Das Fest des Ziegenbocks
brachten und eine habgierige Menschenmenge unter den spöttischen oder gleichmütigen Blicken der Polizei das Haus zu plündern begann und nach allem griff, was nicht schon von den caliés geraubt worden war, ein Haus, das sie nach der Plünderung zerstören, einreißen, in Brand stecken, dem Erdboden gleichmachen würden, bis in der Abenddämmerung nichts mehr von ihm übrigbliebe als Asche und verkohlte Trümmer.
XVIII
Als einer der Militäradjutanten Luis Rodríguez, den Chauffeur von Manuel Alfonso, hereinführte, erhob sich der Generalissimus, um ihn zu empfangen, was er selbst bei den wichtigsten Personen nicht zu tun pflegte. »Wie geht es dem Botschafter?« fragte er ihn erwartungsvoll.
»Nicht besonders gut, Chef.« Der Chauffeur machte ein betrübtes Gesicht und faßte sich an den Hals. »Große Schmerzen wieder. Heute morgen ließ er mich den Arzt holen, damit er ihm eine Spritze gab.« Armer Manuel. Es war verdammtnochmal nicht gerecht, daß jemand, der sein Leben der Aufgabe gewidmet hatte, seinen Körper zu pflegen, schön und elegant zu sein, dem verfluchten Gesetz der Natur zu widerstehen, dem zufolge alles häßlich werden mußte, dort getroffen wurde, wo es ihn bestimmt am meisten demütigte: in seinem Gesicht, das Leben, Schönheit, Gesundheit geatmet hatte. Besser, er wäre nicht mehr aus der Narkose erwacht. Als der Wohltäter ihn bei seiner Rückkehr nach Ciudad Trujillo sah, nach der Operation in der Mayo-Klinik, bekam er feuchte Augen. Was war er für ein Wrack geworden. Und man verstand ihn kaum, jetzt, da sie ihm die halbe Zunge entfernt hatten.
»Grüß ihn von mir.« Der Generalissimus maß Luis Rodríguez mit einem prüfenden Blick; dunkler Anzug, weißes Hemd, blaue Krawatte, blankpolierte Schuhe: der schmuckste Neger der Dominikanischen Republik. »Was gibt es Neues?«
»Nur Gutes, Chef.« Die großen Augen von Luis Rodríguez
funkelten. »Ich habe das Mädchen gefunden, es gab kein
Problem. Wann Sie wollen.«
»Sicher, daß es dasselbe ist?«
Das große braune Gesicht mit Narben und Schnurrbart nickte mehrmals.
»Absolut sicher. Das Mädchen, das am Montag im Namen der Jugend von San Cristóbal die Blumen überreicht hat. Yolanda Esterei. Siebzehn Jahre. Hier ist ihr Photo.« Es war die Photographie eines Schulausweises, aber Trujillo erkannte die verträumten Augen, den Mund mit den fleischigen Lippen und das offene Haar, das ihr bis auf die Schultern reichte. Das Mädchen war an der Spitze der Schüler mit einer großen Photographie des Generalissimus an der Tribüne vorbeidefiliert, die man im Hauptpark von San Cristóbal errichtet hatte, und dann auf das Podest gestiegen, um ihm einen in Cellophan gehüllten Strauß Rosen und Hortensien zu überreichen. Er erinnerte sich an den voll entwickelten Körper, die kleinen, festen Brüste, die sich unter der Bluse abzeichneten, die vorspringenden Hüften. Ein Kitzeln in den Hoden verbesserte seine Laune. »Bring sie ins Mahagonihaus, so etwa um zehn«, sagte er und unterdrückte sogleich das Phantasieren, das ihm die Zeit stahl. »Meine besten Grüße an Manuel. Er soll sich pflegen.«
»Ja, Chef, ich werde es ihm ausrichten. Ich werde sie kurz vor zehn hinbringen.«
Er entfernte sich unter Verbeugungen. Der Generalissimus rief von einem der sechs Telefone seines Schreibtischs den Wachhabenden im Mahagonihaus an, damit Benita Sepúlveda die Räume mit Anisduft und frischen Blumen füllte. (Es war eine unnötige Vorsichtsmaßnahme, denn die Verwalterin, die wußte, daß er jeden Augenblick dort erscheinen konnte, hielt das Mahagonihaus immer auf Hochglanz poliert, aber er unterließ es nie, ihr Bescheid zu geben.) Er befahl den Militäradjutanten, den Chevrolet bereitzuhalten und seinen Chauffeur, Begleiter und Leibwächter Zacarías de la Cruz zu rufen, denn heute abend würde er nach dem Spaziergang nach San Cristóbal fahren.
Die Aussicht entzückte ihn. War sie womöglich die Tochter jener Schuldirektorin in San Cristóbal, die ihm vor zehn Jahren ebenfalls während eines politischen Besuchs in seiner Heimatstadt ein Gedicht von Salomé Urena aufgesagt und ihn mit ihren depilierten Achseln, die sie beim Deklamieren sehen ließ, so erregt hatte, daß er den offiziellen Empfang zu seinen Ehren gleich nach Beginn verließ und sie mit sich ins Mahagonihaus nahm? Terencia Esterei? So hieß sie. Er spürte eine weitere Welle von Erregung bei der Vorstellung, daß Yolanda die Tochter oder die jüngere Schwester dieser kleinen
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