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Das Fest des Ziegenbocks

Das Fest des Ziegenbocks

Titel: Das Fest des Ziegenbocks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
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er langsam: »Ich spreche als Präsident der Republik zu Ihnen, Herr General. Ich wende mich an den Befehlshaber von San Isidro und auch an den Lieblingsneffen Seiner Exzellenz. Ich erspare Ihnen die Präliminarien im Hinblick auf den Ernst der Situation. Irgendein Untergebener, vielleicht Oberst Abbes García, hat in einem Akt grober Verantwortungslosigkeit Bischof Reilly festnehmen lassen und ihn zu diesem Zweck mit Gewalt aus der SantoDomingo-Schule geholt. Vor mir sitzen die Vertreter der Vereinigten Staaten, Großbritanniens und des Vatikans. Wenn Monsignore Reilly, der nordamerikanischer Staatsbürger ist, etwas zustößt, kann das katastrophale Folgen für das Land haben. Bis hin zu einer Landung der Marineinfanterie. Ich brauche Ihnen nicht zu sagen, was das für unser Vaterland bedeuten würde. Im Namen des Generalissimus, Ihres Onkels, fordere ich Sie auf, eine geschichtliche Tragödie zu verhindern.« Er wartete auf die Reaktion von General Virgilio García Trujillo. Das nervöse Keuchen verriet Unsicherheit. »Es war nicht meine Idee, Doktor«, hörte er ihn schließlich murmeln. »Man hat mich nicht einmal über die Angelegenheit informiert.«
    »Das weiß ich sehr wohl, General Trujillo«, kam Balaguer ihm zu Hilfe. »Sie sind ein vernünftiger und verantwortlicher Offizier. Sie würden niemals eine solche Wahnsinnstat begehen. Befindet sich Monsignore Reilly in San Isidro? Oder hat man ihn in die Cuarenta gebracht?« Es folgte ein langes, feindseliges Schweigen. Er fürchtete das Schlimmste.
    »Lebt Monsignore Reilly?« beharrte Balaguer. »Er befindet sich in einem Nebenkomplex des Stützpunktes San Isidro, zwei Kilometer von hier, Doktor. Der Kommandant, Rodríguez Méndez, hat nicht zugelassen, daß man ihn umbringt. Er hat mich soeben informiert.« Der Präsident schlug einen sanften Ton an: »Ich bitte Sie, persönlich, als mein Abgesandter, vorstellig zu werden und Monsignore zu befreien. Ihn im Namen der Regierung um Entschuldigung für den Irrtum zu bitten. Dann bringen Sie den Bischof zu mir, in mein Amtszimmer. Heil und unversehrt. Es ist eine Bitte an den Freund und auch ein Befehl des Präsidenten der Republik. Ich habe volles Vertrauen zu Ihnen.«
    Die drei Besucher schauten ihn verwirrt an. Er erhob sich und ging auf sie zu. Er begleitete sie zur Tür. Als er ihnen die Hand drückte, murmelte er:
    »Ich bin nicht sicher, daß man mir gehorcht, meine Herren. Aber Sie sehen ja, ich tue, was ich kann, damit die Vernunft die Oberhand behält.«
    »Was wird geschehen, Herr Präsident?« fragte der Konsul. »Werden die Trujillo-Leute Ihre Autorität akzeptieren?« »Das wird weitgehend von den Vereinigten Staaten abhängen, mein Freund. Ehrlich gesagt, ich weiß es nicht. Und jetzt entschuldigen Sie mich, meine Herren.« Er kehrte in den Raum zurück, in dem sich die Familie Trujillo befand. Es waren noch mehr Leute gekommen. Oberst Abbes García erklärte, daß einer der Mörder, dessen man in der Internationalen Klinik habhaft geworden war, drei Komplizen verraten hatte: den pensionierten General Juan Tomás Díaz, Antonio Imbert und Luis Amiama. Zweifellos gab es noch viele mehr. Unter denen, die ihm gespannt zuhörten, entdeckte er General Roman; sein Khakihemd war schweißnaß, sein Gesicht ebenfalls, und er umklammerte seine Maschinenpistole mit beiden Händen. In seinen Augen flackerte die Panik des Tieres, das sich verloren weiß. Die Dinge waren nicht gut für ihn gelaufen, das war offensichtlich. Der fette Chef des SIM versicherte mit seiner dünnen, mißtönenden Stimme, daß die Verschwörung den Aussagen des Ex-Militärs Pedro Livio Ce-deno zufolge keine Verzweigungen in den Streitkräften habe. Während er ihm zuhörte, sagte er sich, daß die Stunde gekommen sei, Abbes García, der ihn haßte, die Stirn zu bieten. Er selbst hatte nur Verachtung für ihn übrig. In Augenblicken wie diesem setzten sich gewöhnlich leider nicht die Ideen, sondern die Pistolen durch. Er bat Gott, an den er zuweilen glaubte, er möge auf seiner Seite sein. Oberst Abbes García startete den ersten Angriff. Angesichts des Vakuums, das durch das Attentat entstanden sei, müsse Balaguer zurücktreten, damit jemand von der Familie die Präsidentschaft übernehmen könne. Petán, unbeherrscht und ungeschlacht wie immer, schloß sich ihm an: »Ja, er soll zurücktreten.« Er hörte zu, still, die Hände über dem Bauch gefaltet, wie ein friedlicher Pfarrer. Als die Blicke sich ihm zuwandten, nickte er

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