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Das Festmahl des John Saturnall

Das Festmahl des John Saturnall

Titel: Das Festmahl des John Saturnall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Norfolk
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, von der gewöhnlichsten bis zur edelsten, mit Namen Wildschwein à la Troyenne .
    ür jede Wiederherstellung muss eine Auflösung erduldet werden, wie jedes Ungemach neues Glück nach sich ziehen mag. Das Zerwürfnis in Eden gereichte dem Erdenrund zum Gewinn, denn es verstreute die Früchte des Paradieses in alle Himmelsrichtungen, und im Gegenzug wurde Adams Sorglosigkeit zu Faulheit erklärt, wie unsere unermüdlichen Geistlichen es sich angelegen sein ließen, und die Zuneigung seiner Ehefrau zu Lüsternheit. In diesen Tagen ist die Rückkehr des Königs ein vergoldetes Gedenken. Doch dieses Gold glänzte nicht für alle gleichermaßen ungetrübt.
    Wie ein niedriges Tier ein edles in sich verbergen kann, so können sich ebenso die Innereien eines vortrefflichen Geschöpfes als schädlich erweisen, welche Erfahrung die Trojaner mit dem Pferd machten, das die Griechen ihnen vor ihrer Stadt hinterließen. Solches mussten manche erfahren, als der Sohn des verstorbenen Königs zurückkam, denn einige hatten ihr Leid mehr verdient als andere. Doch alle zerteilten das Gericht und fanden darin ihre Belohnung, ob verdient oder nicht.

    Man nehme folgende geschlachtete Tiere, so viele, als man zusammenbringen kann: ein Wildschwein, ein Schaf, ein Ziegenkitz, ein Lamm, eine Gans, einen Kapaun, eine Ente, einen Fasan, ein Rebhuhn, eine Wachtel, einen Sperling und einen Feigenfresser.
    Man säubere und entbeine die Tiere. Man rupfe das Geflügel und nehme es aus, mit Ausnahme des Feigenfressers, den es nur zu rupfen gilt. Man fülle jedes der Tiere in das nächste, und man brate sie über Kohlen oder Holzscheiten, die nurmehr glühen. In alten Zeiten gab man Würste an die Stelle der Gedärme und verbarg lebende Singvögel im Inneren des Bratens, doch in unseren vernünftigeren Zeiten verschmäht man solchen Tand. Man drehe das Wildschwein unentwegt am Spieß, damit das Fleisch ohne Fehl gart. Zwei Tage und eine Nacht sind eine nützliche Zeitangabe. Dann fahre man mit einem Degen in das Fleisch und vergewissere sich, dass der Bratsaft kein Blut mehr enthält ...

    EINES VON CLOUGHS AUGEN wölbte sich vor wie ein Krötenauge. Das andere war hinter einer dunkelvioletten Schwellung verschwunden. In die Volksmenge eingezwängt, sah John, wie Ephraims aufgeplatzte und geschwollene Lippen sich bewegten, als er sein Gebet brabbelte. In Lumpen, den grindigen Schädel entblößt, stand er auf dem Schafott, das auf dem Marktplatz von Carrboro errichtet war, flankiert von zwei Männern mit feisten Wangen; einer der beiden streckte den Arm aus und zog das grobe Seil fester an, das Cloughs Hals umschlang.
    »Zieht ihn langsam hoch!«, rief jemand aus den vorderen Reihen der Gaffer den Henkern auf dem Schafott zu. »Lasst uns seine Zunge sehen!«
    Den Vormittag über hatte sich das Publikum langsam eingefunden, doch nun drängten sich Männer und Frauen auf dem Platz. Es war das fünfte Hängen in fünf Wochen, hatte John gehört. Er, Philip und Gemma hatten den Karren und seine Last unter Adams Obhut beim Gasthaus zurückgelassen. Auf Gemmas Verlangen hatten sie sich früh am Morgen hier eingefunden. Philip berührte sie am Arm.
    »Komm, Gemma. Genug gesehen.«
    Die junge Frau schüttelte den Kopf, den Blick unverwandt auf das Schafott gerichtet. Ein fleckiger Richtblock, auf den eine Handschelle genagelt war, wurde vor Ephraim abgestellt. Als er sein Gebet beendet hatte, schien der Anblick dieses Blocks ihn mit neuer Angst zu erfüllen.
    »Ich habe nie jemandem ein Haar gekrümmt«, rief er plötzlich. Aber seine Beteuerung erntete nur spöttisches Gelächter. Unterhalb des Schafotts
schärfte ein Mann eine Axt, und das Geräusch des Eisens auf dem Schleifstein übertönte das Lärmen der Menge.
    »Gemma, komm, wir gehen«, sagte Philip.
    »Nein.«
    Im selben Augenblick begannen die zwei Henker unter den Hochrufen der Menge das Seil anzuziehen. Langsam wurde Clough in die Höhe befördert.
    Die Nachricht vom Tod des Lordprotektors hatte Freudenfeiern zur Folge gehabt. Doch die Landung Seiner Majestät in Dover hatte eine rachsüchtigere Stimmung ausgelöst. In Soughton hatten der Gouverneur und seine Männer sich unverzüglich zu ihrer neuen Gefolgsamkeit bekannt. Einzig Marpots Miliz hatte sich dem neuen Regiment widersetzt. Wollte man dem Mercurius Bucklandicus Glauben schenken, waren Marpots Ehefrauen bereits auf dem Weg nach Virginia, während die meisten seiner Männer in den Kanälen der Tiefebene ertränkt worden waren. Marpot

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