Das Feuer bringt den Tod: Thriller (German Edition)
einer Zeitungsausträgerin auf ihrer Runde durch Güstrin alarmiert worden war. Fünf Uhr siebzehn. »Und wo waren Sie zu diesem Zeitpunkt?«
»Joggen.«
Das brachte Möhrs etwas aus dem Konzept. »Sie sind um vier Uhr morgens raus zum Joggen?«
Ihr Blick, mit dem sie bislang sein Gesicht taxiert hatte wie eine Schlange eine Maus, glitt zwei Etagen tiefer zu seinem Wohlstandsbauch. »Sie sind kein Sportler, nehme ich an.«
»Kann sein«, gab er zu. »Aber Sie sind scheinbar eine echte Frühaufsteherin.«
»Nein. Ich habe in der Nacht gar nicht geschlafen.«
Er hob fragend die Augenbrauen.
»Das kommt leider häufiger vor. Schlaflosigkeit. Ich bin deswegen in Behandlung. Aber ich mag die Pillen nicht. Ich will schlafen, nicht heruntergefahren werden. Und manchmal hilft da joggen. Sogar frühmorgens, wenn sonst noch niemand auf den Beinen ist, der mich dabei sehen könnte, wie ich meine große Runde laufe.« Sie legte den Kopf schief. »Wollen Sie die Nummer von meinem Hausarzt?«
Er war zu perplex, um sofort zu reagieren. Warum sagte sie ihm ins Gesicht, dass sie kein Alibi hatte? Kurz nachdem sie angedeutet hatte, dass sie sehr wohl ein persönliches Motiv besaß, den Mord an Frieder Jakobs zu begehen. Welches Spiel trieb sie da mit ihm?
Die Polster des Sofas knarzten, als sie sich zurücklehnte und die Beine übereinanderschlug. »Machen wir uns doch nichts vor. Sie wollen eigentlich von mir wissen, ob ich Frieder Jakobs’ Haus angezündet habe, oder?«
Möhrs wurde schlagartig der Mund trocken. »Und? Haben Sie das?«
»Ich weiß genau, wie Sie zu Ihren Verdächtigungen kommen.« Saalfeld schüttelte den Kopf. »Es ist auch alles so hübsch simpel. Sie sehen, was jemand an Frieder Jakobs’ Gartenmauer geschmiert hat, und schon sind Sie felsenfest davon überzeugt, dass derselbe Jemand ihn umgebracht hat. Jemand, der sich völlig zu Recht gegen die Atomlobby wehrt. Und da wären wir dann bei mir. Es kann ja niemand anders gewesen sein. Und warum? Wegen dieser Anzeige, die er gegen mich erstattet hat. Als ob es dasselbe ist, wenn einem vor Wut und Empörung die Hand ausrutscht oder man kaltblütig einen Menschen tötet.« Sie seufzte. »Wissen Sie was? Sie sind nicht besser als dieses feine Fräulein Jakobs aus Hamburg, die meint, sie hätte auch nur den blassesten Schimmer, was – «
»Halt!« Möhrs richtete sich in seinem Sessel auf. »Was war das eben mit einem Fräulein Jakobs?«
»Seine Nichte.« Zum ersten Mal war da eine leise Spur von Verwunderung in ihrer Stimme, als nähme das Gespräch eine unerwartete Wendung. »Sie war hier. Vorhin erst. Sie war auch der Meinung, nur jemand wie ich könnte für den Tod ihres Onkels verantwortlich sein.« Sie kniff die Augen zusammen. »Sie kennen sie schon, oder?«
»Das tut nichts zur Sache«, sagte Möhrs. Verdammt, Erika Saalfeld war alles, aber nicht dumm. Doch es lag nicht an ihrer Schläue, dass er nun spürte, wie sein Puls schneller ging und er sich beherrschen musste, das alberne Selbsthilfebuch mit der regennassen Rose auf dem Cover von der Sessellehne zu fegen. Katja Jakobs hatte angefangen, ihm dazwischenzupfuschen. Er hasste es, wenn sich seine Befürchtungen bewahrheiteten. »Bleiben wir doch bitte beim Thema.«
»Ich dachte, genau das wäre das Thema«, erwiderte Saalfeld. »Die Verdächtigungen, denen ich mich von allen Seiten ausgesetzt sehe.«
Möhrs drückte beide Hände fest auf seine Oberschenkel, um die nutzlos in ihm aufwallende Verärgerung irgendwohin abzuführen. »Sie müssen doch zugeben, dass die Verdachtsmomente gegen Sie nicht völlig aus der Luft gegriffen sind. Sie haben es selbst gesagt. Restrisiko Tod. Das klingt leider ganz nach Ihren Ansichten. Entschuldigung, nach den Ansichten, die Sie mit ähnlich, nun ja, engagierten Bürgern teilen.«
»Sie sind wie ein Schaf, das den Kopf durch ein Loch im Zaun gesteckt hat und sich jetzt wundert, warum es ihn nicht mehr herausbekommt. Klar, Frieder Jakobs arbeitet in einem AKW, also müssen wir es gewesen sein.« Sie lächelte müde und winkte ab. »Hören Sie sich doch lieber mal bei seinen Kollegen um. Bei meinem Schwager zum Beispiel.«
Nun war die Reihe an Möhrs, verblüfft zu sein. » Ihr Schwager arbeitet im AKW?«
»Als Schichtleiter.« Sie nickte. »Und Frieder Jakobs war sein Stellvertreter.«
»Aha.« Möhrs legte die Stirn in Falten. Was war das nun schon wieder? Ein billiger Versuch von ihr, den Verdacht von sich abzulenken? »Und inwiefern macht das Ihren
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