Das Feuer bringt den Tod: Thriller (German Edition)
die er früher gesammelt hat. Das beruhigt ihn. Obwohl er heute Bücher mit Landschaften und Tieren lieber mag als die mit Maschinen. Wie auch immer. Er ist noch nie weggelaufen. Und mich hat er auch noch nie bedroht.«
Bernd setzte prompt den Becher wieder ab, aus dem er gerade hatte trinken wollen. »Bedroht?«
»Das ist alles halb so wild«, wiegelte sie ab und wrang den Lappen aus. »Er wird nur manchmal zornig und macht Dinge kaputt. Zerschlägt einen Stuhl oder reißt ein Bild von der Wand oder so etwas. Ich sage mir dann gerne, dass das seine richtig wachen Momente sind, verstehen Sie? Die, in denener begreift, was aus seinem Leben geworden ist. Und ich finde, es ist sein gutes Recht, darüber zornig zu sein.«
Wie hätte Bernd dem widersprechen können? »Und finanziell? Wie kommen Sie zurecht? Sie sagten doch eben, Sie hätten nicht viele Gäste?«
»Die brauchen wir auch nicht.« Sie kehrte an den Tisch zurück und trank einen Schluck Kaffee, eine Hand auf die ihres Mannes gelegt. »Sehen Sie, auf den Namen meines Mannes laufen einige Patente, und dann ist da noch seine Versicherung, die er für einen solchen Fall abgeschlossen hat. Er war immer vorausschauend. Ich hatte auch schon etwas auf der hohen Kante, als wir geheiratet haben, und der Hof hier, der war ein echtes Schnäppchen.«
»Weil er grundsaniert werden musste«, vermutete Bernd.
»Zum Teil deshalb, ja.«
»Nur zum Teil?«
»Ach, die Leute hier …« Veronika lachte, wie man aus Höflichkeit nach einem mittelguten Witz lachte. »Dieser Hof gehörte früher einer alten Frau, von der es schon immer hieß, sie wäre nicht ganz richtig im Kopf gewesen. Kurz vor ihrem Tod hat sie dann überall herumerzählt, der Teufel wäre ihr begegnet. Er ist angeblich nachts gekommen und hat seinen Huf in die Rinde der alten Eiche da draußen gedrückt. Und seine Hörner soll er auch gleich abgeworfen haben.«
»Das müssen Sie mir näher erklären«, sagte Bernd skeptisch.
»Doch, doch, da waren seine Hörner.« Veronika nickte überzogen. »Sie hat sie mit eigenen Augen gesehen. Ganz blutig sind sie noch gewesen. Sie hat sie dann auch einem ihrer Nachbarn gezeigt, und obwohl jetzt alle sagen, das seien nur ein paar Kuhhörner und die ganze Sache bloß ein dummer Jungenstreich gewesen, wollte keiner den Hof haben, als die alte Frau starb. Da haben wir ihn gekauft. Ihr Pech, wenn die Leute hier noch so abergläubisch sind, und unser Glück.«
»Hm.« Bernd hielt sich zurück, sie darauf hinzuweisen, dass die Sache mit dem Glück eher relativ war, wenn man den Unfall ihres Mannes bei den Renovierungsarbeiten des Hofs bedachte. »Ich sehe ja ein, dass man sich vor dem Teufel nicht fürchten muss, aber Ihr Hof liegt doch ziemlich abgeschieden. Haben Sie da nicht manchmal …« Er hob die Hände ein paar Zentimeter von der Tischplatte auf der Suche nach einer Formulierung, die sich nicht zu sehr nach »Brauchen Sie als Frau denn nicht einen starken Beschützer?« anhörte.
»Ob ich Angst hier draußen habe, wollen Sie wissen?«, erlöste sie ihn. »Nein, habe ich nicht. Haben Sie das Geweih über dem Eingang gesehen?«
»Klar. Es ist kaum zu übersehen.«
»Es ist von einem Wapiti. Den hat mein Mann selbst geschossen, auf einer Kanadareise. Er war das, was man gemeinhin einen passionierten Jäger nennt.« Sie deutete auf die geschlossene Tür hinter dem Stuhl des Hünen am Tisch. »Dahinter steht der Schrank mit den Waffen meines Mannes. Ich mache mir wirklich keine Sorgen wegen Einbrechern oder so.«
»Ooookaaay«, sagte Bernd gedehnt.
Sie lachte wieder. »Seien Sie unbesorgt. Sie sind ja mein Gast.« Sie stand auf und nahm von der Reihe Haken neben der mit den Bechern eine große Pfanne. »Zeit fürs Abendessen. Wie viele Frikadellen dürfen es denn ungefähr sein?«
»Vier, nein, ruhig fünf. Hausgemacht schmecken sie am besten.«
»Vier. Fünf«, begann Klaus zu zählen. »Sechs, sieben, acht, neun, zehn.«
»Schön, Schatz, sehr schön.« Veronika lächelte ihren Mann an. »Schön gezählt.«
Bernd räusperte sich und erhob sich von seinem Stuhl. »Ich werde dann mal nach Katja schauen. Ich will Ihnen hier nicht im Weg herumsitzen.«
»Ich glaube, sie schläft«, sagte Veronika.
»Wie kommen Sie darauf?«
»Ich habe vorhin bei ihr geklopft. Vor Ihrem kleinen Zwischenfall am Fenster.« Veronika zündete die Flamme einer der Kochstellen am Gasherd an und stellte die Pfanne darauf, in die sie einen guten Schuss Öl gab. »Ich wollte
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