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Das Feuer bringt den Tod: Thriller (German Edition)

Das Feuer bringt den Tod: Thriller (German Edition)

Titel: Das Feuer bringt den Tod: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ole Kristiansen
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jemanden, der nie zur See gefahren ist, schwer nachzuvollziehen. Sie sind wochenlang mit denselben Leuten auf engstem Raum zusammen. Eingesperrt. Da fällt man sich zwangsläufig früher oder später mal auf die Nerven. Reibereien sind keine Seltenheit. Man muss sich zusammenraufen, weil man aufeinander angewiesen ist. Eine Mannschaft eben. Aber manchmal eskaliert eine Situation. Urplötzlich, ohne echte Vorwarnung. Ein unbedachtes Wort, und es fliegen die Fäuste. Oder manwird mit einem Messer bedroht. So ist es mir mal gegangen.« Er schob das Kinn vor, als müsste er sich überwinden, weiterzusprechen. »Es gab da diesen Typen an Bord, der ständig schwitzte und haarig wie ein Affe war. So richtig dichter Pelz an den Armen und auf dem Rücken. Wir saßen zusammen in der Messe. Und kennen Sie das, wenn einem bei jemand anderem etwas völlig unerwartet so sehr stört, dass man völlig angewidert davon ist?«
    »Klar.« Möhrs dachte an seine Mutter und ihr ständiges Nägelkauen. Und daran, wie er mit elf oder zwölf bei einem Weihnachtsessen komplett ausgetickt war, weil er das leise Geräusch von Zähnen, die auf Horn klickten, nicht mehr hatte ertragen können. Er hatte einen hohen Preis für seine Szene bezahlt: Sein Vater war losgegangen und hatte sämtliche He-Man-Figuren, die unter dem Christbaum gelegen hatten, in den Müll befördert. »Klar kenne ich das.«
    »Bei mir war es das Schwitzen von diesem Typen. Ich hätte eigentlich daran gewöhnt sein sollen. Aber an dem Tag …« Johnsen schüttelte den Kopf. »Ich habe nur zu ihm gesagt, er soll doch den Angorapulli ausziehen, wenn ihm zu heiß ist. Das hat gereicht. Er ist aufgesprungen, hat sein Messer genommen und gebrüllt: ›Ich stech dich ab!‹ Und er hätte es getan. Ich habe es in seinen Augen gesehen. Er hätte mich vor Zorn abgestochen wie ein Schwein.« Er führte zwei schnelle Stiche mit einer imaginären Klinge aus. »Und wissen Sie, was das Schlimmste ist? Ich hätte mich auf diese Messerstecherei eingelassen. Mir war alles egal. Ich wollte ihn nur noch fertigmachen. Und wenn ich selbst dabei draufgegangen wäre. Was ziemlich wahrscheinlich war. Der andere war zwei Köpfe größer als ich und gebaut wie ein Ochse. Aber wie gesagt, das war mir egal. Zu viel Anspannung, zu viel überschüssiges Testosteron. Ich bin nicht stolz darauf.« Er suchte Möhrs’ Blick. »Wissen Sie, was dann passiert ist? Warum ich überhaupt noch hier sitze?«
    »Nein.«
    »Frieder legt sein Besteck weg und nimmt den Kopf hoch, ganz langsam. Er schaut zu mir, schaut zu ihm und sagt in aller Seelenruhe, wie nur er so was sagen konnte: ›Wenn die Damen sich unbedingt die Augen auskratzen wollen, könnten Sie das dann bitte draußen erledigen? Ich bin beim Essen.‹« Johnsen lächelte und blinzelte zweimal, ehe er die Bierflasche ansetzte und auf einen Zug leerte. Er stellte sie auf dem Tisch ab. »Und das war’s. Ich und der andere Kerl hocken uns wieder hin und tun den ganzen Rest der Tour so, als wäre nichts gewesen. So sieht’s nämlich aus, Herr Kommissar: An dem Tag hat mir Frieder das Leben gerettet. Wissen Sie, wie ich mich jetzt fühle, wenn diese dumme Schnalle Ihnen gegenüber behauptet, ich hätte ihn umgebracht?«
    Möhrs sparte sich eine Antwort. Er trank seine Cola aus und beschloss, für heute Feierabend zu machen. Immerhin war Karfreitag.

27
    Der Mann, der eine Abkürzung durch das verlassene Industriegebiet zu seinem Wagen nahm, fühlte sich ausgelaugt, aber entspannt. Wie nach jedem seiner »Landgänge«. Er hatte vor langer Zeit damit aufgehört, sich zu fragen, warum er sie brauchte. Es gab Dinge, gegen die man sich nicht wehren konnte.
    Er sog die frische Nachtluft in seine Lungen. Niemand konnte ihm vorwerfen, dass er nicht diskret mit seinen Vorlieben umging. Dass er irgendjemanden damit kompromittiert hätte. Er war schließlich kein rücksichtsloses Schwein. Die Frauen, die er kaufte, wussten, worauf sie sich einließen. Und er war nicht der Einzige, der diese Dinge von ihnen verlangte. Nein, das war er ganz sicher nicht.
    Sein Auto parkte vor einem Gartencenter, wo er es vor drei Stunden abgestellt hatte. Er griff in seine Hosentasche, suchte nach dem Schlüssel. Im kalten Neonlicht fiel ihm auf, dass er dringend einmal durch die Waschanlage fahren musste. Die dicke Schicht Pollen, die sich auf der Motorhaube abgesetzt hatte, schadete sonst noch dem Lack, und –
    Ein Pfiff gellte über den Parkplatz. Scharf, schneidend.
    Der

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