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Das Festmahl des John Saturnall

Das Festmahl des John Saturnall

Titel: Das Festmahl des John Saturnall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Norfolk
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hat er mit gleicher Tapferkeit gekämpft. Nun nimmt unser neuer und restituierter König seinen rechtmäßigen Platz auf dem Thron ein, und Sir William dient dem König aller Könige ...«
    Die Finger des Bischofs von Carrboro waren so dick wie eh und je, dachte John. Der Amethystring Seiner Lordschaft funkelte im Dämmer der schwarzdrapierten Kapelle, und seine Stimme ertönte von der neu errichteten Kanzel. In der Mitte der Kapelle ruhte Sir Williams Sarg auf dem Katafalk vor den schwarzgekleideten Trauernden.

    Die Ankunft des Sargs im Gutshaus hatte sich wie eine Einladung ausgewirkt. Hinter Lucretia in schwarzer Haube, schwarzem Schleier und schwarzem Umschlagtuch saßen die Suffords von Mere, die Rowles von Brodenham, Lady Musselbrooke von Charnley, Lord Fell, Lord Firbrough und der Marquis von Hertford. Hinter ihnen und unter den langen schwarzen Bannern, die von den Deckenbalken hingen, füllte das Gesinde Sir Williams die hölzernen Kirchenbänke.
    Der Bischof bedeutete ihnen, dass sie beten sollten. John kniete nieder und versuchte seine Gedanken auf Sir William zu konzentrieren; er erinnerte sich daran, wie Sir William am Tag der Hochzeit seiner Tochter in die Küche gekommen war. Nun näherte sich dieser Tag wieder.
    Von draußen war Pferdegetrappel zu vernehmen. Und gleich darauf wurde die Tür der Kapelle aufgestoßen. Fünf Männer marschierten das Kirchenschiff entlang; ihre Reitstiefel knallten auf die Steinfliesen, der Federschmuck der Hüte in ihren Händen bewegte sich auf und ab. Der Mann an der Spitze, sah John, ging mit eigenartigen Schritten; er setzte ein Bein vor das andere mit einem befremdlichen Wackeln, als wollte er Mist von seinem Stiefel abschütteln. Sie gingen bis zum Altar, knieten nieder und bekreuzigten sich. Dann drehte ihr Anführer sich um und verbeugte sich übertrieben vor Lucretia, wobei er seinen Reitumhang über die Schultern zurückwarf, sodass die schillernde Seide seines Obergewands und die kostbare Spitze seines Hemds sichtbar wurden.
    »Lady Lucretia«, verkündete Piers den Anwesenden mit hochmütigem Lächeln, »bitte verzeiht unser Säumen.«
    Seine Hängebacken waren feister geworden, dachte John. Sein Bauch war fülliger und sein Haar anders frisiert. Aber sein Mund verzog sich zu dem hämischen Lächeln des jungen Mannes, der ihn auf dem Schlachtfeld von Naseby seinem Schicksal überlassen hatte. Aus Betstühlen und Bänken war Gemurmel zu hören. Doch Lucretia nickte hinter ihrem Schleier nur unmerklich.
    »Mylady«, erklärte Piers unverzagt, »ich komme, um Anspruch auf Eure Hand zu erheben, mit Erlaubnis des verstorbenen Königs.« Er sah zum Bischof. »Mylord, ich bitte darum, dass die Aufgebote zu unserer
Verbindung in Carrboro öffentlich gemacht werden, und ich bitte Euch, sie hier zu verkünden ...«
    »Der hat’s aber mächtig eilig«, brummte Philip neben John.
    »Nachdem er sich ein Dutzend Jahre lang in Paris den Bauch vollgeschlagen hat«, fügte Adam auf Johns anderer Seite hinzu.
    John schwieg.
     
    Im Obergeschoss schritten Nachbarn und Höflinge, die sich wieder einfanden, die Flure entlang und verlangten, dass Quillers Servierdiener jedesmal die Mütze abnahmen, wenn sie ihnen begegneten, oder dass Mottes Gärtner sich vor ihnen verneigten, wenn sie im Rosengarten lustwandelten. Als Nächstes würden sie noch von den Schweinen im Stall den Hofknicks verlangen, lautete Mister Fanshawes Kommentar.
    Und wieder säumten Quillers Servierdiener die ganze Treppe und trugen Servierbretter hinauf und hinunter. Wieder ging das Frühstück in das Mittagsmahl über, das kaum beendet war, wenn es Zeit für die Abendmahlzeit wurde. John war froh über die Arbeit; er schlug mit der Schöpfkelle gegen den großen Kessel, um die Küchenjungen des Morgens auf Trab zu bringen und die gähnenden Köche zu ihren Aufgaben zu rufen. Er stürzte sich in die Arbeit in der Küche, setzte nur selten einen Fuß in den Hof, geschweige denn in das Gutshaus. Aber aus seinen Gedanken konnte er Lucretia nicht vertreiben.
    Sie weigere sich, Piers zu empfangen, erfuhr Philip von Gemma. Ein Rückfall in die Trauer um ihren Vater sei der Grund. Sie verließ ihre Räume nicht und ließ niemanden vor. Unterdessen saßen Piers und seine Kumpane bis tief in die Nacht im Sommersalon und zechten. Auf Kosten des Guts habe Piers sich ein neues Pferd gekauft, berichtete Mister Fanshawe. Und Händler aus Carrboro und Soughton kamen mit unbezahlten Rechnungen, wie Ben Martin

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