Das Feuer bringt den Tod: Thriller (German Edition)
ungeduldig geklingelt hatte. »Ich habe mit dieser Sache nichts zu tun.«
»Es wird nicht lange dauern.«
Sie starrte ihm durch ihre dicken Brillengläser entgegen, mit dem gleichen vorwurfsvollen Ausdruck im Gesicht wie seine Mutter, als sie beim Aufräumen seines Kinderzimmers die in seiner Sammlung von »Batman« - Comics versteckten Schmuddelheftchen entdeckt hatte. »Fünf Minuten.« Dann drehte sie sich einfach um und ließ die Tür offen stehen.
Möhrs folgte ihr ins Haus hinein, vorbei an einer übervollen Garderobe, an der mehr als genug Windjacken hingen, um eine ganze Kompanie von Wutbürgerinnen auszustatten.Sie passierten den Durchgang zu einer Küche, in der sich in der Spüle und auf der Anrichte Tassen und Teller stapelten. Im Wohnzimmer mit Blick auf den verwilderten Garten setzte sie sich auf eine abgewetzte Kunstledercouch und bot ihm wortlos einen Platz auf einem Sessel an. Auf der Armlehne lag ein aufgeschlagenes Buch mit den bedruckten Seiten nach unten. Das Titelbild zeigte eine von Regentropfen benetzte Rose vor grauen Wolken, die gerade unter kräftigen Sonnenstrahlen auseinanderstoben. »Ich halte dich fest, wenn ich dich loslasse« stand darüber in schmalen schwarzen Lettern.
»Und?« Bis auf die Bewegungen ihrer Lippen blieb ihr Gesicht mit den eingefallenen Wangen reglos wie eine Totenmaske. »Was wollen Sie mich fragen, Herr Kommissar?«
Möhrs sah keinen anderen Weg, als mit der Tür ins Haus zu fallen. »Sie kannten Frieder Jakobs. Er hat sie wegen Körperverletzung angezeigt.«
»Dazu habe ich bei einem Ihrer Kollegen schon eine Aussage gemacht.«
»Im Februar war das, richtig? Nach einer Informationsveranstaltung in der Stadthalle über die Zukunft des Kraftwerks.«
Sie nickte.
»Warum haben Sie Herrn Jakobs damals angegriffen?«
»Steht alles in meiner Aussage.« Sie fing an, die Blumenerde von den schlaffen Fingern der Handschuhe zu streichen. Es erweckte nicht den Eindruck, als störte es sie, dass der ganze Dreck in ihren Schoß rieselte. »Das war ein Unfall.«
»Sie haben ihm Ihr Glas ins Gesicht geschlagen. Mit so viel Wucht, dass es zersplitterte und Sie beide tiefe Schnittwunden hatten, die genäht werden mussten. Sie in der Hand, er auf der Wange.« Er strich sich übers Kinn. »Das hört sich für mich nicht nach einem Unfall an.«
Sie zuckte mit den Schultern. »Ich hatte vergessen, dass ich es in der Hand hatte. Ich war sehr aufgebracht.«
Möhrs horchte auf. »Und warum waren Sie so wütend?«
»Wegen der Lügen in seiner Präsentation.« Sie verdrehte die Augen. »Das mit der Brückentechnologie. Der sicheren Energiegewinnung. Und der Überreaktion der Öffentlichkeit.«
»Ich verstehe.« Er hob die Hände. »Das heißt, um genau zu sein, verstehe ich es nicht ganz. Es konnte Ihnen doch egal sein, was er erzählte. Sie hatten doch gewonnen.«
»Gewonnen?«
»Sie und Ihre Bürgerbewegung. Das Kraftwerk wurde vom Netz genommen.« Er war nur ein Zugezogener aus Ratzeburg, aber er wohnte lange genug in Güstrin, um zu verstehen, wie die Schlachtlinien in Sachen Atomkraft vor Ort verliefen. Erika Saalfeld war die engagierte Sprecherin einer verhältnismäßig kleinen, aber lauten Gruppe, die erst nach dem Unglück in Fukushima etwas mehr Zulauf von den Einheimischen erfahren hatte. »Gegen die Wünsche der Mehrheit hier. Das wollten Sie doch, oder?«
»So einfach ist das nicht«, sagte sie matt. »Es gibt Siege, die sich hinterher wie Niederlagen anfühlen. Weil man auf dem Weg dorthin zu viel verloren hat.«
»Empfinden Ihre Unterstützer auch so oder sind Sie die Einzige?«
»Sicher nicht.«
Es war eine knappe Antwort, aber Möhrs war dennoch zufrieden. Er hatte große Schwierigkeiten, sich vorzustellen, wie Erika Saalfeld einen Mann von einem so kompakten Körperbau wie Frieder Jakobs allein überwältigte. Ob die Kraft in ihren dünnen Armen ausreichte, um jemandem mit einem Hammer die Handknochen zu zertrümmern? »Wo waren Sie in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch?«
Ihre Mundwinkel zuckten, als würde sie ein spöttisches Lächeln unterdrücken. »Größtenteils hier. In meinem Schlafzimmer.«
Möhrs hielt den Atem an. Würde es so einfach werden?Würde sie zum Schluss gar nichts leugnen, sondern ein volles Geständnis ablegen? In diesem beinahe gelangweilten Tonfall? »Größtenteils?«
»Zwischen vier und fünf Uhr morgens war ich nicht hier.«
Stumm glich Möhrs diese Angabe mit dem Zeitpunkt ab, zu dem die Freiwillige Feuerwehr von
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