Das Feuer bringt den Tod: Thriller (German Edition)
ich zu denen gehöre, die ihn als Letzte noch lebend gesehen haben«, erklärte Johnsen.
Diese Information war Möhrs neu, und so setzte er ein zweites Mal auf die Taktik, durch Schweigen weitere Aussagen zu provozieren. Es klappte.
»Beim Skat.« Johnsen sah auf die Elbe hinaus, die im Licht der Abendsonne in Flammen zu stehen schien. »Er hat ein verdammt gutes Blatt gespielt, das will ich Ihnen sagen. Wissen Sie, was komisch ist?«
»Was?«
»Dass man sich von seinen besten Freunden immer so verabschiedet, als wäre es irgendwie absolut sicher, dass man sie demnächst wohlbehalten wiedersieht.« Er zuckte schwach die Schultern. »Vielleicht macht man das, damit man nicht ständig darüber nachdenkt, was passiert, wenn man sie nicht wiedersieht.«
»Mag sein.« Möhrs biss in den sauren Apfel und gab sich eine potenzielle Blöße. Er hoffte, sie dadurch zu kaschieren, dass er absichtlich ein wenig schneller sprach. »Und wo haben Sie sich zum Skatspielen getroffen? Wer war da noch in der Runde?«
»Im ›Postillion‹. Wie jeden Dienstag. Mit den gleichen Jungs wie immer. Er, ich, Burmester, Lippert und …« Er klemmte sich die Bierflasche zwischen die Oberschenkel und schaute Möhrs an, den Mund halb geöffnet. »Mein Gott, Siehatten bis eben nicht die leiseste Ahnung, wo ich Dienstagabend war.«
»Nein, hatte ich nicht.« Möhrs faltete die Hände im Schoß. Schade, aber es konnte ja nicht immer alles genau so funktionieren, wie er es wollte. Dass Johnsen ihn durchschaut hatte, war definitiv eine der weniger herben Enttäuschungen seines bisherigen Lebens. »Ich hätte Sie aber bestimmt noch danach gefragt.«
»Aha. Das heißt …« Johnsen trommelte kurz mit den Fingern seiner rechten Hand auf die Lehne seines Gartenstuhls. »Ich zähle für Sie also tatsächlich zu den Verdächtigen.« Er schüttelte den Kopf. »Wie kommen Sie denn auf den Scheiß?«
Möhrs hatte nicht vor, eine Familientragödie auszulösen, und nippte statt einer Antwort an seiner Cola.
»Erika«, sagte Johnsen trocken.
Ein rasches Räuspern bewahrte Möhrs davor, sich zu verschlucken. Der Kerl war clever, das musste er ihm lassen.
»Ich habe recht, oder?«
Möhrs nickte. Die Katze war aus dem Sack und ließ sich nicht wieder hineinstopfen. »Sie hat die Beziehung zwischen Ihnen und Frieder Jakobs als gewissermaßen … nun ja … eheähnlich geschildert. Berufsbedingt natürlich.«
»Natürlich«, wiederholte Johnsen. »Und in so einer langen Ehe kommt es selbstverständlich hin und wieder zu Spannungen. Darauf wollen Sie doch hinaus.«
Möhrs seufzte. Leugnen war hier wohl zwecklos. »Die Erfahrung zeigt, dass – «
»Sie sind nicht verheiratet, oder?«, unterbrach ihn Johnsen. »Ich sehe zumindest keinen Ring an Ihrem Finger.«
Der Kerl war nicht nur clever, sondern besaß auch noch einen scharfen Blick für Details. Den musste man sicher haben, wenn man in der Warte eines Kraftwerks arbeitete und den ganzen Tag jede Menge Anzeigen im Auge zu behalten hatte. Dass Johnsen ihn nun ausgerechnet an seinem wundestenPunkt erwischte, zeigte Möhrs nur, wie gehässig der Zufall sein konnte. »Ich bin ledig.«
»Und damit bestimmt kein Experte, wenn es darum geht, wie man eine glückliche Ehe führt.« Johnsen grinste gehässig. »Aber machen Sie sich nichts draus, das bin ich auch nicht. Und ich will Ihnen noch was sagen: Wenn ich jemals ernsthaft mit dem Gedanken gespielt habe, einen anderen Menschen umzubringen, dann bei meiner Exfrau. Es war keine schöne Scheidung. Und bevor Sie sich jetzt unnötig Sorgen machen: Ihr geht es bestens. Sie wohnt jetzt in Lübeck, bei ihrer Freundin. Ich habe die Nummer, falls Sie sie anrufen möchten.«
»Das wird nicht nötig sein.«
»Das ist schon ein starkes Stück von Erika. Zu behaupten, ich hätte was mit dem Tod von Frieder zu tun …« Johnsen musterte Möhrs einen Moment schweigend. Dann sackten seine Schultern herab, als hätte er sich soeben eine schwere Last auf den Rücken geladen. »Was ich jetzt gleich machen werde, kostet mich viel Überwindung. Ich breche ein Gesetz. Ein ungeschriebenes zwar, aber es ist ein Gesetz, verstehen Sie?«
Möhrs verstand zwar nicht, aber er nickte trotzdem, um nicht Gefahr zu laufen, Johnsen von seinem Vorhaben abzubringen. Was immer er ihm auch erzählen wollte, hatte die Barschheit in Johnsens Stimme durch sanfte Wehmut ersetzt.
»Was auf einem Schiff auch immer passiert, bleibt auf dem Schiff«, sagte Johnsen. »Vielleicht ist das für
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