Das Festmahl des John Saturnall
dahintrottenden Zugtiere überholten. »Zum Gutshaus unterwegs. Und ihr?«
»Wir auch.«
Sie überholten einen Hausierer mit Volksbüchern aus Forham, den Wagen eines Küfers mit Fässern, der aus Appleby kam, und einen anderen Wagen mit Säcken voller Holzkohle. Ein Mann mit Bündeln von Weidenruten auf dem Rücken behauptete, er sei den ganzen Weg von Zoyland her durch die Marschen gewandert. Alle waren zum Gutshaus von Buckland unterwegs.
Bergab hinkte das Maultier mit dem linken Bein, fiel Ben auf. Bergauf mit dem rechten. Bens Magen gab keine Ruhe, während er mit dem Jungen ein Gespräch anzuknüpfen versuchte. Als sie den Gipfel einer Anhöhe fast erreicht hatten, hielt sich Ben den Bauch, eilte zum Straßenrand und hockte sich in den Graben.
Josh hielt die gescheckte Stute an und blickte zu dem Jungen. Im Tageslicht sah sein Haarschnitt nicht gerade ordentlich aus. Eher so, als wäre der Junge überfallen worden. Aus dem Graben ertönte ein angestrengtes Stöhnen. Der Geruch von Bens Bemühungen wehte herauf.
»Morgen erreichen wir das Gutshaus«, sagte Josh zu dem Jungen. »Bis dahin hat der alte Holy für dich bezahlt. Danach bist du auf dich gestellt. Mit diesem Pouncey ist nicht gut Kirschen essen.« Der Junge schien nicht zugehört zu haben, und deshalb trat Josh näher. »Ich kann dich nicht durchfüttern, Junge. Falls du das erwartest. Es ist schwer genug, die Pferde durchzufüttern.«
Unten im Graben stöhnte Ben wieder. Josh folgte dem Blick des Jungen über die Hecken und Wiesen.
»Ich weiß, dass du sprechen kannst«, sagte der grauhaarige Mann. »Du redest im Schlaf.«
Auf dem dunklen Gesicht des Jungen zeigte sich kurz die Andeutung einer Reaktion.
»Gewürzwein, davon hast du gebrabbelt«, sagte Josh. »Wann hast du denn so was zu trinken bekommen?«
Der Junge zog nur den schmierigen blauen Überrock enger um sich. Josh schüttelte den Kopf. Seine Sturheit würde ihn in das Armenhaus von Carrboro bringen, dachte er. Aber ihm konnte das gleichgültig sein. Auf einen zerlumpten Bengel mehr oder weniger kam es wohl kaum an. Wenn der Junge nicht reden wollte, war das seine Sache. Was bedeutete ihm dieser Junge, sagte er sich. Nichts, gar nichts.
»Du willst also nichts sagen, John Sandall«, sagte Josh abschließend. Doch als er sich bückte, um den Sattelgurt der Schecke festzuziehen, erklang hinter ihm eine Stimme.
»Ich heiße nicht John Sandall.«
Welkes Laub und Weidenkätzchen raschelten unter ihren Füßen. Die uralten Bäume hüllten John und seine Mutter in ihren Schatten. Hoch oben gurrte eine Taube. John sah in die Kronen der Kastanien hinauf. Je tiefer sie in Bucclas Wald eindrangen, desto dichter wuchsen die großen Stämme, bis sie Haine bildeten und jüngere Bäume die massigen knorrigen Baumstämme umringten. Als John weiterwanderte, sah er, dass die Bäume eine Allee bildeten.
Er sah zu seiner Mutter auf, doch sie schritt voran, als wäre das alles selbstverständlich. Dann öffneten sich beiderseits Lichtungen. Vertraute Gerüche schwebten in der Luft: Fenchel, Zuckerwurzel und Gelbdolde und dann Bärlauch, Rettich und Ginster. John blickte sich neugierig um, während seine Mutter vorausging. Dann entströmte der wilden Fülle ein neuer Geruch, der John machtvoll in die Nase drang. Diesen Geruch hatte er in der Nacht gerochen, als die Dörfler sie den Berghang hinaufgejagt hatten. Als seine Mutter sich einen Weg durch dichtes Gestrüpp bahnte, sah er den Ursprung.
Reihen von Obstbäumen ragten vor ihm auf, die Stämme zottig vor Flechten, die Zweige mit rosa und weißen Blüten geschmückt. John und seine Mutter betraten einen Obstgarten. Bald gingen sie mitten unter Apfelbäumen, deren süßer Duft schwer in der Luft hing. Birnbäume folgten, dann Kirschbäume, dann wieder Apfelbäume. Doch sie blühten viel zu spät, dachte John. Nur die Anordnung der Bäume war ihm vertraut, denn je fünf Bäume bildeten eine Seite einer Raute. Das kannte er aus dem Buch.
Das schwere Buch schlug gegen das Bein seiner Mutter. Er sah sie voller Neugier an, doch sie zeigte sich von dem Obstgarten nicht überrascht. Als der Blütenduft schwächer wurde, kitzelte ein neuer Geruch Johns Nase, ebenfalls eine Erinnerung aus jener Nacht. Lilien und Pech. John richtete den Blick geradeaus und sah nur eine Gruppe Kastanien, von Efeu so überwachsen, dass die glänzenden Efeublätter die Stämme und Äste zu einer Wand verdichteten. Dann richtete er den Blick nach oben.
Oberhalb der
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