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Das Festmahl des John Saturnall

Das Festmahl des John Saturnall

Titel: Das Festmahl des John Saturnall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Norfolk
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Balken und
hämmerten die überlappenden Ulmenbretter zurecht. An die Stallungen grenzte ein ähnliches Bauwerk.
    »Was soll das werden?«, wunderte sich Adam. »Wollen die das ganze Gutshaus neu erbauen?«
    »Bis der König hier eintrifft«, antwortete Phineas, »wird es eher wie Carrboro aussehen.«
    In den Gärten bückten sich alte Frauen aus Callock Marwood und befreiten unter Mottes Anweisungen die Blumenbeete vom Unkraut, während Untergärtner widerspenstige Hecken zähmten. Im Gutshaus wurden Wände gestrichen, Räume unterteilt und neue Türen eingehängt. Nur die Sonnengalerie, der Ostgarten und das Gewächshaus blieben unberührt. Die Dienstmädchen, die Mistress Gardiner unterstanden, stopften Vorhänge, lüfteten Bettwäsche und hängten muffige Decken auf die Leine. Mister Pouncey schritt Flure auf und ab, gefolgt von einer Schar grünlivrierter Schreiber, die Folianten, Schreibfedern und einen kleinen Klapptisch mit sich trugen, den Mister Pouncey als Schreibunterlage benutzte. Als der erste Schnee fiel, wurden die Arbeiten unterbrochen, doch als Josh Palewick seinen jährlichen Besuch abstattete, wuchs hinter dem äußeren Hof ein Holzgebäude empor.
    »Der König kommt also wirklich nach Buckland?«, fragte Josh.
    »Scheint so«, sagte John.
    »Im ganzen Tal wird darüber geredet.« Hinter Josh stampfte das Maultier auf. »Und auch Ihre Majestät. Ist das wirklich wahr?«
    John nickte. Aufregung und Betriebsamkeit herrschten um ihn herum. Doch inmitten dieses Gewirbels und Gewusels erinnerte er sich an Scovells Worte und fragte sich, warum Josh Palewick sich über den König den Kopf zerbrach. Wenn das Festmahl seinem Koch gehörte, wen scherte es dann, wer es verzehrte? Ein König saß da und kaute und schluckte wie jeder gewöhnliche Sterbliche, dachte John. Doch selbst Scovell schien von der nervösen Unruhe angesteckt zu sein und verbrachte lange Stunden in Geheimsitzungen mit Vanian, Underley, Roos und Henry Palewick, in denen sie die Abfolge der Gerichte debattierten.

    Bis nach Soughton wurden Viehzüchter beauftragt, Rindfleisch zu liefern, und Fässe voller Meeraale und Heringe wurden aus Stollport geordert. Als Calybutes neuester Mercurius Bucklandicus den königlichen Haushalt in langem Zug beim Verlassen Londons zeigte, erfasste alle im Gutshaus gesteigerte Erregung. An seiner Schaltstelle im Eingang zum großen Saal brütete Mister Pouncey über Listen von Sekretären und Siegelbewahrern, Ratsbeamten und Ordnungshütern. War ein Gerichtsschreiber ranghöher einzuordnen als der Kammerdiener eines Edelmannes? Welcher Rang kam dem Bewahrer des Dokumentenkörbchens zu und welcher dem Siegelwachsverwalter? In Mister Pounceys besorgter Phantasie fanden sich Bischöfe neben Mätressen plaziert und Herzöge Ellbogen an Ellbogen mit Freisassen. Und was wäre, wenn der hohe Tisch zusammenbräche?, fragte sich der Haushofmeister. Oder wenn die Quelle auf der oberen Wiese versiegte? Was wäre, wenn Höflinge, für die kein Schlafplatz vorgesehen war, ihn mit wehenden geschlitzten Ärmeln durch das Gutshaus verfolgten ...
    »Manche stehen gar nicht auf meinen Listen«, beklagte er sich bei Sir Sacherevell, glättete ein Blatt Papier auf der Balustrade und blickte auf die Namen. In dem großen Saal hinter ihnen stiegen Bedienstete auf Leitern, um die großen Schwerter von der Wand abzunehmen und sie zu polieren. Unter dem Podium hämmerten übellaunige Schreiner überflüssige Verstärkungen fest. »Und andere kommen mehrere Male vor.«
    Boten flitzten auf der Straße nach Carrboro hin und her. Eine Woche vor der mutmaßlichen Ankunft Seiner Majestät, als Mister Pouncey sich allmählich in der Illusion wiegte, alles unter Kontrolle zu haben, näherte sich dem Gutshaus ein Wald von Standarten auf Wagen und Karren, die durch das Torhaus rumpelten. Daneben trotteten die Reiter der Eskorte und nötigten den übrigen Verkehr zum Gutshaus, den Weg freizumachen. Der königliche Tross begann einzutreffen.
    Auf der Wiese neben den neuen Bretterbuden wurden Zelte errichtet, auf denen Wimpel mit dem Wappen des Königs flatterten, bis es aussah, als läge eine Flotte mit geblähten Segeln vor Anker. Nachdem ihre Pferde versorgt waren, stolzierten die Reiter prahlerisch im Hof
umher, während Diener des königlichen Haushalts sich als Wachen vor den Zelten langweilten. Fast als Letzter der Neuankömmlinge erschien ein großgewachsener Mann mit einer dunklen Locke über der Stirn und mit einem stutzerhaften

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