Das Festmahl des John Saturnall
sagte er zu John, der mit Philip zur Spülküche trottete. »Wer geht, das sind stets die anderen.«
In der Tür zur Spülküche stand Mister Stone mit den Spachteln in der Hand. Doch als John sich einen nehmen wollte, schüttelte der bullige Mann den Kopf.
»Heute schabt ihr nicht.«
»Tröge putzen?«, fragte Philip.
Mister Stone schüttelte den Kopf.
»Näpfe polieren?«, erkundigte sich John.
»Auch das nicht.«
Ein Lächeln huschte über Mister Stones Miene. Er deutete zu dem benachbarten Raum, in dem das Lärmen einen tieferen Ton angenommen hatte, ein tiefes Brummen, als wäre ein großes Tier aus langem Schlaf erwacht.
»Fragt Master Scovell«, sagte Mister Stone. »Ihr arbeitet ab sofort in der Küche.«
Aus Das Buch des John Saturnall : Ein Festmahl für den Tag des heiligen Joseph.
in Kapaun ist für die Tafel bereit, wenn der Rauch wallt wie ein Stofffetzen im Windhauch. Fasane, Gänse und Enten müssen braten, bis der Saft farblos herausrinnt. Ein Schwein ist gar, wenn seine Augen herausquellen. Doch wann ein Küchenjunge für den Dienst in der Küche bereit ist, das ist eine Frage für spitzfindigere Doktores, denn ich einer bin.
Der Tag des heiligen Joseph wird nur selten mit einem Festmahl gefeiert, und doch war dieser Festtag mein Entrée, als die Musik der Küchenräume mich mit dem Knistern der Feuer und dem Glucksen der Weine empfing, mit dem Knarren des Bratspießes und dem Klappern der Messer, dem Keuchen der Blasebälge und dem Knacken von Knochen.
Das Festmahl ist ein vielstimmiger Gesang, so erfuhr ich an jenem Abend. Unter der Treppe reiben und mahlen und hämmern und raspeln die Musiker. Über ihnen residiert der muntere Chor, dessen Mitglieder einander lobpreisen, indem sie Weinkelche leeren und Pasteten verzehren, bis die Süßspeisen aufgetragen werden, die Servierbretter leer zurückkommen und die letzten Hervorbringungen zu Krümeln geworden sind.
Ein Bankettsaal voller Festgäste kann essen, bis die Früchte der wohltätigen Erde verbraucht sind, und trinken, bis die Meere versiegen. Doch erst wenn die letzten Posaunen erklingen, dürfen jene unter der Treppe sich ausruhen und ihren Durst löschen, vom Meisterkoch bis zu dem Jungen, der mit wissbegierigen Augen und zuckender Nase die Küche betritt, der von Sankt Joseph und seinen silbernen Gefäßen träumt und statt ihrer die Kurbel eines Bratspießes in die Hand gedrückt bekommt. Denn mögen wir uns unsere Festmähler noch so farbig ausmalen und mögen wir uns noch so sehr erhoffen, dass unser Verlangen gestillt werde, so tut dies unseren wahren Nöten und Mängeln doch keinen Abbruch ...
LUCRETIA HATTE KEINE GOLDENE KUTSCHE mit sechs Schimmeln erwartet. Aber vielleicht etwas weniger Schäbiges als das stämmige Pony und den mageren Rotschimmelwallach, die zwischen den Türmchen des Torhauses auftauchten. Und vielleicht eine eindrucksvollere Karosse als den Karren, der die Zufahrt hinunterrumpelte, und schmuckere Lakaien als das Trüppchen in schmutziger blauer Livree, das zu laufen begann, als das Fahrzeug schneller wurde. Sie stand neben ihrem schweigenden Vater auf der Treppe; ihre Gesichtshaut juckte unter der dicken Puderschicht. Ihr Haar, an diesem Morgen auf ihren ausdrücklichen Wunsch »offener« frisiert als gewohnt, hatte Mistress Pole einen entsetzten Aufschrei entlockt, als diese würdige Dame mit Kämmen und Haarnadeln erschienen war, um Lucretias Flechten zu glätten und ihr Pony zu kräuseln. Nun tanzten lästige Löckchen vor ihren Augen, und unter ihrer Haube fühlte sich das restliche Haar an, als würde es ihr gleich aus der Kopfhaut gerissen. Durch den bebenden Fächer sah sie das Gefährt hin und her schwanken, gefolgt von den laufenden Lakaien.
Hinter ihr kicherte einer der Bediensteten.
»Zur Ehre des Hauses!«, hörte sie Mister Fanshawe rufen. »Für den Grafen von Forham. Und von Artois!«
Die Räder der befremdlichen Kutsche der Callocks kamen knarrend zum Halten. Ein atemloser und schmutzbespritzter Lakai nahm Aufstellung an der Tür des Wagens.
»Graf«, verkündete er und rang dabei nach Luft. »Und Lady. Forham. Und Artois.«
Die Wagentür wurde geöffnet. Ein dicker Mann mit fleckigem Teint, in einen dunkelbraunen Reisemantel gekleidet, trat heraus, warf einen zornigen Blick zum Kutscher und reichte dann jemandem im Inneren des Gefährts die Hand. Eine großgewachsene Frau stieg aus, das Gesicht von einem zierlichen Hut mit breiter Krempe beschattet. Unter der Krempe war ein
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