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Das Festmahl des John Saturnall

Das Festmahl des John Saturnall

Titel: Das Festmahl des John Saturnall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Norfolk
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hervor.
    Unter den staunenden Blicken der Köche trat der Gutsherr des Tals von Buckland in die Küche, den Blick bis in die fernsten Winkel gerichtet, um niemanden zu übersehen. Vor dem großen Kupferkessel blieb er stehen.
    »Sir Philemon bringt beunruhigende Neuigkeiten«, verkündete der schwarzgekleidete Mann. »Der König hat seine Streitmacht aufgestellt. Es wird keine Hochzeit geben. Es herrscht Krieg.«

Aus Das Buch des John Saturnall : Ein Gericht für jene Bedauernswerten , so auf dem Schlachtfeld von Naseby ihr Leben gelassen.
    ie Engel im Himmel kosten Manna, wie uns die Kirchenoberen kundtun. Die Götter auf dem Olymp taten sich gütlich an Nektar und Ambrosia. Hades führte Kore zu seinem Palast im Tartaros hinab und ließ ihr ein Festmahl ausrichten, um sie zu verlocken, doch wie dessen Gerichte beschaffen waren, weiß ich nicht zu sagen. Die Toten sind keine mäkeligen Esser, und es bleibt der Einbildungskraft des Koches vorbehalten, sich ihre Gelüste auszumalen.
    Ein Soldat hingegen isst, was ihm unter die Finger kommt. Seine Küche ist der Wegrain, und sein sicherstes Bett ist ein Dornendickicht. Man sammle daher in den Hecken, was man findet, und tue desgleichen als Fallensteller in den Wäldern, und wenn das Glück einem so hold ist, dass man ein fettes Kaninchen fängt, dann folge man diesen Anweisungen, wie sie mir vor vielen Jahren ein alter Landfahrer zuteil hat werden lassen.
    Zuerst enthäute man das Tier und nehme es aus. Dann stecke man es auf einen Haselstecken, den man in der Hitze dreht und wendet, die von dem Feuer emporsteigt, denn dieses Holzes wundergleiche Eigenart macht, dass
die spärlichen Säfte des Kaninchens das magere Fleisch benetzen, das eng an den Knochen liegt. Man nehme auch Rosmarinzweiglein, so einem dies behagt, und stecke sie in das Fleisch, um dieses mit dem Öl des Würzkrautes zu versüßen. Wenn ein Dolchstich in die dickste Stelle des Oberschenkels klaren Bratensaft herausrinnen lässt, ist das Fleisch gegart ...

    DER RAUCH STIEG IN EINER dicken weißen Säule auf, deren schwere Krone sich erst ausbreitete und dann einsackte, als wollte sie alles unter sich begraben. Mit tränenden Augen sah John gespenstische Gestalten wie geblendet durch die beißende Rauchwolke stolpern, hustend, keuchend und um Luft ringend. Das Klirren von Eisen gegen Eisen dröhnte ihm in den Ohren. Unversehens stand jemand vor ihm. Eine schwarze Eisenstange war zu sehen, das obere Ende spitz und gekrümmt. Als John sich wegduckte, schlug das Eisen in das Feuer, und ein Funkenregen sprühte zischend in die Luft. Eine zornige Stimme übertönte den Lärm.
    »Wer war das?«, fragte Philip streng. »Welcher Sumpfkopf hat grünes Holz in das Feuer geworfen?«
    Das neueste Lager der Küchenbrigade von Buckland war eine Scheune ohne Dach auf einer Anhöhe mit Blick auf das Tal darunter. Die Truppen der Armee des Königs sammelten sich auf den Feldern und Wiesen ringsum an ihren Feuern. Der Geruch von Rauch und Latrinen wehte den flachen Abhang hinauf. John rieb sich die tränenden Augen und sah zu, wie Philip den qualmenden Ast mit seiner Pike einfing, ihn aus dem Feuer holte und über den Lehmboden schleifte. Adam Lockyer, dessen Gesicht mit Ruß und Schmutz verschmiert war, hielt die Tür auf.
    Der Gutsherr des Tals von Buckland war mit der Standarte der Fremantle aufgebrochen; Fackel und Axt hatten über seinem Kopf geflattert.
    »Zum Nachtmahl seid ihr wieder hier«, hatte Mister Bunce unbeirrt zu John und Philip gesagt, als sie sich auf den Weg machten. »Denkt
immer daran, dass ihr Köche seid. Folgt eurer Nase. Das wird euch mit heiler Haut zurückbringen.«
    In jedem Dorf hatten sich Frauen und Kinder an den Fenstern gedrängt oder aus den Türen gewinkt. Bei jedem Halt waren Männer zur Musterung angetreten, hatten Sensen und Knüppel geschwenkt. Nun waren sie mit Piken ausgestattet und schossen mit Musketen.
    Sie hatten alle neue Fertigkeiten erworben, dachte sich John. Sogar die Köche. Essbares aus den Hecken zu klauben, Kaninchen zu fangen, Brennholz zu finden und ein trockenes Plätzchen bei Regenschauern zu ergattern. Einer der Dragoner des Prinzen Moritz hatte John und Philip sogar das Reiten beigebracht; auf seinem Halbblut waren sie auf einer Wiese tüchtig durchgeschüttelt worden. Dieser Dragoner hatte sie auch eines Abends mitgenommen und durch einen Spalt in einer Scheunenwand spähen lassen; drinnen hatte ein derbes Weibsbild mit einer schwarzen Haarmähne von jedem

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