Das Fest des Ziegenbocks
Juan Tomás Díaz hat ebenfalls mit Leuten des Konsuls Dearborn gesprochen. Sie werden uns Waffen und Sprengstoff liefern. Wir haben das Wort von militärischen Befehlshabern. Du und Tony, ihr müßt euch mit uns zusammentun.«
»Wir sind drei«, sagte der Türke schließlich. »Amadito García Guerrero gehört seit einigen Tagen zur Gruppe.« Es war eine Versöhnung mit Einschränkungen. Sie hatten sich nicht wieder ernsthaft gestritten in diesen Monaten, während der Plan zur Ermordung Trujillos geschmiedet, verworfen, neu geschmiedet wurde und jeden Monat, jede Woche, jeden Tag durch das unentschlossene Hin und Her der Yankees Form und Zeitpunkt änderte. Das zu Beginn von der Botschaft versprochene Flugzeug mit Waffen reduzierte sich am Ende auf die drei Gewehre, die ihm sein Freund Lorenzo Berry, Besitzer des Supermarkts Wimpy’s, von dem sich zu seiner Überraschung herausstellte, daß er der Mann des CIA in Ciudad Trujillo war, erst vor kurzem übergeben hatte. Trotz der freundschaftlichen Treffen, deren einziges Thema der sich ständig verändernde Plan war, gab es zwischen ihnen nicht mehr den früheren brüderlichen Ton, die Scherze, die Vertraulichkeiten, dieses Geflecht von Komplizenschaft, das – wie Antonio wußte – sehr wohl zwischen dem Türken, Imbert und Amadito existierte und von dem er seit dem Streit ausgeschlossen war. Noch ein Unglück mehr, für das der Ziegenbock bezahlen mußte: der endgültige Verlust dieses Freundes.
Seine drei Gefährten im Auto und die drei anderen, die weiter vorne postiert waren, wußten von allen Beteiligten vielleicht am wenigsten über die Verschwörung. Es war möglich, daß sie einen Verdacht in bezug auf andere Komplizen hegten, aber wenn etwas schiefging, wenn sie Johnny Abbes García in die Hände fielen und die caliés sie zur Cuarenta bringen und den bekannten Foltermethoden unterwerfen würden, konnten weder der Türke noch Imbert, noch Amadito, noch Huáscar, noch Pastoriza, noch Pedro Livio viele Leute mit hineinziehen. General Juan Tomás Díaz, Luis AmiamaTió und zwei oder drei andere. Sie wußten so gut wie nichts über die anderen, zu denen hochgestellte Personen der Regierung gehörten, zum Beispiel Pupo Roman – Oberkommandierender der Streitkräfte und zweiter Mann des Regimes. Auch nicht über die Unzahl von Ministern, Senatoren, zivilen Beamten und hochrangigen Militärs, die über die Pläne informiert, an ihrer Vorbereitung beteiligt waren oder sie auf indirektem Weg erfahren hatten und über Mittelspersonen hatten wissen oder erkennen oder erahnen lassen (wie zum Beispiel Balaguer selbst, theoretisch der Präsident der Republik), daß sie nach der Beseitigung des Ziegenbocks bereit wären, an der Liquidierung des Bodensatzes des Trujillismus, am politischen Wiederaufbau, an der Öffnung, an der militärisch-zivilen Junta mitzuwirken, die mit Unterstützung der Vereinigten Staaten die Ordnung garantieren, den Kommunisten den Weg versperren und zu Wahlen aufrufen würde. Wäre die Dominikanische Republik dann endlich ein normales Land mit einer gewählten Regierung, freier Presse, einer Rechtsprechung, die diesen Namen verdiente? Antonio seufzte. Er hatte so sehr dafür gearbeitet, doch er konnte es nicht glauben. Er war in Wahrheit der einzige, der dieses ganze Spinnennetz aus Namen und Komplizenschaften wie seine eigene Westentasche kannte. Bei den zahllosen geheimen Gesprächen, die die Gruppe an den Rand der Verzweiflung trieben, weil das errichtete Gebäude immer wieder zusammenstürzte und sie es aus dem Nichts neu aufbauen mußten, hatte er sich denn auch oft so gefühlt: wie eine Spinne im Herzen eines Labyrinths von Fäden, die er selbst gesponnen hatte und in denen eine Unmenge einander völlig unbekannter Personen gefangen war. Er war der einzige, der alle kannte. Nur er wußte, wie weit das Engagement eines jeden ging. Und es waren so viele! Nicht einmal er konnte sich in diesem Augenblick erinnern, wie viele es waren. Wenn man bedachte, wie dieses Land, wie die Dominikaner beschaffen waren, dann grenzte es an ein Wunder, daß es keinen Verrat gegeben hatte, der das Komplott hatte auffliegen lassen. Vielleicht war Gott auf ihrer Seite, wie Salvador glaubte. Die Vorsichtsmaßnahmen – die Tatsache, daß alle anderen sehr wenig wußten, vom letzten Ziel abgesehen, aber die Art und Weise, die Umstände, den Zeitpunkt nicht kannten – hatten funktioniert. Nicht mehr als drei oder vier Personen wußten, daß sie sieben heute
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