Das Feuer bringt den Tod: Thriller (German Edition)
Ledermöbel – darunter zwei bequem aussehende Fernsehsessel –, schicke Glasvasen in strengen Formen als Deko: Die Möllners hatten einen zwar etwas biederen, aber durchaus annehmbaren Geschmack in Einrichtungsfragen. Vor einem über Eck laufenden Bücherregal aus rötlichem Holz blieb er kurz stehen: Gegen Klaus’ beeindruckende Sammlung an Bildbänden und teuren Kunstdrucken nahm sich die entsprechende Abteilung in der kleinen Buchhandlung in der Fußgängerzone geradezu winzig aus. Ein Fach war für eine aussterbende Gattung von Staubfängern reserviert: Fotoalbum reihte sich an Fotoalbum, alle säuberlich auf dem Rücken beschriftet. »Australien ’94« . »Kanada ’98«. »Schweden 2001«. »Kenia 2005«. »Polen 2009« . Klaus war früher offenbar nicht nur passionierter Waidmann, sondern auch begeisterter Reisefotograf gewesen. Bernd war versucht, eines der Alben hervorzuziehen und es durchzublättern. Doch er schüttelte den Kopf und setzte seine Suche nach Veronika fort.
Über einen kurzen Flur erreichte er ein Bad mit behindertengerechter Dusche und daneben das Schlafzimmer. Das leere Doppelbett hatte etwas Anklagendes. Er hatte hier nicht das Geringste verloren. Und schon gar nicht stand es ihm zu, sich die Frage zu stellen, ob Veronika neben ihrer Affäre mit Lüdersen immer noch Sex mit ihrem Mann gehabt hatte, trotz seines Zustands. Ihre Äußerungen zu diesemThema Barswick gegenüber waren zweideutig gewesen, wenn er sich richtig erinnerte. Egal. Das ging ihn nichts an. Das brauchte ihn nicht mehr zu interessieren. Es war besser, wenn er mit diesem Kapitel endgültig abschloss. Er betrachtete die Kanne in seiner Hand und gestand sich ein, dass der Kaffee nur ein billiger Vorwand gewesen war. Er war müde und erschlagen, ja. Aber was dagegen in der Regel half, war Schlaf. Und was trieb er stattdessen? Die Antwort war bitter: Er geisterte durchs Haus und redete sich ein, er wollte nur frischen Kaffee. Blödsinn. Er war noch nicht von ihr los, und es würde auch noch eine Weile dauern, bis es so weit war.
Frustriert verließ er den privaten Wohnbereich. In der Rezeption sah er durch ein Fenster Licht auf dem Hof. Nein, nicht auf dem Hof. In der Scheune. Er trat dichter an das Fenster heran und schaute hinaus. Wie bei der beunruhigenden Episode mit Klaus und der Pistole stand das Tor weit offen. Ein merkwürdiges Déjà-vu. Oder vielleicht auch nicht. Hatte Veronika nicht erzählt, dass Klaus üblicherweise im Haus blieb, wenn sie länger fortging? Doch, hatte sie. Und da er weder sie noch Klaus im Haus angetroffen hatte, konnte das nur eines bedeuten: Sie waren beide draußen in der Scheune. Möglicherweise war, während er geschlafen hatte, der Ersatz für den Kühlschrank angeliefert worden, der Klaus’ Wutausbruch zum Opfer gefallen war. Er wandte sich vom Fenster ab, machte zwei Schritte, blieb stehen. Was, wenn er sich irrte? Was, wenn Veronika doch nicht da war und Klaus sich unbeaufsichtigt in der Scheune herumtrieb? Wenn er Hilfe brauchte? Bernd stellte die Kaffeekanne auf dem Tresen der Rezeption ab. Er musste nachsehen, was da los war. Bei allem Groll gegen Veronika, Klaus hatte ihm nichts getan.
Bernd zog die Eingangstür auf und lauschte in die Nacht hinaus. Aus der Scheune war nichts zu hören. Die kühle Abendluft linderte den Druck hinter seiner Stirn, und so konzentrierte sich Bernd darauf, ein paarmal tief durchzuatmen.Dann machte er sich auf den Weg zur Scheune. Das verdrängte Déjà-vu holte ihn ein, als er an ihr ankam. Klaus saß auf derselben Bierbank wie beim letzten Mal, und wieder hatte er den Kopf in den Nacken gelegt, um zu einem der Deckenbalken hinaufzustarren. Diesmal jedoch war er dem Tor zugewandt, sodass Bernd sofort sehen konnte, was er auf dem Schoß hielt: ein aufgeschlagenes Fotoalbum. In behutsamer Zärtlichkeit strich Klaus unablässig mit den Fingerspitzen seiner rechten Hand über eines der Bilder. Sein Blick wanderte zu Bernd. Seine Züge zeigten keinerlei Aggression. Die Mundwinkel hingen tief herunter, die Augen glänzten feucht. War das Trauer? Besorgnis?
»Hallo.« Bernd war froh darüber, dass es wenigstens keine Pistole war, mit der sich Klaus beschäftigte. Trotzdem löste Klaus’ Verhalten ein gewisses Unbehagen in ihm aus. Kein Wunder. Sämtliche Gelegenheiten, bei denen er bisher allein mit Klaus zu tun gehabt hatte, waren nicht unbedingt Balsam für seine Nerven gewesen. »Wo ist Veronika?«
»Veronika.« Klaus senkte den Kopf und
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