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Das Feuer bringt den Tod: Thriller (German Edition)

Das Feuer bringt den Tod: Thriller (German Edition)

Titel: Das Feuer bringt den Tod: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ole Kristiansen
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dem tragischen Ereignis sprach – in so beiläufigem Tonfall, wie er vielleicht auf die Frage nach seinem Sternzeichen geantwortet hätte. Dass sie sich über ihren Mann unterhielten, als wäre Klaus Möllner schon lange tot oder zumindest irgendwo ganz anders und säße nicht bei ihnen am Tisch, erschien ihm irgendwie unhöflich. Ungeachtet dessen, ob Möllner tatsächlich realisierte oder nicht, dass sich das Gespräch um ihn drehte.
    »Er hat schwere Hirnschäden erlitten«, fuhr Veronika fort, »und spricht nicht mehr viel. Seine Motorik ist zum Glück im Großen und Ganzen verschont geblieben, und er ist auch nicht inkontinent. Aber niemand weiß so richtig, wie es mit seinem Gedächtnis aussieht. Woran er sich noch erinnern kann und woran nicht.« Sie hob einen Finger. »Entschuldigung, das war nicht sehr präzise. Niemand weiß, ob er die Dinge, an die er sich unter Umständen noch erinnert, sinnvoll verarbeiten kann.«
    »Fertig!«
    Bernd zuckte zusammen, als Möllner sich plötzlich zu Wort meldete und das Brettchen, von dem er sein Brot gegessen hatte, mit einem Knall auf den Tisch schlug.
    »Schön, Schatz.« Veronika streckte den Arm aus und streichelte ihrem Mann zärtlich die Hand. »Möchtest du noch eins?«
    »Fertig«, sagte Möllner noch einmal leiser.
    »Gut.« Veronika nahm ein feuchtes Tuch aus der Spüle und fing an, Klaus’ Hemd von den Spuren seiner Mahlzeit zu säubern.
    Bernd schaute rasch wieder in seinen Kaffee. Der Anblick, wie sich diese Frau, die ihm gerade bis zur Schulter reichte und bestimmt keine sechzig Kilo auf die Waage brachte, so rührend um ihren Mann kümmerte, tat weh. Vielleicht war er nur ein unverbesserlicher Chauvinist, aber, verdammt noch mal, in einer gerechteren Welt wäre es umgekehrt gewesen. Der Mann hätte sie behütet und ihr jeden ihrer Wünsche erfüllt. »Hat er Schmerzen?«
    »Migräneattacken.« Sie tupfte einen Krümel aus Klaus’ Mundwinkel. »Sehr heftige sogar. Die hatte er früher zwar auch ab und zu, aber beileibe nicht so schlimm.«
    Womöglich war es die reine Angst davor, jemals in eine ähnliche Situation zu geraten wie Klaus Möllner, die Bernd zu seiner nächsten Frage verleitete – das Grauen vor der beklemmenden Möglichkeit, durch einen Unfall, der jederzeit passieren konnte, zu einem Menschen zu werden, der völlig auf die Hilfe anderer angewiesen war. Alles, was man vor diesem Ereignis gewesen war, würde dann nicht mehr die geringste Rolle spielen. »Was hat Ihr Mann vorher gemacht?«
    »Bevor wir den Hof gekauft haben, meinen Sie?«
    »Ja.«
    »Er war Maschinenbauingenieur. Sehr erfolgreich, soweit ich das beurteilen kann.«
    Bernd suchte in Klaus Möllners Augen nach einem Funken jenes scharfen Verstandes, der vor gar nicht allzu langer Zeit in diesem deformierten Schädel zu Hause gewesen war. Als er nichts sah außer einem trüben Glanz, beschloss er, rasch das Thema zu wechseln, von der Vergangenheit in die Gegenwart. »Und jetzt müssen Sie hier den Laden allein schmeißen?«
    »Ja. Es ist nicht so viel Arbeit, wie Sie denken. Wir waren mit der Renovierung so gut wie durch, als Klaus seinen Unfall hatte, und ich habe nicht allzu viele Gäste.« Sie neigte den Kopf in Bernds Richtung. »Und bevor Sie fragen: Nein, ichhabe nie darüber nachgedacht, ihn wegzugeben. Kein einziges Mal. Nicht einmal in Tagespflege. Er würde das Gleiche für mich tun, wenn ich an seiner Stelle wäre, und ich käme mir dabei schäbig vor, ihn irgendwohin abzuschieben, wo er niemanden kennt.«
    Mit jeder Sekunde des Gesprächs wuchs nicht nur Bernds Respekt vor dieser resoluten Frau, sondern auch sein Interesse daran, wie sie ihren Alltag meisterte. »Was machen Sie, wenn Sie etwas erledigen müssen? Einkaufen oder so, meine ich. Nehmen Sie ihn dann mit?«
    »Nein.« Sie schüttelte den Lappen über der Spüle aus. »Zu viele Menschen auf einmal machen ihn nervös. Ich lasse ihn hier.«
    »Ohne Aufsicht?«
    »Er ist nur krank, kein kleines Kind.« Der Hauch einer bitteren, vorwurfsvollen Schärfe lag in ihren Worten. »Ich weiß, was ich ihm zumuten kann. Ich muss ihn nicht einmal einschließen. Er vertraut mir. Wenn ich ihm sage, dass ich bald wieder da bin, dann glaubt er mir das. Dann liest er seine Bücher und wartet auf mich.«
    »Er kann noch lesen?«, platzte es aus Bernd heraus, ehe ihm auffiel, wie unverschämt er klang.
    »Ich denke nicht.« Sie stellte den Wasserhahn an, um den Lappen auszuspülen. »Aber er blättert dann in den Bildbänden,

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