien der kleine Doktor wohl mit dem Gesandten Seiner Heiligkeit im Sinn habe. Wegen seines Rufs als Betbruder und seiner ausgezeichneten Beziehungen zur Geistlichkeit übertrug er ihm die Aufgabe, die Politik des Regimes gegenüber der katholischen Kirche zu konzipieren. Er tat das sehr gut; bis zum Sonntag, dem 25 .Januar 1960, dem Tag, an dem der Hirtenbrief dieser Idioten in den Pfarrkirchen verlesen wurde, war die Kirche eine verläßliche Verbündete gewesen. Das Konkordat zwischen der Dominikanischen Republik und dem Vatikan, das Balaguer aushandelte und Trujillo 1954 in Rom unterzeichnete, erwies sich für sein Regime und seine Person als grandioser Ritterschlag in der katholischen Welt. Zweifellos litt der Dichter und Rechtsgelehrte unter dieser Konfrontation zwischen der Regierung und den Pfaffen, die nun schon anderthalb Jahre dauerte. Ob er so katholisch war? Er hatte das gute Verhältnis des Regimes zu den Bischöfen, Pfarrern sowie zum Vatikan immer mit pragmatischen und politischen, nie mit religiösen Gründen gerechtfertigt: Der Konsens der katholischen Kirche legitimiere die Handlungen des Regimes vor dem dominikanischen Volk. Trujillo dürfe nicht das gleiche widerfahren wie
    Perón, dessen Regierung zu wanken begann, als die Kirche sie ins Visier nahm. Hatte er recht? Würde die Feindseligkeit dieser soutanetragenden Eunuchen Trujillo den Garaus machen? Eher würden Panal und Reilly die Haie an der Klippe mästen.
    »Ich werde Ihnen etwas sagen, was Ihnen gefallen wird, Präsident«, sagte er plötzlich. »Ich habe keine Zeit, um den Blödsinn zu lesen, den die Intellektuellen schreiben. Die Gedichte, die Romane. Die Angelegenheiten des Staates nehmen mich zu sehr in Anspruch. Von Marrero Aristy habe ich nie etwas gelesen, obwohl er so viele Jahre mit mir zusammengearbeitet hat. Weder Over noch die Artikel über mich, noch die Dominikanische Geschichte. Ich habe auch die Hunderte von Büchern nicht gelesen, die Dichter, Dramatiker und Romanciers mir gewidmet haben. Nicht einmal die Albernheiten meiner Frau habe ich gelesen. Ich habe keine Zeit dafür, auch nicht, um Filme anzusehen, Musik zu hören, ins Ballett oder zum Hahnenkampf zu gehen. Außerdem habe ich den Künstlern nie getraut. Sie haben kein Rückgrat, kein Ehrgefühl, sie neigen zu Verrat und sind liebedienerisch. Auch Ihre Verse und Aufsätze habe ich nicht gelesen. In Ihrem Buch über Duarte, Der Christus der Freiheit, das Sie mir mit einer so wohlwollenden Widmung geschickt haben, habe ich nur ein wenig geblättert. Aber es gibt eine Ausnahme. Eine Rede von Ihnen vor sieben Jahren. Die Rede, die Sie in der Kunstakademie gehalten haben, als Sie in die Akademie für Sprache aufgenommen wurden. Erinnern Sie sich an sie?«
    Der kleine Mann war noch röter geworden. Er leuchtete vor
Erregung, voll unbeschreiblicher Freude:
»Gott und Trujillo: eine realistische Deutung«, murmelte er
und senkte die Augenlider.
    »Ich habe sie viele Male wiedergelesen.« Die affektierte
    dünne Stimme des Wohltäters klang

Weitere Kostenlose Bücher