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Das Feuer bringt den Tod: Thriller (German Edition)

Das Feuer bringt den Tod: Thriller (German Edition)

Titel: Das Feuer bringt den Tod: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ole Kristiansen
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viele Männer seiner Generation hatte er augenscheinlich an der alten Tradition festgehalten, sich einen Ohrring stechen zu lassen. Für den Fall, dass sein Schiff unterging und er nur noch tot geborgen werden konnte oder sein Leichnam an einer fremden Küste angespült wurde. Dann sollte – so besagte es zumindest die Legende – durch den Materialwert des Ohrrings für ein anständigesBegräbnis gesorgt sein. Definitiv Seefahrerromantik, aber das tat hier nichts zur Sache.
    Ihr wurde ein wenig flau im Magen. Sie hätte sich einreden können, es wäre die Erleichterung darüber, dass ihr kleiner Trick funktionierte. Doch wozu? Sie wusste, woher ihr Unbehagen rührte. Die Geschichte, die sie dem Pförtner Portion für Portion auftischte – die Hoffnung, den Logbüchern der »Straßmann« die Namen der alten Freunde ihres Onkels entnehmen zu können, von denen er ihr immer so viel erzählt hatte und die sie nun zu seiner Trauerfeier einladen wollte –, lag schlicht und ergreifend ein Stück zu nah an der Wahrheit. Ihre Wirkung verfehlte sie aber nicht. Der Pförtner trat eigens aus seinem Häuschen, um Katja und Bernd den Weg zum Hauptgebäude zu weisen, wo sie jemand in der Lobby abholen würde, um sie von dort weiter ins Archiv zu geleiten.
    Die überschaubar große Lobby empfing sie mit trockener Luft, grauschwarzen Fliesen und Risszeichnungen von Turbinen und Motoren an den Wänden. Unter einem zentralen Lichtschacht war wie ein Stück moderner Kunst ein gewaltiger Schiffsanker ausgestellt. Eine Plakette auf dem Boden verriet, dass er einmal zur »Fritz Straßmann« gehört hatte. Die Frau in Jeans und Pulli, die aus einem Fahrstuhl stieg und sie über ein schmales Treppenhaus hinunter ins Archiv führte, hatte ungefähr Katjas Alter und war von jener scheuen Freundlichkeit, wie man sie bei vielen Mitarbeitern von Institutionen fand, die nicht allzu viel Kontakt mit der breiteren Öffentlichkeit hatten. Sie erwähnte noch den Getränkeautomaten ein Stück den Flur hinunter, ehe sie ihnen eine unscheinbare weiße Tür aufschloss, die Neonröhren in dem Raum dahinter einschaltete und sich dezent zurückzog. »Geben Sie einfach Sönke Bescheid, sobald Sie fertig sind«, verabschiedete sie sich.
    Die kühle Luft im Archiv schmeckte nach Staub und altem Papier. Dicht an dicht standen Regale, in die überwiegendAktenordner und vereinzelte Kladden und Hefte einsortiert waren. Die Beschriftung war ausgezeichnet, und Katja und Bernd brauchten keine drei Minuten, bis sie die Logbücher der »Straßmann« gefunden hatten – blauer Rücken an blauem Rücken, nahmen die schmalen Bände insgesamt gute anderthalb Regalmeter in Anspruch.
    »Wo fangen wir an?«, fragte Katja.
    »Vorne.« Bernd griff sich das erste Buch und schlug es auf.
    Die Besatzungsliste für die Jungfernfahrt der »Straßmann« enthielt keinen Namen, der ihnen bekannt gewesen wäre. Katja fotografierte die Seite trotzdem zur Sicherheit mit ihrem Smartphone ab. Die eigentlichen Einträge im Buch waren für sie als nautische Laien größtenteils kryptischer Natur. Auf jeder Seite waren neben vorgedruckten Uhrzeiten in einer Spalte links Zahlen- und Buchstabenkombinationen vermerkt, die genauso gut die Angehörigen einer außerirdischen Rasse hätten hinterlassen haben können. Katja war schon froh, dass sie die Anmerkungen zum Wetter oder zum Einlaufen in einen Hafen grob zuordnen konnte und dass links unten in einem Kasten offenbar immer die jeweils vorhandenen Nahrungs- und Treibstoffvorräte angegeben waren.
    Sie arbeiteten sich Buch für Buch voran, bis sie bei der Dokumentation für eine Fahrt durch Nord- und Ostsee im Sommer 1985 zum ersten Mal auf einen Hinweis darauf stießen, dass sich der Aufwand lohnen könnte: Horst Johnsen und Frieder Jakobs waren in der Besatzungsliste aufgeführt, beide mit einem Zusatz, der sie als Bordingenieure auswies.
    »Na also«, flüsterte Bernd, als befände er sich in einer Bibliothek und müsste mit einer strengen Rüge rechnen, wenn er seine Stimme zu sehr erhob. »Das ist doch ein Anfang.«
    Katja teilte seinen Enthusiasmus nicht. Und es dauerte tatsächlich eine ganze Weile, bis sie die nächsten Treffer landeten: Erst 1987 stießen im Zuge einer Atlantiküberquerung in Richtung Südamerika ein gewisser Michael Ritter und ein Herr namens Ernst Lippert als Bordmechaniker zur Mannschaft.Gernot Burmester und Peter Frigge gesellten sich ein Jahr später hinzu, der eine als Ingenieur, der andere als

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