Das Feuer bringt den Tod: Thriller (German Edition)
etwa nicht zu, sich an ihrem Triumph zu ergötzen? Hatte sie nicht das Recht, die Rache auszukosten, die sie für den Tod ihres Onkels nahm? Sie musste nichts tun. Das Feuer würde ihr die Mühe abnehmen.
Veronika heulte auf, und Katja handelte, ohne zu denken. Sie griff in das Inferno, sah Flämmchen über und auf ihren Fingern züngeln, empfand keinen Schmerz. Sie bekam Veronikas Mantelkragen zu fassen und zog. Für einen Augenblick standen sie beide aufrecht, dann kippte Veronika Katja schreiend entgegen und begrub sie unter sich. Katja rang um Atem und saugte glühende Luft in ihre Lungen. Sie wälzte sich unter Veronika hervor, riss sich die Jacke vom Leib und erstickte damit das Feuer auf ihren Händen, noch ehe sie die Flammen löschte, die Veronika zu verschlingen suchten.
Als es ihr endlich gelungen war und nur noch Qualm vonVeronikas Körper aufstieg, kam der Schmerz. Katja brüllte ihn in die Nacht hinaus. Ihre einzige Antwort war das Prasseln und Fauchen des Scheiterhaufens, das kehlige Gelächter des Feuers.
EPILOG
Die Trauerfeier für Frieder Jakobs in der kleinen Kapelle auf dem Güstriner Friedhof war eine Zeremonie nach allen Regeln der Schlichtheit. Eine überschaubare Zahl an Gästen, keine Kränze, keine Musik. Nur ein paar kurze Worte der Pastorin, gefolgt vom schweigenden Zug zur eigentlichen Beisetzung, dann war der Spuk vorbei.
Katja und ihre Mutter nahmen noch einige Beileidsbekundungen von Nachbarn und Kollegen entgegen, ehe sich die Trauergemeinde rasch zerstreute.
»Ohne großes Aufhebens«, sagte ihre Mutter. »Das hätte ihm gefallen.«
»Wahrscheinlich«, stimmte ihr Katja zu. »Hättest du ihm so etwas zugetraut?«
Ihre Mutter öffnete den obersten Knopf ihrer schwarzen Bluse. »Jeder Mensch hat seine Geheimnisse. Bei manchen sind sie eben dunkler als bei anderen.«
Katja quittierte den Gemeinplatz mit einem stummen Nicken. Das war typisch für ihre Mutter. Nichts an sich heranlassen und Plattitüden als Ratgeber in schwierigen Situationen. Sie würde sich nicht mehr ändern. Nicht in diesem Leben.
Katja gesellte sich zu der kleinen Gruppe an der nächsten Bank. Manche Gemeinplätze stimmten. Schwarz machte schlank. Zumindest im Fall von Lukas Möhrs. Der Kommissar war nicht allein erschienen. Aysel Özen begleitete ihn, und wenn Katja sich vorhin nicht gehörig verguckt hatte, waren die beiden Hand in Hand vor der Kapelle aufgetaucht. Gut für sie, obwohl Katja nicht den blassesten Schimmerhatte, was eine attraktive Frau wie die Gerichtsmedizinerin an einem Kartoffelmännchen wie Möhrs fand. Wo die Liebe hinfiel … Bernd, der Dritte im Bunde, hatte schon wieder eine Kippe im Mund.
»Wie geht es Ihnen?«, fragte Möhrs.
Katja hob die dick bandagierten Hände. »Den Umständen entsprechend.«
»Respekt.« Özen nickte anerkennend. »Das hätte nicht jeder getan.«
»Ich kann Ihnen auch nicht versprechen, dass ich es wieder tun würde.«
»Ohne Sie wäre diese Frau tot.«
»Ich bin mir nicht sicher, ob ihr das vielleicht nicht lieber wäre.«
»Wie auch immer.« Möhrs zuckte die Schultern. »Das war jedenfalls gute Arbeit. Apropos: Was wird eigentlich aus Ihrem Artikel? Wie kommt Güstrin denn nun darin weg?«
»Ich schreibe nicht über das AKW«, sagte Katja. »Ich schreibe über das, was auf der ›Straßmann‹ passiert ist.«
»Obwohl Ihr Onkel darin verwickelt war?«
»Es ist die wichtigere Geschichte.«
»Wie Sie meinen.« Möhrs wandte sich an Bernd. »Wo ich gerade Lobeshymnen singe: Das ist ein feiner Zug von Ihnen. Für Klaus Möllners Pflege aufzukommen.«
»Es wird höchste Zeit, dass ich ein paar feine Züge entwickle, bevor es zu spät dafür ist«, erwiderte Bernd. Er drückte seine Zigarette aus und beugte sich auf der Bank nach vorn, um einen verdächtig langen Blick mit Katjas Mutter auszutauschen, die an Frieders Grab zurückgeblieben war. Dann nickte er, stand auf und zog Katja mit sich fort. »Komm. Lass uns ein Stück gehen.«
Sie schritten schweigend zwischen den Gräbern entlang. Katja versuchte, aus seiner Miene schlau zu werden, doch es gelang ihr nicht. Wiederholt gewann sie den Eindruck, als wollte er etwas sagen, doch er blieb jedes Mal stumm.
»Stimmt was nicht?«
»Ich habe nachgedacht«, sagte er leise.
»Worüber?«
»Wie leicht einen die Vergangenheit einholen kann.«
Sie blieb stehen. »Was ist los?«
»Ich will, dass du ein paar Dinge begreifst.« Bernd ging noch zwei Schritte, ehe er anhielt, ohne sich zu ihr
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