Das Feuer bringt den Tod: Thriller (German Edition)
Weg, den er eingeschlagen hatte, war alles andere als ein leichter. Obwohl er wusste, dass er das Richtige tat, war ein Teil von ihm jedes Mal erleichtert, wenn es vorbei war. Wenn er das Zeichen an ihnen angebracht hatte, das jedem zeigte, dass er lediglich nach Recht und Gesetz gehandelt hatte. Seine Rache stand ihm zu, und er hatte lange auf sie gewartet. Dass er in jenen Augenblicken, in denen er sie endlich üben konnte, eine große Genugtuung empfand, war nur natürlich. Wer hätte ihm das ernsthaft vorwerfen wollen?
Außerdem tat er das alles nicht für sich. Er tat es für die zwei Menschen, denen so großes Leid angetan worden war, dass man es anders nie hätte sühnen können. Oder belog er sich damit nur selbst? Hoffte er nicht vielmehr darauf, die eigene Schuld, die er in einem Anfall blinder Wut auf sich geladen hatte, dadurch abzutragen, dass er sich zu einem willfährigen Werkzeug einer höheren Gerechtigkeit machte?
Vielleicht. Doch war es nicht so, wie er immer sagte? Dass das Feuer, das sie entzündeten, alles läuterte? Galt das dann nicht auch für ihn?
Er hätte es ihr nie eingestanden, doch je schneller diese Jagd vorüber war, desto rascher würde er auch seinen eigenen Frieden finden. Sie hatte ihn zur Vorsicht gemahnt. Sie müssten jetzt womöglich etwas Geduld zeigen, meinte sie. Nicht zu lange. Nicht Jahre, wie zuvor. Nur ein paar Wochen oder Monate. Sie irrte sich. Er durfte nicht riskieren,dass jemand die Wahrheit erfuhr und ihr Spiel durchschaute, bevor sie ihren Rachedurst endgültig gestillt hatten. Man war ihnen bereits auf der Spur, und wenn sie jetzt zögerten, war am Ende alles umsonst gewesen. Sie mussten ihre Beute zur Strecke bringen, ehe sie selbst zu den Gejagten wurden.
54
Möhrs war so gereizt, dass er vor Ärger kaum Luft bekam. Das war ein richtig dreistes Stück von Katja Jakobs. Nur Özens Anwesenheit rettete diese Frau davor, dass er sie an der Kapuze ihrer schwarzen Jacke packte, um sie eigenhändig aus dem Institut zu werfen. »Woher wissen Sie, dass ich hier bin?«
»Der Standort von rechtsmedizinischen Instituten ist kein Staatsgeheimnis.« Jakobs winkte grinsend mit ihrem Smartphone. »Schon mal was vom Internet gehört? Und es ist kein Verbrechen, Ihnen von Ihrer Dienststelle aus hinterherzufahren. Nur um ganz auf Nummer sicher zu gehen, dass wir das richtige Institut erwischen.«
Der ältere Mann im grauen Anzug hinter ihr, der sich sichtlich unwohl fühlte, hob vorsichtig die Hand. »Nur fürs Protokoll. Das war nicht meine Idee. Ich bin bloß der Chauffeur.«
Möhrs lernte eine überraschende Seite an Özen kennen, die er so noch nie beobachtet hatte. Offenbar besaß sie einen ausgeprägten Revierinstinkt, denn sie stemmte die Arme in die Seiten und stand Jakobs fast auf den Füßen, um sie anzupflaumen. »Wer sind Sie? Und wie kommen Sie hier rein?«
»Mein Name ist Katja Jakobs, und das ist Bernd Bauer, mein Chauffeur«, antwortete die Journalistin nonchalant.»Und hier reinzukommen war gar nicht so schwer. Ich habe oben gesagt, wir hätten hier ein Treffen mit Herrn Kommissar Möhrs vereinbart, weil ich wichtige Informationen für ihn hätte, und das muss ich so überzeugend vorgetragen haben, dass man mir das abgekauft hat. Ich glaube, das Sahnehäubchen war mein ›Machen Sie sich bitte meinetwegen keine Umstände, ich kenne mich hier aus‹. Schauen Sie nicht so böse. Sie arbeiten nicht in einem Hochsicherheitsgefängnis. Und außerdem haben Sie doch auch nichts zu verbergen.«
Die Art, wie Özen den Kopf reckte, und das Funkeln in ihren Augen verhießen nichts Gutes. Möhrs tat etwas, womit er noch vor wenigen Sekunden nicht gerechnet hätte: Er schob sich zwischen die beiden Frauen, um eine Eskalation zu verhindern. »Ich habe die Schnauze voll.« Er zückte sein Handy und sah Jakobs ernst an. »Vielleicht lernen Sie endlich Manieren, wenn ich Sie von ein paar Kollegen in Uniform hier rausbefördern lasse.«
Bauer schluckte schwer und lockerte seinen Krawattenknoten. »Ist das wirklich nötig?«
»Tun Sie das bitte nicht.« Jakobs legte ihre Hand auf Möhrs’ Arm. Die Geste hatte dabei nichts Forderndes. Möhrs hatte eher den Eindruck, als wäre sie aus einer plötzlichen Verzweiflung geboren. »Ich bin hier, um Ihnen einen Waffenstillstand anzubieten.«
»Einen Waffenstillstand?«
»Ja.« Sie fummelte nervös an ihrem Smartphone und wich vor Möhrs zurück, bis sie mit dem Hintern gegen den Schreibtisch stieß. »Ich habe mir gedacht,
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