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Das Festmahl des John Saturnall

Das Festmahl des John Saturnall

Titel: Das Festmahl des John Saturnall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Norfolk
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der Schrift nach unten liegenblieb.

    »Der Feiertag des heiligen Joseph?«, fragte Peter Pears. »Hab ich noch nie gehört.«
    »Und hat dich auch nicht zu kümmern«, erklärte Mister Bunce unumwunden vom anderen Ende des Tisches aus. »Wenn Sir William elf Jahre lang keine Menschenseele empfangen will und dann eines Morgens aufwacht und es sich anders überlegt, dann haben wir daran nicht herumzumäkeln. Und wenn er sich dafür ausgerechnet Hector Callock aussucht, den er nicht minder verabscheut als Pest und Cholera – wie man munkeln hört –, und ihn zu einem Feiertag einlädt, von dem ich noch nie gehört hab, dann ist es nicht an unseresgleichen, sich darüber den Kopf zu zerbrechen, oder?«
    Eine Truppe der Männer Master Jocelyns wagte sich die Auffahrt entlang und entfernte die Balken, die die Tore versperrten. Im Haus blühten die Gerüchte. Der Graf würde den Bischof von Carrboro mitbringen. Oder des Königs Schiffsprofos. Oder den König höchstselbst.
    Aus der Küche ertönte ein neues Geräusch, vergleichbar dem Donnergrollen von näherkommenden Karrenrädern. Körbe und Säcke stauten sich im Durchgang. John, der im Schmutz der Spülküche hantierte, hörte Fässer über das Kopfsteinpflaster rollen und Henry Palewicks Schlüsselbund klirren. Aber vier Tage vor dem Josephstag sagte Alf, der sich seine roten Haare aus der Stirn strich:
    »Ich glaub, da kommt doch keiner zu Besuch. Pouncey will uns nur triezen.«
    »Vielleicht gibt es gar keinen Grafen von Forham«, vermutete Peter Pears.
    »O doch, den gibt es.«
    Ein Mann mit fettigen Haaren und in einem senffarbenen Überrock lehnte am Eingang zur Küche der Vorbereitungsbrigade. »Er ist nämlich schon da. Sir Hector, Lady Caroline und ihr geliebter Sohn Piers. Und sein Gesinde, wie nicht zu übersehen.«
    »Welches Gesinde?«, fragte Alf und sah sich um.
    Die schäbige Gestalt nahm sich einen Stuhl, setzte sich und grinste, wobei sie schiefe gelbe Zähne entblößte.

    »Pandar Crockett, stehe zu Diensten. Koch Seiner Lordschaft. Das Gesinde besteht aus mir, einer Kammerzofe und ein paar Gesellen, die in einem Wirtshaus aufgelesen wurden und eine Runde durch die Livreekammer Seiner Durchlaucht absolvieren durften. Er nennt sie Lakaien.«
     
    Fleischstücke wurden an Stangen hereingebracht, Servierbretter voller Brotlaibe im Durchgang hin und her getragen. Vanians Öfen glühten. Große eichene Fässer wurden aus dem Keller geholt, und ganze Wagenladungen von Brennholz waren im Hof gestapelt. Nur Philip und John in der Spülküche blieben von alldem unberührt und schabten und kratzten unter dem unbewegten Blick Mister Stones. John säuberte den Abfluss im Fußboden, und Philip putzte die Tröge. Ein Sack sauberen Sands war der Beitrag der Spülküche zum Empfang der Gäste Sir Williams. Am Morgen des Festmahls herrschte ungewohnte Stille in der Küche, als die Küchenjungen sich dort zum Frühstück versammelten. Dann schlug Scovells Schöpfkelle auf den Kessel.
    »Posten!«
    »Auf geht’s«, sagte Alf.
    John sah, wie Colin und Luke den Ledervorhang wegzogen und die doppelten Türen öffneten. Das Getöse aus der Küche drang zur Vorbereitungsbrigade: das Knistern der Feuer, das Dröhnen der Pfannen und das Klappern der Töpfe, das dumpfe Geräusch von Messern auf Hackklötzen. Köche riefen Küchenjungen, die zu ihrem Posten eilten und ihre Aufgaben zugeteilt bekamen, einander wie Tänzer umsprangen und zwischen den Feuerstellen umherwirbelten, auf denen große Kessel voll Wasser kochten und der Bratspieß sich ächzend drehte.
    »Wenigstens bleibt uns dieser Wirrwarr erspart«, sagte Philip halbherzig zum Trost, als er sich vom Frühstückstisch erhob.
    »Gott sei Dank«, stimmte John ihm ebenso halbherzig zu.
    »Du dankst Gott?«, sagte Coake spöttisch von der anderen Seite des Tisches aus. »Hast du deine Mutter schon vergessen?« Der ältere Küchenjunge hatte seit ihrer ersten Auseinandersetzung vorsichtig
Abstand zu John gewahrt, doch nun hatte er Barlow und Stubbs zur Seite. Als Barlow hämisch kicherte, sprang John vor. Doch die Stimme eines älteren Mannes erklang vom anderen Ende des Raums.
    »Na, na, na!« Pandar Crockett löste den Kopf von der Wand. »Wozu sich gegenseitig klopfen wie Speckscheiben? Spart lieber eure Kräfte auf.« Er ließ den Kopf wieder gegen die Vertäfelung sinken. »So wie ich.«
    Coake stapfte hinaus. Pandar grinste mit seinen gelben Zähnen. »Die man zum Teufel wünscht, die wird man nicht los«,

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