Das Feuer bringt den Tod: Thriller (German Edition)
erklären?«
Obwohl er seinen Vorgesetzten nicht sehen konnte, hatte Möhrs eine klare Vorstellung von der Grimasse, die Barswick gerade zog: die Unterlippe weit über die Oberlippe geschoben, die Augenbrauen so eng zusammengekniffen, dass sie eine geschlossene buschige Linie bildeten. So schaute er immer, wenn er seinem Gegenüber zu verstehen geben wollte, dass er einem soeben geäußerten Gedanken nicht so recht zu folgen vermochte. Holt nannte das in seiner charmanten Art das »Bulldogge-mit-Verstopfung-Gesicht«.
»Bei dieser Sache auf dem Schiff ging es um eine Frau«, sagte Möhrs. »Wir wissen nicht, was mit ihr passiert ist, aber umgebracht haben sie sie nicht. Mord verjährt nicht. Und Burmester hätte die Angelegenheit nicht erwähnt, wäre er sich nicht vollkommen sicher gewesen, dass es keine Konsequenzen mehr für ihn hat, wenn wir davon erfahren. Der Mann ist total paranoid. Johnsen hat indirekt zugegeben, dass es eine Prostituierte war, mit der sie etwas angestellt haben. Also lohnt es sich doch, nach dieser Frau zu suchen, oder nicht?«
»Die Sache hat gleich zwei Haken«, entgegnete Barswick. »Haken Nummer eins: Wo sollten wir nach ihr suchen? In jeder Hafenstadt, die dieses Schiff in der fraglichen Zeit, als Jakobs und Co. an Bord waren, jemals angelaufen hat? Viel Spaß. Ich sage nur zwei Worte: Nadel und Heuhaufen. Und jetzt zu Haken Nummer zwei: Meines Erachtens scheidet eine Frau als Täterin aus. Jakobs und Lippert waren große Kerle. Die kriegt eine Frau nicht so einfach überwältigt.«
»Das mag ja sein«, wandte Möhrs ein. »Aber vielleicht wollte sich ein Freund oder ein Verwandter dieser Frau an ihrer Stelle an den Männern vom Schiff rächen. Ein Bruder? Ein Sohn? Lange genug liegt das Ganze doch zurück, dass sogar das möglich wäre. Abgesehen davon wissen wir nicht, ob Jakobs und Lippert tatsächlich überwältigt wurden. Jakobs hat seinem Mörder unter Umständen selbst dieTür aufgemacht. Es gab keine Spuren eines Einbruchs. Und dann ist da …« Möhrs verstummte. Er hörte leises Gemurmel am anderen Ende und ein gezischtes »Auch das noch!«. Dann wurde eine Tür zugeschlagen. »War da jemand bei dir im Büro?«
»Du kümmerst dich um die Morde, verstanden?«, sagte Barswick gereizt. »Das hier soll Holt diesmal allein regeln.«
»Verrat mir wenigstens, was los ist«, bat Möhrs.
Barswick stöhnte auf. »Hat dir schon mal jemand gesagt, dass du einem mit deiner Neugier ganz schön auf die Nerven fallen kannst?«
»Außer dir noch keiner«, gab Möhrs unbeirrt zurück. »Jetzt sag schon. Warum die miese Laune?«
»Unser Feuerteufel hat wieder zugeschlagen«, knurrte Barswick.
76
Thorsten Klaws stand in den Überresten des abgebrannten Futterstands, den er mit seinem Zug aus sicherer Entfernung gelöscht hatte. Die maximale Reichweite, über die sie den Schaum verspritzen konnten, lag bei ungefähr fünfzig Metern, doch sie waren viel dichter auf den Brand vorgerückt, ehe er den Befehl zum Anhalten gegeben hatte. Noch immer spürte er die Hitze des Feuers auf seinem Gesicht, und auch durch das dicke Leder seiner Stiefel drang noch etwas von der Wärme der Glut, die der Schaum unter sich erstickt hatte. Mit einem Blick über die Schulter vergewisserte er sich, dass seine Männer taten, was er ihnen aufgetragen hatte. Er nickte zufrieden. Seine vier Begleiter waren damit beschäftigt, den Schlauch einzurollen und den Rest der zum Einsatz gekommenen Ausrüstung ordnungsgemäß zu verstauen.
Trotzdem war er nervös. Er war in dieser Phase im Nachgang eines Brandes keine Zuschauer gewöhnt, und hier gab es leider welche. Zwei von ihnen kannte er. Mit Lüdersens Erscheinen hatte er im Vorfeld gerechnet. Schließlich war es seine Weide, in deren Gras der Löschzug tiefe Reifenspuren gegraben hatte. Eine der beiden Frauen, die gemeinsam mit dem Hippiebauern in einem Kombi hier aufgetaucht waren, kannte er auch. Ihr gehörte der »Hirschhof«, wo er seine Verlobung mit Tina gefeiert hatte. Er wusste zwar nicht, was sie hier zu suchen hatte, aber die zierliche Person mit dem Zopf machte ihm keine Sorgen. Sie war nett, aber seiner Einschätzung nach nicht die Hellste. Es war die andere Frau, die ihm Kopfzerbrechen bereitete. Sie hielt die Hände in den Taschen ihrer Kapuzenjacke und sah unentwegt zu ihm herüber. Klaws gefielen ihre Blicke überhaupt nicht. Sie waren zu wach, zu neugierig.
Die anderen Beobachter waren einige schottische Hochlandrinder, die vor dem Zaun am Ende
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