Das Feuer bringt den Tod: Thriller (German Edition)
des Geländes in Verteidigungsstellung gegangen waren. Die Muttertiere hatten einen engen Kreis um ihre Kälber gebildet und beäugten die sonderbaren Eindringlinge auf ihrer Weide aufmerksam. Wie Klaws seine Leute kannte, würden sie nachher wieder und wieder von Glück reden, dass sie keinem Bullen begegnet waren. Darauf war Verlass. Und er konnte ebenso darauf vertrauen, dass er bei der Erstbegehung der Brandstelle ungestört bleiben würde. Sein Zug kannte die Regeln, die er aufgestellt hatte. Das war gut. Sehr gut sogar. Doch die blonde Fremde, die ständig herüberglotzte, kannte diese Regeln nicht, und das konnte leicht zu einem Problem werden.
Mit vorsichtigen Schritten näherte er sich der Stelle im Matsch, wo der Brand ausgebrochen sein musste, um dann Holz und Heu unerbittlich zu verschlingen. Seine Hände zitterten nach wie vor, und der Geruch von Ruß und Schweiß auf seiner Haut bescherte ihm einen leisen Schwindel. Er hätte stolz sein sollen. Sie hatten eine Spitzenzeit hingelegt.Es war keine Viertelstunde her, seit Alarm gegeben worden war, und das Feuer war bereits Geschichte.
Er scharrte mit der Fußspitze neben den kümmerlichen Überbleibseln eines Stützbalkens im feuchten Dreck. Da. Da war etwas. Etwas Hartes.
Klaws sah sich noch einmal nach der Blonden um. Sie war halb Lüdersen zugewandt, der mit hochrotem Kopf und geballten Fäusten gestikulierte wie ein aufgebrachter Bahnschaffner.
Mit angehaltenem Atem ging Klaws in die Hocke. Seine Hand schoss auf das zu, was er mit dem Stiefel freigelegt hatte. Seine Finger schlossen sich darum. Kein Zweifel. Das war, wonach er gesucht hatte.
»Ist da was?«, fragte eine helle Frauenstimme interessiert.
Klaws schloss die Augen. Verdammt! Er war zu unvorsichtig gewesen. Und er wurde das unbehagliche Gefühl nicht los, dass die Blonde ihn genauso im Auge behalten hatte wie er sie. Was jetzt? Lügen? Einfach wieder aufstehen und den Kopf schütteln? Er blieb in der Hocke und drehte den Kopf zu der Fremden. Zu spät. Sie kam schon auf ihn zu, und Lüdersen und Möllner folgten ihr dichtauf. Ihm blieb nicht mehr viel Zeit für eine Entscheidung.
»Ja, da ist was«, sagte er und stand auf. Er hielt ihnen die verschmorte Platine entgegen, die kaum so groß wie seine Handfläche war und von deren Drähten Schaumreste tropften. »Sieht aus wie ein Elektronikbauteil.« Er zuckte die Schultern. »Könnte von einer Zeitschaltuhr stammen. Von einer Anlage, die dem Futter im Trog in festen Abständen Zusätze beimischt.« Es war eine aus der Ratlosigkeit geborene Idee. Lüdersen war Biobauer. Mit Futterzusätzen hatte er sicher nicht viel am Hut. »Oder so was in der Art.«
»Bei mir kommt nichts ins Futter«, beschwerte sich Lüdersen prompt. »Das ist nicht von mir. Das muss von dem Idioten sein, der das Feuer gelegt hat. Wenn ich den Wichser in die Finger kriege!«
»Thies!« Veronika Möllner legte dem Bauern eine Hand auf die Schulter und schüttelte den Kopf. »Die Schreierei bringt doch nichts.«
»Könnte das Teil eines Brandsatzes sein?«, wollte die Blonde wissen.
Zwei kurze Huptöne bewahrten Klaws davor, die Frage beantworten zu müssen. Auf dem Feldweg, der zur Weide führte, rollte ein dunkler Wagen heran. Der Fahrer winkte grüßend durch das heruntergekurbelte Fenster. Klaws winkte zurück.
»Wer ist das?«, fragte die Blonde.
»Die Polizei«, erwiderte Klaws, der sich nicht festlegen wollte, ob Holts Erscheinen nun ein Glücksfall für ihn war oder nicht. Immerhin verschaffte es ihm eine passende Entschuldigung, die lästige Fremde loszuwerden. Er ließ sie wortlos stehen und ging dem Brandursachenermittler entgegen.
77
Lukas Möhrs bemerkte das Blaulicht bereits aus einiger Entfernung. Auf der schmalen Landstraße, die dem Verlauf eines Deichs entlang der Elbe folgte, wirkten die beiden Einsatzfahrzeuge der Schutzpolizei am Fahrbahnrand breiter als gewöhnlich. Der klobige Rettungswagen, vor dessen Kühler zwei Sanitäter eine Zigarette rauchten, hätte Möhrs auch dann zum Abbremsen gezwungen, wenn er seinen Audi nicht ohnehin auf Schritttempo verlangsamt hätte.
Eine seiner Kolleginnen in Dunkelblau hob schon die Kelle, um ihn zum Weiterfahren zu animieren, ehe sie ihm Platz machte und ihn aufforderte, seinen Wagen als letzten in einer ganzen Reihe abgestellter Fahrzeuge zu parken. Es warNadine Middendorp, der er zuletzt nach dem Mord an Frieder Jakobs begegnet war und die er traditionell nicht auf den ersten Blick erkannte, wenn
Weitere Kostenlose Bücher