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Das Festmahl des John Saturnall

Das Festmahl des John Saturnall

Titel: Das Festmahl des John Saturnall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Norfolk
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hinterher. Als ihre Stiefelabsätze die Sonnengalerie entlang klapperten, kehrte der nagende Hunger zurück. Lucretia stellte sich die Hände vor, die das Buch zuletzt gehalten hatten. Die Hände ihrer Mutter, die ihre Hände umfingen.

Aus Das Buch des John Saturnall: Eine Brühe aus Neunaugen und allen Fischen , die vor der Zeit Edens im Wasser schwammen.
    önige errichten ihre Statuen und Gottesmänner erbauen Kathedralen. Ein Koch hinterlässt kein Denkmal, es seien denn Krumen. Seine erlesensten Schöpfungen werden von Küchenjungen in den Ausguss gekratzt. Seine vollendetsten Gerichte sind für den Misthaufen bestimmt. Und so, wie diesen Gerichten ihr Ursprung gleichgültig ist, könnte heutigen Tages, das wage ich zu behaupten, nicht einer die Flüsse benennen, als da bewässerten die Gärten des Saturnus, noch die Fische zählen, als da schwammen in jenen Qanats und Jubs . Doch sie schwammen dort – Salme, Störe, Karpfen und Forellen –, und mit diesen Fischen mästeten sich Aale des Namens Neunauge oder Lamprete, welche Raubfische zuzurichten ich von einem ketzerischen Freund gelernt habe.
    Man erhitze Wasser in einem Kessel, bis man die Hand eben noch hineintauchen kann. Dann gebe man die frisch aus dem Fluss geholten Lampreten hinein für den Zeitraum, den es braucht, ein Ave Maria zu beten, so sagte er mir. Man halte sodann den Kopf des Fischs mit einem Mundtuch, damit er nicht fortschlüpft. Mit einem Messerrücken schabe man den Schlamm ab, der den ganzen Fisch
in dicken Krausen und Rüschen bedeckt, bis die Haut sauber ist und blau erglänzet. Man öffne den Bauch. Man löse den Faden, der längs dem Rückgrat unter der Galle sitzet (man entferne die Galle und alle Eingeweide) und ziehe ihn heraus. Er wird sehr lang sein. Man entferne die schwarze Substanz, so an dem Faden hänget, und schneide zum Rückgrat hin, soviel als notwendig. Man trockne den Fisch mit Mundtüchern. Nun ist die Lamprete zugerichtet.
    Um sie zuzubereiten, werfe man die Aale furchtlos in eine große Pfanne, darin Butter schäumet, oder lasse sie nach Belieben in einen siedenden Kessel gleiten, darin sie verweilen sollen (wie mein Bekannter es ausgedrückt) nicht länger als die Zeit für ein eilig gesprochenes Miserere . Man füge ein Lorbeerblatt hinzu. Man lasse die Fische schwimmen, bis das Wasser abgekühlet.
    Für die Brühe nehme man Muskat, zerstoßenen Kümmel, Koriandersamen, Majoran und Raute, und zuletzt (so man sie denn finde) füge man jene Wurzel hinzu, welche im Altertum berühmt war für ihre Heilkraft und ihren besonderen Geschmack, denn sie riechet wie Pech und zugleich so süß wie Blüten ...

    DER GERUCH VON KANINCHENBRATEN stieg mit dem Rauch des Holzfeuers in die Luft. Ein Bratspieß aus einem Haselstecken drehte sich über dem Feuer. Die drei saßen schweigend da; Josh beugte sich hin und wieder vor und stach mit seinem Messer in den Schenkel. Blut tropfte heraus und fiel zischend ins Feuer. Als klarer Saft austrat, hob Josh den Spieß vom Feuer und begann den Braten zu zerteilen. Bens Magen knurrte erwartungsvoll. Der Junge machte sich über seine Portion her und blies sich auf die Finger, wenn der heiße Bratsaft sie versengte.
    »So kannst du im Gutshaus nicht essen«, warnte ihn Josh. »Du musst dein Essen zuerst zerschneiden. Dort haben sogar die Küchenjungen Messer.« Er wendete sich an Ben: »Hab gehört, dass manche von ihnen sogar mit Gabeln essen.«
    Der Junge mit den Haarbüscheln auf dem Kopf hörte nicht zu, sondern pickte an dem Fleisch wie ein zerzauster Vogel.
    »Werd den Überrock abbürsten müssen«, fuhr Josh fort, indem er den Jungen inspizierte.
    »Und den Jungen auch«, fügte Ben hinzu.
    In dieser Nacht schliefen alle drei um das Feuer geschart. Am Morgen schimmerten die geborstenen Mauern im Sonnenschein.
    »Das ist Stein aus Soughton«, erklärte Josh Ben. »Den haben die Römer bis hierher geschleppt. Jetzt ist er hier, und sie sind alle weg.«
    »Kann es ihnen nicht verargen«, sagte Ben und ließ den Blick missmutig durch den Wald schweifen. In seinem Bauch rumpelte es. »Kommt mir vor, als würde das Kaninchen immer noch hopsen.«

    Die Packpferde wanderten durch den Wald zurück. Hinter einer Kapelle gabelte sich der Weg. Sie nahmen den Ochsenpfad um den Weiler Fainloe herum. Vor ihnen schaukelte ein mit Feuerholz hochbeladener Karren hin und her, dessen Räder immer wieder in die Furchen einsanken.
    »Von Upchard«, rief der Fahrer, als sie seine schwerfällig

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