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Das Feuer bringt den Tod: Thriller (German Edition)

Das Feuer bringt den Tod: Thriller (German Edition)

Titel: Das Feuer bringt den Tod: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ole Kristiansen
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es sich überlegen …«
    »Vielen Dank. Das ist sehr nett, Frau Möllner.«
    »Veronika«, wurde Katja berichtigt.
    »Veronika«, wiederholte sie. Sie wartete, bis die Wirtin endlich die Tür hinter sich geschlossen hatte. Dann ließ sie sich nach hinten sinken, schloss die Augen und versuchte verzweifelt, sich daran zu erinnern, wie die Stimme ihres Onkels eigentlich genau geklungen hatte, wenn er fröhlich gewesen war.

6
    Gelangweilt knipste Bernd die Eiche vor dem »Hirschhof« von allen Seiten. Er war nicht bei der Sache. Ihm ging eine Frage nicht aus dem Kopf, die er sich selbst stumm stellte, seit er Katja unter dem Vorwand, dringend seine neue Canon EOS ausprobieren zu müssen, allein in ihrem Zimmer zurückgelassen hatte. War er ein Feigling? Wenn ein Feigling jemand war, der Situationen aus dem Weg ging, in denen er sich hoffnungslos überfordert fühlte, dann ja. Dann war er sogar ein richtiger Angsthase.
    Was aber hätte Katja schon davon gehabt, wenn er bei ihr sitzen geblieben wäre, um Händchen zu halten? Sie hatte viel von ihrem Vater. Ihre Sturheit und die Eigenart, alles erst einmal mit sich selbst regeln zu wollen. Bernd setzte die Kamera ab und sah sich die Aufnahmen an, die er bis jetzt geschossenhatte. Was redete er sich da eigentlich ein? Katja hatte mindestens so viel von ihm wie von Thomas. Vielleicht sogar noch mehr. Lernen am Modell, hieß es doch immer. Als ob er jemand gewesen wäre, der dazu neigte, anderen seine Probleme aufzuhalsen.
    Er tröstete sich mit dem Gedanken, dass Katja im Augenblick bestimmt nur ihre Ruhe wollte, und begann, auf der Suche nach vielversprechenderen Motiven um das Hauptgebäude des alten Gutshofs herumzuschlendern. Katja würde außerdem in seiner Abwesenheit einige Telefonate führen. Sie würde definitiv ihre Mutter anrufen. Die Beziehung zwischen ihr und Frieder mochte mehr oder weniger nichtexistent gewesen sein, aber Frieder hatte dennoch zu ihrer Familie gehört. Außerdem hatte sie Frieder besser gekannt als Katja und er zusammen, und wenn er sich nicht sehr irrte, hatte Katja jetzt das dringende Bedürfnis, mit jemandem über Frieder zu reden. Ihm war es nach Thomas’ Tod auch nicht anders gegangen. Eigentlich hatten er und Susanne sich schon damals nicht mehr viel zu sagen gehabt. Es war zu viel zwischen ihnen dreien vorgefallen. Viel zu viel, und einiges davon ging auf seine Kappe. Doch in den Wochen unmittelbar nach Thomas’ Tod hatte er ganze Nächte bei ihr am Küchentisch verbracht und geredet. Darüber, wie Thomas gewesen war. Über seine Stärken, seine Schwächen, seine kleinen Eigenarten. Dass er nie gelernt hatte, einen ordentlichen Krawattenknoten zu binden. Dass es eine Phase zu Beginn seiner Journalistenlaufbahn gegeben hatte, in der in jedem zweiten Satz von ihm das Wort »quasi« aufgetaucht war. Seine drolligen Versuche, sich einen Bart stehen zu lassen, obwohl er den Flaum eines Fünfzehnjährigen gehabt hatte. Vielleicht hätte Bernd diese Gespräche sogar in guter Erinnerung behalten, so schmerzhaft sie auch gewesen sein mochten, wenn sie nicht alle auf die gleiche Weise geendet hätten. Irgendwann war immer jener Moment gekommen, in dem Susanne ihm die Schuld dafür gegeben hatte, dass ihrMann tot war. Das Schlimmste daran war, dass sie nur aussprach, was er selbst dachte. Er war eben ein Feigling, auch damals schon. Manchmal wurde er zum Angstbeißer, was ihm bei manchen Leuten den Ruf eingebracht hatte, sich lieber nicht mit ihm anzulegen. Leute, die nicht verstanden, wie es wirklich in ihm aussah. Aber außer Susanne gab es nur einen einzigen anderen Menschen, der ihn besser gekannt hatte, und Thomas war tot. Weil er ein Feigling war und im entscheidenden Moment gerade nicht zurückgebissen, sondern den Schwanz eingezogen hatte.
    Auf der Rückseite des Haupthauses angelangt, entdeckte Bernd in einiger Entfernung neben den vermoderten Überresten eines Geräteschuppens einen halb von Disteln überwucherten Pumpbrunnen. In der schwülen Nachmittagshitze vollführten Mücken über diesem Zeugnis der Vergänglichkeit sämtlichen menschlichen Strebens einen irren Tanz. Er nahm die Kamera vors Auge, zoomte an den Brunnen heran und wieder weg, drückte immer wieder auf den Auslöser. Er begutachtete das Resultat seiner Bemühungen und kam wie so oft zu dem Schluss, dass er letzten Endes nur ein vollkommener Stümper war, der in seinem Leben schlicht und ergreifend zu viel Glück gehabt hatte. Mit einem Seufzer schaltete er die

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