Das Feuer bringt den Tod: Thriller (German Edition)
Er war ein Fanatiker, bereit, für seinen Glauben zu morden. »Und wenn man diese Rune in der Nähe einer Leiche findet, was dann?«
Lüdersen legte die Stirn in Falten. »Sonderbare Fragen, finden Sie nicht? Worüber recherchieren Sie noch mal?«
»Darüber, wie viel altes Wissen durch die Christianisierung verloren gegangen ist«, log Katja und freute sich insgeheim einmal mehr, Thilo begegnet zu sein. »Ich meine, die meisten Menschen machen sich ja gar nicht klar, dass Bräuche wie das Osterfeuer nur bedingt etwas mit Ostern zu tun haben.«
»Es ist im Grunde ganz einfach.« Er lächelte, als erfüllte es ihn mit einem gewissen Stolz, sie in einige der Einzelheiten seines Glaubens einzuweihen. Nicht auszuschließen, dass er sie unter Umständen sogar für die Ideen der Ásatrú zu begeistern versuchte. »Wenn Sie diese Rune an oder bei einer Leiche finden, hat der, der sie angebracht hat, seiner Überzeugung nach nur einen Verbrecher bestraft und begangenes Unrecht wiedergutgemacht. Hört sich grausam an, aber unterunseren Vorfahren musste man wahrscheinlich sehr lange suchen, um einen Gegner der Todesstrafe zu finden. Andere Zeiten, andere Sitten.«
Sein beiläufiger Unterton gefiel ihr nicht. »Bessere Zeiten?«
»Das muss jeder für sich selbst entscheiden.«
Hinter Katja knirschten Reifen auf Schotter. Sie drehte sich um. Über die Zufahrt zum Hof näherte sich ein weißer Kombi mit einem vertrauten Logo auf der Fahrertür: einem großen Geweih in Grün. Der Wagen bremste ab und kam fast zum Stehen, doch dann gab die Frau hinterm Steuer wieder Gas und lenkte ihn bis vor den Hühnerstall. Knackend wurde die Handbremse angezogen. Veronika Möllner stieg aus.
»So schnell sieht man sich wieder«, begrüßte Katja die Wirtin.
Lüdersens Reaktion auf Veronikas Erscheinen fiel wesentlich weniger herzlich aus. »Was willst du denn hier?«
»Eier«, sagte Veronika knapp. »Steht doch auf deinem Schild da, dass du welche verkaufst.«
»Natürlich.« Er nickte. »Eier.«
Katja bemerkte einen verunsicherten Blick von Veronika in ihre Richtung, den sie erst nicht ganz einzuordnen vermochte. Dann dämmerte ihr, woher das Unbehagen womöglich rührte. Veronika war nicht zum Eierkaufen hier. Sie wollte etwas verkaufen. Ihren Hof. Sie hatte seinem Drängen nachgegeben. Und das musste ihr natürlich wie eine Niederlage vorkommen. Gerade weil sie gegenüber Katja und Bernd so beharrlich den Eindruck vermittelt hatte, sie würde schon mit allem ganz wunderbar fertig werden – mit der Behinderung ihres Mannes, mit der Leitung des Gasthofs, dem Bewirten der Gäste. Und jetzt musste sie sich hier – ausgerechnet vor einer Zeugin, die im Moment noch bei ihr untergebracht war – geschlagen geben.
»Ich bin gleich wieder für Sie da«, sagte Lüdersen zu Katjaund ging auf den Hühnerstall zu. Veronika folgte ihm, schloss zu ihm auf und redete leise auf ihn ein.
Um nicht zu neugierig zu erscheinen, wandte Katja sich rasch um – und erstarrte. Hinter einem nahen Gehölz stiegen die dunklen Rauchwolken eines großen Feuers auf.
75
Lukas Möhrs hatte lange nicht mehr darüber nachgedacht, ob es etwas über ihn und seine Person verriet, wenn der Mensch, mit dem er am meisten telefonierte, sein eigener Chef war. Dass er sich dessen nun ausgerechnet auf der Rückfahrt von Doris Frigges Haus nach Güstrin bewusst wurde, lag vermutlich an der bedrückend ehrlichen Trauer der Witwe über den Verlust ihres Ehemanns. Möhrs fragte sich, wer um ihn weinen würde, falls er überraschend das Zeitliche segnete. Wahrscheinlich nur seine Mutter. Nein, das war ungerecht. Da war immer noch Aysel …
Barswick zeigte sich über die knappe Zusammenfassung, die Möhrs ihm über die Freisprechanlage lieferte, nur bedingt begeistert. »Schön, dann wissen wir jetzt, mit wem Jakobs in der Mordnacht geredet hat. Großartig. Schade nur, dass es niemand war, den wir einbuchten können«, schnaubte er. »Und was immer da auf diesem Schiff vorgefallen ist, damit werden diese Typen nie im Leben herausrücken. Vor allem nicht, wenn es wirklich verjährt ist.«
»Jetzt sieh mal nicht alles komplett schwarz, Boss.« Möhrs steuerte den Wagen in eine weitgezogene Linkskurve. »Völlig ohne Ergebnis stehen wir nun auch wieder nicht da.«
»Ach? Im Ernst?«
»Nein, wirklich«, bekräftigte Möhrs. »Es sieht nämlich so aus, als würden wir trotzdem noch nach einer Frau suchen.«
»Hättest du die Güte, mir diesen Geistesblitz zu
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