Das Feuer bringt den Tod: Thriller (German Edition)
verspricht dir doch den Pulitzerpreis, wenn du dich ihm dafür ein bisschen erkenntlich zeigst.«
»Du übertreibst. Wie immer.« Katja tippte aufs Gas. Der Motor des Jaguar schnurrte auf. Sie rollten zwei Wagenlängen, dann ging wieder nichts mehr. »Du hättest ja nicht mitkommen müssen, wenn du denkst, ich produziere hier einen Rohrkrepierer.«
»Autsch.« Bernd fasste sich an die Brust. »Ich habe auch ein Herz, schon vergessen?« Er tätschelte seinen Ledersitz. »Und wenn ich daheim geblieben wäre, wären Sie nicht in den Genuss gekommen, mein kleines Kätzchen auszuführen, Fräulein Jakobs.«
»Toll.« Katja schaute auf die Stoßstange ihres Vordermanns. »Als ob sich das für mich im Moment auch nur ansatzweise lohnen würde. Wenn das so weitergeht, hätten wir auch gleich laufen können.«
»Zu Fuß ins schöne Güstrin an der Elbe. Was für ein Abenteuer!«, sagte Bernd wie ein überenthusiastischer Reiseleiter. »Verpassen Sie nicht die vielen Sehenswürdigkeiten unserer Achttausend-Seelen-Gemeinde. Zum Beispiel unser wunderbares AKW und …« Er zuckte die Schultern. »Und unser AKW.«
Katja grinste und nahm die Hände vom Steuer. »Übernimmst du mal eben kurz?«
»Bei diesem atemberaubenden Tempo? Bist du verrückt?« Bernd beugte sich zur Seite und griff nach dem Lenkrad. »Was ist los? Ist dir langweilig?«
»Nein. Zu heiß.« Sie begann, sich umständlich aus ihrer grauen Kapuzenjacke zu schälen. Für kurz vor Ostern waren die Temperaturen ungewöhnlich hoch, und hinter den Autoscheiben heizte sich die Luft umso mehr auf. Katja kämpfte noch mit den Ärmeln, als wieder etwas Bewegung in die Blechkolonne geriet. Der Fahrer hinter ihnen hupte.
Bernd drehte sich um und taxierte den Mann durch die Lücke zwischen den Vordersitzen. »Bist du auf der Flucht, oder was, du Pfeife?«
»Lass ihn doch.« Katja, die ihre Jacke endlich losgeworden war, hob entschuldigend einen Arm und ließ die Kupplung kommen, um die entstandene Lücke zu dem Wagen vor ihnen zu schließen.
Bernd überließ ihr das Steuer und lachte.
»Was ist so lustig?«
»Das, was der Typ jetzt denkt«, erklärte Bernd. »Entweder denkt er, ich bin ein neureicher Schnösel, der sich von seinem Betthäschen durch die Gegend kutschieren lässt. Oder ich bin dein nicht minder neureicher Vater, der dir Fahrstunden gibt.«
»Dann wäre die zweite Variante aber näher an der Wahrheit«, kommentierte Katja.
»Knapp daneben ist auch vorbei.«
Da hatte Bernd nicht ganz unrecht. Ja, in gewissem Sinne war er neureich, auch wenn er nicht auf die Art und Weise zu Geld gekommen war, die man hinter diesem Begriff üblicherweise vermutete. Es hatte nicht das Geringste mit seiner Arbeit oder irgendeinem unternehmerischen Bauchgefühl zu tun. Kein Wunder: Fotojournalisten brachten es in der Regel nicht zu einem echten Vermögen. Es sei denn, sie hießen eben Bernd Bauer, spielten seit ihrem sechzehnten Lebensjahr jede Woche Lotto und wurden nur ein paar Jahrzehnte später für ihr Festhalten an den immergleichen Glückszahlen mit einem Sechser belohnt. Mit Zusatzzahl, wie Bernd stets hinzufügte, obwohl er Katja nie verraten hatte, wie hoch seine Gewinnsumme denn nun genau ausgefallen war. Jedenfalls war es für Bernd genug gewesen, um seine Arbeit seitdem so zu betreiben wie andere Leute ihre Hobbys. Er ging auf Fotosafari, wenn er Lust darauf hatte. Also, ja, er war neureich, aber er war weder ihr Bettgenosse noch ihr Vater. Letztere Rolle füllte er allerdings gewissermaßen für sie aus: Er nahm seine Pflichten als ihr Patenonkel sehr ernst.
»Bist du dir sicher, dass du diese Reportage nicht nur deshalb schreiben willst, weil Frieder dich darauf gebracht hat?«
»Ja. Absolut.« Sie reckte sich in ihrem Sitz, um zu sehen, ob irgendwo dort vorne zwischen den weiß-roten Warnbaken, den Baumaschinen und den Aushubhügeln bereits die nächste Ausfahrt zu erspähen war. »Es ist eine spannende Frage, finde ich: Wie verändert sich das Klima und das Leben,das gesamte Miteinander überhaupt, in einer deutschen Kleinstadt, wenn das Kernkraftwerk, das bisher der absolute Dreh- und Angelpunkt dieser Gemeinde war, vom Netz genommen wird? Entwickeln die AKW-Gegner eine Siegermentalität? Wie gehen die Leute, die im Kraftwerk arbeiten, damit um, dass sie jetzt nur noch dazu da sind, um mehr oder weniger ihren eigenen Arbeitsplatz abzuwickeln?« Sie stöhnte und sackte in ihrem Sitz zusammen. »O Gott, das ist noch mindestens ein Kilometer, glaube
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