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Das Fest des Ziegenbocks

Das Fest des Ziegenbocks

Titel: Das Fest des Ziegenbocks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
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versinken. Wir werden abermals, wie vor 1930, mit Haiti um den Platz der ärmsten und gewalttätigsten Nation der westlichen Hemisphäre wetteifern.«
    Während der ganzen Zeit, in der er sprach, unterbrach Ram-fis ihn nicht ein einziges Mal. Hörte er ihm zu? Weder nickte er, noch schüttelte er den Kopf; seine Augen, die er starr auf ihn gerichtet hielt, irrten zuweilen ab, und Dr. Balaguer sagte sich, daß die Krisen geistiger Umnachtung und tiefer Depression, die ihn in psychiatrische Kliniken in Frankreich und Belgien gebracht hatten, wahrscheinlich mit solchen Blicken begannen. Wenn Ramfis ihm aber zuhörte, dann würde er seine Argumente abwägen. Denn obwohl er ein Trinker, ein Lebemann ohne politische Neigungen und staatsbürgerliche Interessen war, ein Mann, dessen Empfindungsvermögen sich in den Gefühlen zu erschöpfen schien, die Frauen, Pferde, Flugzeuge und Alkohol ihm einflößten, und der genauso grausam sein konnte wie sein Vater, wußte Balaguer, daß er intelligent war. Wahrscheinlich der einzige dieser Familie mit einem Kopf, der imstande war, über seine Nase, seinen Bauchnabel und seinen Phallus hinauszusehen. Er besaß einen raschen, scharfen Verstand, der, wäre er kultiviert worden, ausgezeichnete Früchte hätte tragen können. An diese Intelligenz wandte sich sein kühnes Räsonnement. Er war überzeugt, daß ihm nur noch diese Karte blieb, wenn er von den Herren der Pistolen nicht wie ein unbrauchbares Stück Papier hinweggefegt werden wollte. Als er verstummte, war General Ramfis noch blasser als in dem Augenblick, da er den Leichnam seines Vaters betrachtet hatte.
    »Sie könnten Ihr Leben schon wegen der Hälfte der Dinge verlieren, die Sie mir gesagt haben, Dr. Balaguer.« »Ich weiß, Herr General. Die Situation ließ mir keine andere Wahl, als aufrichtig mit Ihnen zu sprechen. Ich habe Ihnen die
    einzige Politik aufgezeigt, die ich für möglich halte. Wenn Sie eine andere sehen, herzlichen Glückwunsch. Ich habe meine Rücktrittserklärung fertig hier in dieser Schublade. Soll ich sie dem Kongreß präsentieren?« Ramfis verneinte mit dem Kopf. Er holte Luft und erklärte nach einer kurzen Pause mit seiner wohlklingenden Radiosprecherstimme:
    »Ich bin schon vor einiger Zeit auf anderen Wegen zu ähnlichen Schlüssen gelangt.« Er machte eine resignierte Bewegung mit den Schultern. »Es stimmt, ich glaube nicht, daß es eine andere Politik gibt. Um den marines und den Kommunisten zu entgehen, damit die OAS und Washington die Sanktionen aufheben. Ich akzeptiere Ihren Plan. Allerdings müssen Sie jeden Schritt, jede Maßnahme, jede Vereinbarung mit mir besprechen und von mir absegnen lassen. Der militärische Oberbefehl und die Sicherheit sind meine Angelegenheit. Ich akzeptiere keinerlei Einmischung, nicht von Ihrer Seite, nicht von selten ziviler Beamter, nicht von Seiten der Yankees. Niemand, der direkt oder indirekt an Papis Ermordung beteiligt ist, wird der Strafe entgehen.« Dr. Balaguer erhob sich.
    »Ich weiß, daß Sie ihn sehr geliebt haben«, sagte er feierlich. »Es spricht für Ihre Sohnesgefühle, daß Sie dieses entsetzliche Verbrechen rächen wollen. Niemand, und ich am allerwenigsten, wird Sie in Ihrem Bemühen behindern, der Gerechtigkeit zum Sieg zu verhelfen. Das ist auch mein glühendster Wünsch.«
    Als er sich von Trujillos Sohn verabschiedet hatte, trank er in kleinen Schlucken ein Glas Wasser. Sein Herz fand zu seinem Rhythmus zurück. Er hatte sein Leben aufs Spiel gesetzt, aber er hatte das Spiel gewonnen. Jetzt mußte das Vereinbarte umgesetzt werden. Er begann damit beim Begräbnis des Wohltäters, in der Kirche von San Cristóbal. Seine Trauerrede voll bewegender Lobesworte für den Generalissimus, wenngleich durchsetzt mit sibyllinischen kritischen Anmerkungen, trieb einigen ahnungslosen Höflingen Tränen in die Augen, verstörte andere, veranlaßte manche, die Augenbrauen zu heben, und stürzte viele in Verwirrung, brachte ihm jedoch die Glückwünsche des Diplomatischen Korps ein. »Die Dinge beginnen sich zu ändern, Herr Präsident«, äußerte sich wohlwollend der neue Konsul der Vereinigten Staaten, der gerade auf der Insel eingetroffen war. Am nächsten Tag bestellte Dr. Balaguer dringend Oberst Abbes García zu sich. Kaum sah er ihn, das gedunsene Gesicht von Besorgnis gezeichnet – er trocknete sich den Schweiß mit seinem ewigen rotenTaschentuch –, sagte er sich, daß der Chef des SIM genau wußte, warum er da war. »Haben Sie mich

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