Das Festmahl des John Saturnall
Getöse bebte. Zu diesem Lärm gesellte sich nun das Ächzen des Bratspießes.
Sie zählten zwanzig Umdrehungen und hielten dann inne, damit Colin oder Luke das brutzelnde Fleisch begießen konnten. Das Fett tropfte auf Spieße mit kleinerem Geflügel unter dem großen Bratspieß und von dem Geflügel zischend in die Saftpfannen darunter. Colin füllte eine Pfanne mit einem halben Krug Wasser auf und begann mit dem Begießen.
John und Philip drehten den Spieß, während Quiller und seine grünlivrierten Männer sich auf der Treppe drängten. Am anderen Ende des Herds rührte Scovell in seinem Kessel, schöpfte Kellen voll dunkelroter Flüssigkeit heraus und goss sie als langen dünnen Strom zurück. Bislang hatte er nicht zu ihnen hergeblickt. Johns Hände krampften sich um die Kurbel des Bratspießes, während er aus dem Wein Nelken, Muskat und Honig herausroch. Und Pfeffer. Eine vertraute Sinnesempfindung kitzelte seinen Gaumen; diesen Geruch kannte er.
»Gießt den Hippocras ein«, befahl Scovell. Der Meisterkoch gab drei Männern ein Zeichen, und sie bugsierten eine Winde herbei, von der eine gewaltige Terrine hing. Der Kessel wurde auf eine Bank gehievt und die Terrine daruntergesetzt.
Ein großer Sack aus Musselin wurde in die Terrine gelegt. Der Kessel wurde gekippt. Der Gewürzwein rauschte dampfend heraus, und sein starker Duft übertönte alle anderen Gerüche in der Küche.
»Fremde herein!«, rief Scovell.
Die Männer in grüner Livree liefen herbei, ergriffen die Terrine und schwankten unter ihrem Gewicht die Treppe hinauf.
Das Fest des heiligen Joseph nahm seinen Verlauf. Master Scovell stand in dem Durchgang, gab Anweisungen mit dem Griff seiner Schöpfkelle oder tauchte sie in die vorbeidefilierenden Töpfe und Pfannen. John und Philip begannen zu schwitzen. Bald waren ihre Handflächen wund. Neben ihnen verrenkten sich Luke Hobhouse und Colin Church, die nach Messern, Schaumschlägern und Spachteln langten. Mit der einen Seite am glühenden Feuer und mit der anderen im kalten Luftzug arbeiteten die zwei Jungen am Rad des Bratspießes. Philip verzog das Gesicht. John lachte.
»Da sind wir. Wie ich es vorausgesagt habe.«
Als die Hitze stärker wurde, rissen die Jungen sich mit schweißnassen Händen die Kleidung vom Oberkörper. John spürte, wie die Blasen an seinen Handflächen anschwollen. Master Roos und Mister Underley bellten Köchen und Küchenjungen ihre Befehle zu, während Vanian die Männer in der Backstube mit seiner spitzen Zunge drangsalierte.
Nur Scovell blieb völlig ruhig. Der Meisterkoch stellte sich neben dem Durchgang auf, probierte und rief die Gerichte auf, ein leises Lächeln um die Lippen, als wäre der Aufruhr in der Küche nur ein ausgeklügeltes Schauspiel, von Darstellern in Szene gesetzt. Doch aus Rauch und Getöse erstanden Fleischgerichte in Gelee und Garnitur, Pasteten in glasierter Teigumhüllung, große silbrige Fische, mit Fruchtscheiben verziert. Die Vögel wurden von den Spießen genommen und tranchiert und kehrten als kunstvoll aufgeschichtete Pyramide zurück. Die Servierdiener eilten herbei und trugen die glänzenden und dampfenden Platten die Wendeltreppe zu dem großen Empfangssaal hinauf.
Von der Hitze gerötet, mit schmerzenden Armen und wunden Handflächen mühten John und Philip sich vor dem Feuer ab. Es kam John vor, als würden die Festgäste im Obergeschoss ohne Unterlass weiteressen. Bis die ganze Schöpfung erschöpft wäre. Die Posaunen würden erschallen, und er und Philip wären noch immer auf ihrem Posten, auf der einen Seite geröstet und auf der anderen von kalten Luftzügen gepeinigt. Doch schließlich wurde die letzte Platte mit Süßspeisen den Durchgang entlang befördert. Daraufhin ertönte durch den Lärm hindurch Master Scovells Schöpfkelle, und die Stimme des Meisterkochs richtete sich an die Männer und Jungen, die erschöpft auf ihren Posten ausharrten, sich den Schweiß von der Stirn wischten und auf ihre erhitzten Hände pusteten, die sich die Stirnbinden abnahmen und ihre Gesichter abwischten; und manche sanken sogar auf den mit Küchenabfällen übersäten Boden.
»Feierabend!«
Sie schliefen wie die Toten. Als sie am nächsten Morgen glasigen Blicks ihr Lager verließen, setzten sich John und Philip vor ihre Näpfe mit Porridge im Raum der Vorbereitungsbrigade. Sie hatten mit ihren Fingern voller Blasen kaum den Löffel ergriffen, als Mister Bunce ihnen ein Zeichen gab.
»Hierher.«
John und Philip tauschten
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