Das Feuer bringt den Tod: Thriller (German Edition)
Maul«, rügte Johnsen seinen Begleiter scharf. Er ging in die Hocke und kniff die Augen zusammen. »Was hat er da?«, fragte er Bernd.
»Ein Fotoalbum.«
Johnsen legte den Kopf schief, um die Bilder im Album zu betrachten. Dann seufzte er. »Schade für dich. Und den Krüppel.«
Bernds Nackenhaare sträubten sich. »Was wollen Sie?«
Johnsen deutete mit dem bärtigen Kinn auf das Album. »Das da.«
Bernd biss sich auf die Zunge. Sein anfänglicher Schock legte sich. Er musste jetzt clever sein. Verdammt clever. Auf Zeit spielen. Er steckte nicht zum ersten Mal in einer Klemme wie dieser. Konfrontiert mit Männern, die den Eindruck machten, zu allem entschlossen zu sein. Auch dazu, jemanden umzubringen, um die eigene Haut zu retten. »Sie haben ihr etwas angetan, oder? Damals auf der ›Straßmann‹.«
»Nein.« Johnsen schüttelte den Kopf und sah aus, als träfe ihn der Vorwurf völlig unerwartet. »Sie hat freiwillig mitgemacht. Es war eine Silvesterfeier. Feuchtfröhlich. Die ist dann am Ende ein bisschen aus dem Ruder gelaufen. Wir hatten alle zu viel getrunken. Sie erst recht. Aber wir haben sie zu nichts gezwungen. Stimmt doch, oder?«
»Stimmt«, pflichtete ihm Ritter bei. »Sie wollte es auch. Siehätte wegrennen können. Oder schreien. Wir waren ja nicht allein auf dem Schiff.«
»Soll ich dir sagen, was da war?« Johnsen verzog den Mund. »Sie hat sich im Suff zu ein paar Sachen hinreißen lassen, die ihr am nächsten Morgen peinlich waren. Mehr nicht.«
»Weiber«, ergänzte Ritter mürrisch.
»Sie hat nichts gesagt. Den ganzen Rest der Fahrt nicht«, setzte Johnsen seine groteske Verteidigung fort. »Nur dumm geglotzt hat sie die ganze Zeit. Und kein Wort mehr mit uns geredet. Hat uns ein schlechtes Gewissen machen wollen. Bei manchen von uns hat das sogar funktioniert. Die haben angefangen, sich schuldig zu fühlen. Für nicht mehr als ein bisschen Spaß. Für etwas, das jedem mal passieren kann. Für einen harmlosen Ausrutscher.«
Bernd hätte kotzen können über so viel Ignoranz. Die beiden versuchten, den Vorfall auf der »Straßmann« darzustellen wie einen Dummejungenstreich.
»Die Frau ist einfach nur irre«, fuhr Johnsen ruhig fort. »Das kannst du schlecht leugnen. Sogar Frieder hat sie erledigt, und der hat die meiste Zeit über nur zugesehen.«
»Ich verstehe.« Bernd nickte. »Das ist also alles nur so eine Art Missverständnis. Aber ich weiß immer noch nicht, warum Sie hier sind.«
»Um dafür zu sorgen, dass alles bleibt, wie es ist.« Johnsen richtete sich auf. »Ich lasse mir von der Schlampe nicht mein Leben ruinieren.«
»Auf keinen Fall. Von der nicht.« Ritter fletschte die Zähne. »Die hat was ganz anderes verdient.«
»Wenn das alles rauskommt, sind wir erledigt.« Johnsen zuckte die Schultern. »Völlig egal, ob es nur erstunken und erlogen ist. So einen Ruf wird man nie wieder los. Es ist doch so, dass uns keiner glauben würde. Ihr schon. Es ist immer die gleiche Geschichte. Sie macht besoffen die Beine breit, und hinterher behauptet sie, man hätte sie vergewaltigt.Missbraucht. So eine Scheiße. Und dass es längst verjährt ist, spielt bei so was doch auch keine Geige. Das würde uns den Job kosten. Wir wären geliefert. Verstehst du?«
Bernd schwieg. Darum ging es hier also. Um das Verwischen von Spuren, Jahrzehnte nach der Tat. Ein verrücktes Unterfangen, aus der Verzweiflung geboren. Seine Chancen, lebend aus dieser Scheune zu kommen, waren soeben massiv gesunken.
Johnsen nahm seine rechte Hand aus der Jackentasche. Die kurzläufige Pistole, die er darin hielt, richtete er auf Klaus. »Das Foto bitte.«
»Der Teufel«, knurrte Klaus und klappte das Album zu.
Johnsen stutzte. »Was sagt er da?«
»Lassen Sie mich das machen, ja?«, schlug Bernd vor. Als Reaktion wanderte die Mündung der Pistole in seine Richtung. Er gab sich keinen Illusionen hin: Diese Waffe war geladen. Wenn der Plan, zu dem ihn seine eigene Verzweiflung nun antrieb, nicht aufgehen sollte, war er geliefert. »Sie kriegen das Foto. Keine falsche Eile, okay?« Er wandte sich an Klaus. »Gib mir das Album. Dann verschwindet der Teufel.« Er sah nach oben zu Johnsen. »Ist doch so, oder?«
»Ja.« Es war vielleicht die letzte Lüge, die Bernd in seinem Leben hörte, aber in jedem Fall die kürzeste.
»Du hast den Teufel gehört.« Bernd betonte jedes einzelne Wort. »Der Teufel möchte das Album. Ohne das Album geht der Teufel nicht weg.«
»Warum dauert das so lange?«, beschwerte
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